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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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besten: Dunkelhaarig. «
    »Entschuldigen Sie, damit können die Kollegen nichts anfangen. Dunkelhaarig! Dann können wir uns ja gleich selber suchen.«
    »Schauen Sie, das wird dann schnell als – Sie verstehen mich – nicht direkt rassistisch, aber so ähnlich ausgelegt. Sie wissen doch, wie es ist. Sie würden einen blonden Menschen auch nicht als nordischen Typ beschreiben.« Er lächelte sie an. »Nicht wahr?«
    Sie sah an ihm vorbei.
    »Oder gar als arischen Typ. Nein, nein, das ändern Sie bitte. Ehm, das stand aber auch bereits in einem Umlauf. Lesen Sie denn die Umläufe nicht?«
    »Doch, schon.«
    Pagelsdorf nickte. »Sagen wir mal: Sie zeichnen sie ab.«
    »Wissen Sie was, ich hab einen Horror vor diesen Umläufen, seit die Sitte nicht mehr Sitte heißen darf, sondern Dings –«
    »Verfolgung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung.« Pagelsdorf legte den Kopf schief. »Da können Sie ja froh sein, daß Sie da nicht mehr sind. Wie auch immer, es handelt sich nur um diese kleinen Korrekturen. Den Rest, na ja, den können Sie so lassen.«
    Sie sah ihm nach. Er knallte nie die Türen wie sie selbst, er schloß sie behutsam.
    »Arsch.«
    »Es stimmt aber«, sagte Stocker. »Sie wollen doch Hauptkommissarin werden, da müssen Sie noch viel mehr schreiben. Wie haben Sie das denn bei der Sitte hingekriegt?«
    »Meine Berichte bei der Sitte waren vollkommen in Ordnung. Die haben da nicht so ein Geschiß gemacht. Nasses Wasser, schwarze Kohle, ich faß es nicht.«
    »Doch, es gibt ein paar grundlegende Regeln –«
    »Lassen Sie mich in Ruhe.« Sie nahm ihren Walkman, setzte die Kopfhörer auf, Gitarren, Schlagzeug, Baß. » Er brüllt nur, wenn wir deutsche Schlager spielen, wenn Gabriel mitsingt, so laut es eben geht. «
    Sie nahm die Kopfhörer wieder ab. »Sie haben doch auch mit Nachbarn gesprochen.«
    »Bischof?« Stocker sah mißbilligend auf den Walkman, klopfte einen anderen Takt auf den Tisch. »Das habe ich schon aufgeschrieben. Da liegt auch die Befragung von der Mutter, die hat sich nicht weiter aufgeregt. Hat sich sogar noch beschwert, die eigene Tochter habe keinen Kontakt mehr gewollt. Soll eine Urnenbeisetzung kriegen.«
    »Hat da irgend jemand was von lauter Musik gesagt? Von den Nachbarn? Daß laute Musik aus der Wohnung kam? Nachbarn sind tückische Biester, die merken sich so was doch, meine Nachbarin beschwert sich dauernd bei mir. Hier schreibt sie, einer aus dem zweiten Stock hätte sich –«
    » Niemand hat was gehört, die ist nie aufgefallen.« Stocker schüttelte den Kopf. »Solide und ruhig. Wer weiß, was die sich zusammenphantasiert hat. Wunschträume vielleicht, hat sie aufgeschrieben. Hat vielleicht einen Roman geschrieben, war gar kein Tagebuch. War ein stilles Mädel, nehmen Sie sich mal ein Beispiel.« Er deutete auf den Kopfhörer, aus dem verzerrt Gitarren krächzten. »Waren Sie nicht mit einem liiert, mit dem Sie in die Oper gegangen sind? Dieser Soziologiestudent? Dieser Blonde? Dieser nordische Typ?«
    »Ich weiß, wen Sie meinen.«
    »Tja«, sagte er. »Ist der nicht mehr aktuell?«
    »Der hat aber Informatik studiert. Hört wahrscheinlich nie damit auf, jetzt macht er dieses – na, Sie wissen schon, das Zeug für den Doktor.«
    »Der sah aus wie ein Soziologiestudent«, sagte Stocker. »Sie meinen Promotion.«
    »Nein, das meine ich nicht, ich weiß, was Promotion ist. Da gibt’s noch so was Mündliches, so was Bescheuertes –«
    »Rigorosum.«
    »Eben.«
    »Mark hieß er, nicht?«
    »Der heißt noch immer so.«
    Er lächelte. »Das mit der Oper war eine gute Idee.«
    »Nein, wegen der Oper ist der ausgezogen. Und wegen diesem und jenem. Und weil ich ihn nicht mehr durchfüttern wollte. Loser, mit Dreißig noch Student.«
    »Wegen der Oper ausgezogen?«
    »Ich wollte nicht mehr hin. Ich fand das zu bescheuert.« Sie stellte das Band ab. »Ich kriege da Zustände, das ist doch total – also, die leiden da alle fürchterlich und singen die ganze Zeit.«
    »Das ist durchaus üblich in der Oper. Da wird gesungen.«
    »Ich meine – nehmen Sie mal diese eine, da stürzt die Frau sich von der Brücke –«
    »Tosca.«
    »Meinetwegen. Also, alles ist schiefgegangen, das ganze Leben im Arsch, die Liebe sowieso, und die stürzt sich von der Brücke und singt. «
    Stocker schloß die Augen. »Na, wenn Sie keinen Gesang wollen, müssen Sie ins Theater. In der Oper wird gesungen.«
    »Außerdem geht mir die Musik auf die Nerven, diese entsetzlichen Chöre.«
    »Das

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