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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Nur ihre eigenen. Tausend Katzenhaare. Sie müssen das auch lesen, was Sie in der Hand halten.«
    Sie warf den Hefter auf einen Stuhl und nahm den Block, Julia Bischofs Block, 80 Blatt, holzfrei, als Mitschreibebuch und Ringbuch-Einlage verwendbar. Oder als Tagebuch. Sie hatte nie etwas durchgestrichen. Schönschrift, die Buchstaben leicht nach rechts geneigt, » Gabriel und ich sind uns im November begegnet. Draußen war Nebel, es war ein feuchtkalter Tag. «
    »Glauben Sie dem Mosbach?« Mit den Fingerspitzen trommelte sie auf die Seiten.
    »Tja.« Stocker nahm einen Bleistift, rollte ihn zwischen den Handflächen hin und her. »Er wollte sich zumindest erinnern, daß sie in seiner Talkshow war.«
    »Gut«, sagte sie. »Jetzt behauptet auch diese Benz, die Bischof hätte ihn kaum gekannt. Aber die kann sich ja auch irren, die muß ja nicht alles von ihr wissen.«
    Stocker schüttelte den Kopf. »Warum sollte die Bischof es der Frau Benz nicht erzählt haben, wenn sie eine Beziehung mit ihm hätte?« Er drückte eine Hand auf die Brust. »Es ist doch so bei Frauen: wenn das Herz voll ist, läuft der Mund über, stimmt’s?«
    »Nein.« Ina Henkel starrte auf den Block. »So was ist doch – ich meine, die schreibt seitenlang, wie toll der Typ zu ihr ist, so was mache ich doch nicht, wenn ich gar nix mit dem habe.«
    »Ja, Sie nicht.« Stocker lachte. »Manche müssen träumen, wenn sie keinen kriegen.«
    »Er hat sein Zeug ausgeräumt.«
    »Und dann? Hat alle Spuren beseitigt außer ihren? Soll er mir mal vormachen.«
    »Er hat Schluß gemacht, und sie hat ein Großreinemachen veranstaltet. Kommt vor.«
    Er lachte. »Wissen Sie das aus Erfahrung?«
    »Weiß ich, ja.«
    »Den Mosbach haben Sie sich eh nicht zum Freund gemacht.« Er schüttelte den Kopf. »Das mußte nicht unbedingt sein. War unklug.«
    »Was denn?«
    »Die Sache da mit seiner Sekretärin, der Benz. Unklug, sich da einzumischen.«
    »Ja, kann sein.«, sagte sie. »Okay, die ist ein Trampel, aber der muß doch nicht so rumpöbeln, bloß weil die was verschüttet. Wenn das mein Chef wäre – na, egal.« Sie seufzte. »Haben Sie die Schuhe von der gesehen?«
    »Von der Frau Benz?« Er kniff die Augen zusammen. »Allerdings.«
    »Damit geht man höchstens in die Berge.«
    »Sie sollten vorsichtig sein«, sagte Stocker. »Das sind orthopädische Schuhe.«
    »Na gut, aber die kann man doch schicker machen.«
    »Meine Gute, das geht wohl nicht. Daß Sie sich in ihrem filigranen Schuhwerk nicht die Knöchel brechen, verblüfft mich täglich.«
    »Ich bin damit beweglicher als in diesen trampeligen Turnschuhen. Kann sogar sprinten damit.«
    »Tja«, sagte er. »Die Frau Benz kann es halt nicht.«
    »So hab ich das nicht gemeint.«
    Er sah sie an. »Dann passen Sie halt mal auf, was Sie sagen, Sie haben vieles nicht gemeint.«
    Sie griff wieder nach dem Block. » Gabriel kam auf mich zu und lächelte mich an « . Sie schüttelte den Kopf, schob einen Fingernagel in den Mund. Ihr Chef mußte sie zweimal ansprechen, bis sie ihn hörte. Sie sah hoch, sagte: »Tag.«
    »Frau Kollegin, wir haben uns heute schon begrüßt. In Ihrem Alter hatte ich ein besseres Gedächtnis.« Erster Kriminalhauptkommissar Pagelsdorf, Leiter der Mordkommission, hielt einen Ordner in der Hand. Er hatte einmal gesagt, Kollegin Henkel mache sehr schöne Befragungen und sehr scheußliche Berichte. Sie hatte erwidert, daß sie in der Schule schon keine Aufsätze schreiben konnte, und er hatte gesagt, das glaube er gern.
    Er schlug den Ordner auf. »Hier. Frau Henkel, sehen Sie mal, da ist schon wieder so etwas. Sie schreiben: Berner will sich angeblich zu Hause aufgehalten haben. Merken Sie was?«
    Sie sah eine Weile auf das Blatt. »Eigentlich nicht.«
    »Schauen Sie, das ist sozusagen doppelt gemoppelt. Ein weißer Schimmel. Ein alter Opa, nicht?« Er erwärmte sich für die Vergleiche. »Schwarze Kohle. Nasses Wasser. Wenn Sie nur schreiben: Will sich zu Hause aufgehalten haben, steckt das angeblich da nämlich schon mit drin. Verstehen Sie? Andererseits hätten Sie schreiben können: Hat sich angeblich zu Hause aufgehalten. Beides zusammen können Sie nicht schreiben.«
    »Gut.«
    »Ja, merken Sie sich das bitte.« Der EKHK zögerte. »Sie haben auch eine unzulässige Wertung drin. Hier, bei diesem Fahndungsersuchen. Sie schreiben da« – sein Gesicht verzog sich, es war ein freundliches Gesicht – » Südländischer Typ. Das, ehm, wollten wir so nicht mehr sagen. Da schreiben Sie am

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