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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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kürzte er vom ersten Tag an meinen Namen niemals ab oder nannte mich anders als Natalie.
    Wenn River mit jemandem sprach, hielt er den Blick seines Gesprächspartners mit sanfter Eindringlichkeit fest. Niemals blinzelte er gelangweilt oder ließ den Blick schweifen, um mitzubekommen, was sich ringsum gerade tat. Wenn er mich ansah, war es so leicht für mich zu glauben, ich sei das Wichtigste auf der Welt. So leicht, in diesen Augen das Beste von mir selbst gespiegelt zu sehen. Spätestens im August war ich bis über beide Ohren in River vernarrt. Ich bin mir sicher, dass es allen so ergangen ist. Allen, bis auf Dad.
    Er war nicht gerade grob, aber deutlich zurückhaltend. Mom behandelte River selbstverständlich mit derselben Gastfreundschaft, die sie jedem entgegenbrachte, der vor unserer Tür auftauchte. Vielleicht auch mit mehr. Lachte sie wirklich häufiger, wenn er in der Nähe war? Wirkte sie tatsächlich jünger, hübscher? Wenn sogar ich schon glaubte, dass es der Fall war, dann musste mein Vater es bestimmt bemerkt haben. War es möglich, dass er eifersüchtig war? Ich jedenfalls war es.
    Nach der Einführung am ersten Tag war offenkundig, dass Morgan und Carl, Dad zufolge, »ganz hin und weg« waren. Ihre während der folgenden Monate zunehmende Haarlänge trug nicht gerade dazu bei, River unserem Vater sympathischer zu machen.
    »Bei euch beiden scheinen die Ohren auch immer weiter nach unten zu rutschen«, sagte er eines Morgens beim Frühstück zu ihnen. »Ihr seht allmählich aus wie diese durchgeknallten Beatniks.«
    »Das heißt Hippies, Dad«, lachte Carl. »Hippies.«
    In jenem Sommer begannen Morgan und Carl und ihr Gefolge, statt im Wintergarten ihre Fünfundvierziger-Schallplatten abzuspielen oder nach dem Abendmelken die Straßen der Stadt unsicher zu machen, ihre Abende in dem Zimmer über der Molkerei zu verbringen. Mein Vater schüttelte den Kopf, als er die beiden zum ersten Mal in Batikhemden die Treppen herunterkommen sah.
    Von meinen eigenen Gefühlen verwirrt, hielt ich auf Abstand und sah nur zu. Vorerst jedenfalls.
    Eines Nachmittags, ein paar Wochen nach Rivers Ankunft, kletterte ich aus meinem Schlafzimmerfenster und ließ mich auf dem Dach über der Veranda nieder. Morgan und Carl waren mit ihren Freunden zum Reiten gegangen. Mom und Boyer waren in der Stadt.
    Ich setzte mich in den Schatten, um zu lesen.
    Ein paar Minuten später hörte ich, wie ein Schraubenschlüssel scheppernd auf Beton fiel und mein Vater stöhnte. »Schon wieder scheint die Sonne verkehrt herum!« Dads Stimme gellte aus dem Geräteschuppen heraus. Dieser Spruch meines Vaters war, soweit mir bekannt, das, was bei ihm einem Fluchen am nächsten kam.
    »Der Traktor setzt sich wohl zur Wehr«, rief River ihm vom Hof aus zu.
    Ich blickte nach unten, verblüfft, ihn hier zu sehen. Genau wie ich früher immer wusste, wo sich Bonbons oder andere Süßigkeiten im Haus befanden, so wusste ich in diesen Tagen gewöhnlich über Rivers Aufenthalt Bescheid. Ich wunderte mich, dass ich seine Anwesenheit nicht gespürt hatte.
    Überrascht lachte ich auf. »Hast du mitbekommen, was Dad so unter einem Fluch versteht?«
    »Schon ein paar Mal.« River blieb beim Tor stehen und lächelte zu mir herauf. Es war unmöglich, nicht zurückzulächeln.
    »Was liest du da?«, fragte er.
    Ich hielt das Buch hoch und drehte es zu ihm um. » Einer flog über das Kuckucksnest von Ken Kesey.«
    »Es sieht so aus, als würdest du deine Nase ständig in ein Buch stecken«, sagte er. »Du musst oft in die Bücherei gehen.«
    »Und ob! In Boyers Bücherei nämlich«, lachte ich.
    »Boyers Bücherei?«
    »Komm herauf, ich zeig sie dir«, erbot ich mich.
    »Soll ich aufs Dach klettern, um meine Ergebenheit zu bekunden?«, fragte er mit gespieltem Ernst in der Stimme.
    »Die Treppe tut’s auch«, sagte ich errötend.
    Wir trafen uns im oberen Flur, und ich führte ihn hinauf zu dem Zimmer im Dachboden, außer mir vor Freude, dass ich mit ihm allein war. River blieb in der Tür stehen und stieß einen Pfiff aus. »Mein lieber Mann! Jetzt versteh ich, was du meinst.«
    Bücher füllten jede freie Wandfläche und jeden verfügbaren Platz in Boyers Zimmer. Sogar unterm Bett und auf der Fensterbank stapelten sie sich inzwischen.
    »Glaubst du, es macht ihm was aus, wenn ich sie mir ansehe?«, fragte River mit einem ehrfürchtigen Unterton in der Stimme.
    »Es macht ihm überhaupt nichts aus«, antwortete Boyers Stimme von der Treppe hinter uns.
    Als

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