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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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war, dann drehte er sich um. »Ina, ich hab dich zehnmal angerufen, du hast nie Zeit.«
    »Zweimal.« Sie stützte die Beine auf das Fußteil und verschränkte die Arme hinterm Kopf. »Es ging nicht eher. Wann wechseln die eigentlich die Bettwäsche?«
    »Nie.« Er schloß ab. »Das Zimmer wird ja gar nicht benutzt. Das heißt, es wird schon benutzt.« Er lachte, pochte gegen die Tür, daß der Schlüssel klirrte.
    »Ich hab jetzt einen Kater.« Sie legte ein Bein über das andere.
    »Eine Katze?«
    Sie kicherte. »Das versteht man darunter, ja.«
    »Du könntest auch zuviel getrunken haben.«
    »Tu ich nie.«
    »Das ist wahr. Wie heißt er?«
    »Jerry. Tom und Jerry. Der ist mir genauso zugelaufen wie du.«
    »Ja«, sagte er. »Ich bring ihm was mit. Es gibt hübsche Sachen für Katzen.« Als er seine Hosentasche durchsuchte, fielen ein Taschentuch, zwei Büroklammern und ein Zehnmarkschein heraus. Das Taschentuch war sauber. Seine Mutter hatte ihm jahrelang saubere Taschentücher in die Hosentaschen gesteckt, weil das die zweite Hauptsache war: ein sauberes Taschentuch. Die erste Hauptsache im Leben bestand aus sauberer Unterwäsche, damit es nicht peinlich wurde, wenn man draußen zusammenbrach und dann im Krankenhaus vor wildfremden Leuten lag. Manchmal konnte sie ihm stundenlang zuhören und alles kommentieren, was er erzählte, diese Geschichten über Taschentücher und saubere Unterwäsche und die Geschicke des Lebens. Manchmal war alles zum Brüllen, man brauchte nur Zeit.
    Er sagte: »Weißt du was, ich suche – mmh.«
    Sie gähnte. »Ich hab nicht ewig Zeit.«
    »Wieso, ist was los?«
    »Ich hab Bereitschaft.«
    »Ja, aber dann mußt du doch nur weg, wenn was passiert ist, oder?«
    »Tommy, frag nicht dauernd, ich mag das nicht.«
    Er hustete. »Sag mal, hast du, ich meine, Gummis?«
    » Ich? «Sie nahm die Beine herunter.
    »Mmh.« Er durchwühlte die zweite Hosentasche.
    »Ja, ich spinne wohl. Hast du auch immer einen Tampon dabei, falls ich mal dringend einen brauche?«
    Er kicherte. »Hier auf dem Klo haben sie letztens den Automaten aufgebrochen, der Direktor war ganz aufgeregt, wahrscheinlich wollte der selber ran.«
    »Hör auf zu suchen, kannst ja eh nicht damit umgehen. Du vergißt die mit Absicht, weiß ich doch.«
    »Na ja –« Er bückte sich, entfernte einen Fussel von der Hose.
    »Was ist?« Sie lachte. »Zier dich doch nicht immer so. Üb mal irgendwann mit Bananen, mußt sie aber erst schälen.«
    Er prustete und zog seine Hose aus, dann setzte er sich auf die Bettkante.
    Sie streichelte sein Haar, legte die andere Hand in seinen Nacken. »Ich mein das schon ernst mit den Bananen. Aber vergiß es, ich kann die Dinger eh nicht ausstehen.«
    »Die sind aber gesund.«
    »Nein, ich meine jetzt nicht die Bananen, weißt du? Bloß die Schalen.«
    Er kniff die Augen zusammen. »Meine Mutter kriegt Blähungen davon.«
    Sie brüllte los, und er legte den Kopf schief, lächelte und küßte sie. Es war komisch, gleichzeitig zu küssen und zu kichern.
    Er machte sich los. »Letztens hab ich so ’n Film im Fernsehen gesehen, da kam einer in den Knast, und die haben seine Klamotten durchgecheckt – Vorsicht, einer ist locker.« Er sah zu, wie sie sein Hemd aufknöpfte, dann machte er selber weiter, warf das Hemd auf den Boden. »Bei mir damals haben sie nix durchgecheckt.«
    »Doch, die haben, das hast du nur nicht mitgekriegt.« Mit einem Finger rieb sie seine Brust, dann nahm sie die ganze Hand.
    »Meinst du? Na ja, und dann checkt der Aufnahmebulle also die Klamotten von dem, ich darf doch Bulle sagen, hält einen Gummi hoch und sagt – hey, das ist schön. «
    »Sagt er.« Sie schob die Hand in seine Shorts.
    »Da, der BH. Schön weich. Du hast immer so schöne Sachen an. Letztens kam hier – huch, was machst du? – kam ’ne Tussi an, die hat überhaupt keinen getragen, konnte man sehen. Ich kann das nicht leiden. Ziehst du so schöne Untersachen für mich an?«
    »Vielleicht.« Sie küßte ihn auf die Stirn, dann auf die Nase, dann auf den Mund. »Erst mal für mich. Ich werd verrückt in diesem Wühltischzeug.«
    »Frottee?«
    »Genau. Krieg ich Gänsehaut.«
    »Im Winter ist es aber wärmer«, sagte er.
    »Ja?« Sie blies ihn ins Ohr, und er kicherte und befühlte jedes Teil, das sie noch trug. Er fuhr mit der Hand darüber, dann darunter, drückte die Lippen auf ihren Bauch und die Zeit fing an, ein bißchen langsamer zu gehen.
    Nach einer Weile hob er den Kopf. »Also, wie ich sage, der

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