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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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wahrscheinlich war das doch nicht so außergewöhnlich, denn die Hauptattraktion weilte ja im dreihundert Kilometer entfernten Kelowna.
    Nach dem Abendessen arbeitete ich mit Mom in der Molkerei, und River sprang für Morgan und Carl ein.
    Niedergeschlagenheit und Trauer standen River noch in den Augen. Aber er unternahm Versuche, Witze zu reißen, während er die Milch aus dem Stall holte. »Ach, jetzt kenne ich dein Geheimnis, Nettie«, sagte er, als er mit der ersten Ladung in die Molkerei kam und Mom dabei ertappte, wie sie ihre Hände mit einer gelben Creme einschmierte. »Kannst mir mit dieser zarten Babyhaut nichts vormachen.« Er leerte einen Milchbehälter aus rostfreiem Stahl in die Zentrifuge.
    Mom bemühte sich, unschuldig dreinzublicken, während sie sich Gummihandschuhe über die eingefetteten Hände zog. Sie konnte nicht leugnen, dass sie sich dieselbe Salbe, mit der Dad die Euter der Kühe geschmeidig machte, täglich auf Gesicht und Hände auftrug. Mir hatte sie schon als Kind beigebracht, Euterbalsam zu verwenden. Ich benutze ihn noch heute, und ob es daran liegt oder an guten Genen, meine Haut ist jedenfalls ein Erbe, für das ich meiner Mutter dankbar bin.
    River war in diesem Juni schon fast zwei Jahre bei uns. Seine Hänseleien waren harmlos und unbekümmert wie die von Morgan und Carl. Er gehörte zur Familie. Viel mehr, als Jake je dazugehört hatte.
    Es gibt Leute, die später behaupteten, hinter der Sympathie zwischen Nettie Ward und River Jordan habe mehr gesteckt, als es den Anschein hatte. Selbst ich wurde einen Augenblick von Zweifeln gepackt, als ich sah, wie sich ihre Wangen röteten, während er ihr noch zurief: »›Milchmädchens Segen‹, so nennt meine Momma die Salbe.«
    Aber diesen Gedanken ließ ich ebenso rasch wieder davonflattern, wie er mir zugeflogen war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass meine Mutter und River mehr verband als die Zuneigung eines jungen Mannes, der seine eigene Mutter vermisst. Außerdem verliebten sich alle unsere Freunde in Mom. Warum sollte es bei River anders sein?
    Ohne meine Brüder dauerte das Melken an diesem Abend viel länger. Nachdem Mom und ich die Molkerei mit dem Schlauch ausgespritzt hatten, bummelten wir über den Hof zurück. Auf den umliegenden Hängen verloschen die letzten Strahlen einer gleißenden Sonne, die unser kleines Tal an diesem Tag in einen Glutofen verwandelt hatte. Am Himmel warnte fernes Grummeln vor dem gewitterträchtigen Wolkenkranz, der nicht mehr weit entfernt sein konnte.
    Mom schnupperte ein wenig in der Luft. »Wir könnten einen ordentlichen Regen gebrauchen«, sagte sie. Aber kein Windhauch rührte sich. Es sah aus, als würde das heraufziehende Gewitter unser Tal aussparen.
    Nachdem sich Mom und Dad nacheinander gewaschen hatten, ließ ich im Badezimmer Wasser in die Wanne mit den Klauenfüßen laufen. Während ich im Wasser lag, hörte ich, wie sie sich auf den Weg zu ihrem monatlichen Bridgespiel mit Father Mac und Dr. Mumford machten.
    »Vergiss nicht, den Rest der Wäsche hereinzubringen, mein Schatz«, rief Mom noch, bevor die Fliegengittertür zufiel.
    Ich beendete mein Bad und schlüpfte in mein Baumwollnachthemd. Während sich der Himmel verdunkelte, saß ich am Küchentisch und büffelte für meine Abschlussprüfungen der elften Klasse.
    Das Haus fühlte sich seltsam leer an. Geräusche, die mir vorher nicht aufgefallen waren – das Ticken der Küchenuhr über dem Herd, nicht im Gleichtakt mit der Kaminuhr im Esszimmer, das Summen des Kühlschranks, Nachtfalter, die gegen die schwärzer werdenden Fensterscheiben stießen –, kamen mir jetzt geradezu störend vor.
    Der feine Duft der Wicken schwebte durch das Fliegengitter herein. Die zarten Blüten am Spalier vor dem Küchenfenster tanzten in der Brise. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Meine Gedanken waren nicht bei den Büchern auf dem Tisch – sie waren in dem Zimmer über der Molkerei.
    Als die Schiebefenster zu klirren anfingen, fiel mir plötzlich die Wäsche ein.
    Draußen knatterten die Kleider im stärker werdenden Wind. Ich trat hinaus auf den Trockenplatz und begann, Hemden, Socken, Hosen und Unterwäsche und die hölzernen Wäscheklammern von der Leine zu ziehen.
    Dann blickte ich auf und sah im Fenster über der Molkerei ihn. River.
    Er stand da, von hinten beleuchtet von dem weichen Licht in seinem Zimmer. Er hob die Hand und winkte. Aber ich sah, was ich sehen wollte. Nicht einmal in der Erinnerung sehe ich die

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