Mimikry
gegen den Schrank prallte.
»Was ist?« Stocker blieb an der Tür stehen.
»Nichts ist. Ich wäre nicht so pingelig mit dem Meurer. Der macht uns den toten Mann, und Sie lassen ihn untersuchen. Ich sag Ihnen was, wenn der Kissel uns den nicht abnimmt, weiß ich nicht, wie wir das alles schaffen sollen.«
Er warf die Tür zu. »Gewürgt werden beim Sex, wo haben Sie das denn her?«
»Doch, das hat er soweit begriffen.« Sie sammelte die Leichenfotos wieder ein. »Sie können kurz vorm Erstickungstod einen Superorgasmus haben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Das lernen Sie bei der Sitte. SM-Spielchen. Sollte man allerdings nicht testen, könnte dann doch der letzte sein.«
»So, naja.« Er räusperte sich. »Ehm, die Bischof ist auch gewürgt worden, unter anderem, also ganz normal.«
» Normal? «
»Übrigens, das haben Sie schon mal geschickter gemacht, Sie hatten einen ziemlichen Abfall bei dem Meurer, haben Sie das gemerkt?«
»JA, DANN SAGEN SIE DOCH SELBER WAS.« Sie knallte ihren Teebecher auf den Tisch, alles schwappte über. »Hocken da wie das Lieschen vom Land.« Mit einem Tempo wischte sie die Teepfütze wieder weg.
»Was ist damit?« Stocker nahm die Kassette, die sie ihm auf den Tisch gelegt hatte.
»Das Band aus Bischofs Anrufbeantworter. Hat niemand angerufen. Ist auch nicht gelöscht worden, ist einfach leer.«
»Na ja.« Er schlug einen Schnellhefter auf und fuhr mit dem Finger über eine Seite. »Bischof, Julia. Todeszeitpunkt, na ja. Es könnte der fünfte gewesen sein, sagt Fuchs, aber auch der sechste. Es könnte sogar der vierte gewesen sein, phantastische Ausgangsposition. Kein Sexualdelikt, na, das war schon klar.«
»Wieso war das klar? Weil sie bekleidet war? Haben die wenigstens die Klamotten untersucht? «
»Schreien Sie nicht.« Er blätterte. »Laut Fuchs keine Anzeichen für GV. Strangulieren war nicht die Todesursache, da war sie allenfalls bewußtlos. Der Rest, das waren Schläge. Noch nicht mal besonders heftige Schläge, aber eben zahlreich. Stumpfer Gegenstand auf Schädel und Gesicht. Baseballschläger vielleicht. Als Zugabe dann noch das Messer. War ein einfaches Küchenmesser, Sie haben es ja gesehen, wahrscheinlich aus Bischofs Bestand. Pulsadern, Halsschlagader. Wollte sich einer interessant machen.«
»Glaub ich nicht.« Ina Henkel sah auf das, was sie während der Meurer-Vernehmung gekritzelt hatte: fünf Kreuze und zwei Strichmännchen ohne Gesicht.
»So?« Stocker lehnte sich zurück.
Sie riß die Seite heraus. »Also, der hat keine Schußwaffe. Und Schußwaffe ist nun mal die einfachste Art – also probiert er alles, was ihm so einfällt, Kehle zusammendrücken, schlagen, aufritzen, das Messer. Ich meine, der war so stümperhaft wie methodisch, der wollte auf Nummer Sicher gehen. Wollte vielleicht sogar Suizid vortäuschen, läßt das Messer neben ihr liegen, was weiß ich.«
»Weiter?« Stocker stand auf und stellte einen Fuß auf die Stuhlkante.
»Es dauert halt, nicht?« Sie sah aus dem Fenster. »Ich meine, wenn man es versucht – ich hab mal auf dem Land gesehen, wie sie ein Huhn erschlagen haben, paar Jungs, es wollte nicht. Hat immer noch gezuckt. Die haben auf den Kopf geschlagen, hinten drauf, laufend geschlagen und das zuckt und zuckt. Und lebt. Dann haben sie ein Messer genommen.«
»Ein Huhn.«
»Ja, was ich meine, ist, der wollte es durchziehen. Mit allen Mitteln.«
»Tja.« Stocker hob die Schultern. »Beziehungstat? Soll doch ein stilles Mädel gewesen sein.«
Ina Henkel nahm ihm den Hefter aus der Hand und hielt ihn ein Stück von sich weg wie jemand, der ein Glas abtrocknet und prüft, ob es sauber ist. Stocker sagte: »Lesen Sie mal. Kaum Spuren in der Wohnung, gar nichts im Schlafzimmer. Bettwäsche haben sie sich auch angeguckt. Wenn sie nun einen festen Freund hatte, wovon sie ja in diesem Tagebuch schreibt, dann ist der nur mit Kondom zugange gewesen und hat zudem –«
»Kurzschluß.« Sie sah hoch. »Wenn mir einer – ich meine, wenn jemand das Bettuch einsaut, wechselt man das und dann gibt’s halt keine Spuren.« Sie räusperte sich und sah wieder auf den Hefter.
»Tja«, sagte Stocker nach einer Pause. »Tragen die bei Ihnen auch Handschuhe?«
Sie sah ihn an.
»Die Typen. Die Kerle, die –«
»Ich hab Sie verstanden, was soll das? Und hören Sie auf, in der Mehrzahl zu sprechen.«
»Sagen Sie besser im Plural. «Er lächelte. »Auch nur unspezifische Fingerspuren bei der Bischof. Weder im Schlafzimmer noch im Bad.
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