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Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)

Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Bock
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Vordereingang an der Wand noch deutlich den Schriftzug »Nur für Herrschaften« lesen. Die kleinen, schmalen und dunklen Hintereingänge waren »Für die Dienstboten«. Rangniedere hatten sich wie Kinder gegenüber Erwachsenen zu benehmen. Sie durften die »Oberen« nicht von sich aus ansprechen oder ihnen direkt in die Augen sehen. Untertäniger Respekt und Unterwerfungsgesten gehörten zum Alltag der Vorfahren der meisten von uns. Denn nur wenige haben Großeltern oder Urgroßeltern, die vor 100 Jahren zur Oberschicht gehörten. In den meisten Familien gibt es deshalb bis heute eine Tradition der Untertänigkeit gegenüber sogenannten Autoritäten.
    Die einfachste Art, in einer solchen Gesellschaft »in Ruhe« zu leben oder überhaupt zu überleben, war, sich mit ihr und ihren Regeln zu identifizieren. Darauf legten auch die herrschenden Schichten wert. Macht funktioniert in einer autoritären Welt nur dann dauerhaft, wenn der einzelne Mensch bereit ist, die Argumentationsstruktur der Herrschenden zu übernehmen und in sich selbst abzubilden. Die vermeintlich Rangniederen müssen also über sich selbst und ihresgleichen so denken wie ihre Herrscher. Nur wenn die »unten« es schaffen, aus der Perspektive »der da oben« zu denken, werden sie sich automatisch richtig und damit sicher verhalten. Das funktioniert auch in umgekehrter Richtung.
    Wenn ein Mensch die Denkwelt einer unterdrückerischen und autoritären Umgebung in sich wiederholt, kann er, wenn er die Möglichkeit dazu erhält, ebenso gut selbst die Rolle des Unterdrückers übernehmen. Sich freiwillig beherrschen zu lassen bringt also automatisch die zweifelhafte Fähigkeit, auch andere nach den gleichen Prinzipien zu beherrschen. Und so finden wir in allen Generationen und Schichten, die vor uns lebten, diese »Fähigkeit«, sich selbst und andere zu bevormunden. Wir beschreiben das noch heute mit dem bekannten Motto: Nach oben buckeln, nach unten treten. Auf der einen Seite diente dieses Prinzip der eigenen Sicherheit und Orientierung in einer hierarchischen Welt, auf der anderen Seite half es, diese Ordnung aufrechtzuerhalten.
    Wie musste das Denken unserer Vorfahren in einer autoritären Welt also sein, damit es Sicherheit und Orientierung ermöglichte? Eindeutig: hierarchisch-vertikal mit einem klaren Blick auf folgende Fragen:
Wer ist oben und wer unten, was ist richtig und was ist falsch, wer gehört dazu und wer nicht, wer ist Freund und wer Feind?
Und natürlich ist dieses Denken gleichzeitig bestimmt von den gegensätzlichen Polen: entweder – oder.
Entweder du bist oben oder unten. Entweder Freund oder Feind.
Und genauso enthält es auch ein Drohpotenzial, das sich aus der einfachen Logik ergibt: wenn – dann.
Wenn du dich richtig verhältst, bist du sicher, wenn nicht, bist du existenziell gefährdet.
    Sicherheit und Kontrolle müssen die obersten Leitprinzipien für einen Menschen sein, der permanent von anderen oder dem Staat bedroht ist, sobald er sich eigene Ideen erlaubt. Die ständige Wiedererinnerung an Leid und Unglück schafft ein Klima, das die Lust auf ein individuelles Eigenleben rechtzeitig nimmt, bevor es zu gefährlich werden könnte. Aggression und Depression, das Wechselbad zwischen Macht und Schwäche sind das innere Klima, das durch die Anpassung an eine solche Welt geschaffen wird. Und das sind genau die Denkstrukturen, die wir im
MINDFUCK
wiederfinden, wenn wir uns mit Gedanken aus unserer mentalen Parallelwelt selbst stören.
    Warum wir alle MINDFUCK kennen
     
    Wir können davon ausgehen, dass alle Menschen, die im 20. Jahrhundert geboren wurden, diese überholte Denkstruktur von Befehl und Gehorsam kennen. Das ist so trotz aller modernen gesellschaftlichen Verbesserungen, denn diese sind zu frisch, um wirklich nachhaltig in unser Bewusstsein gedrungen zu sein. In der westlichen Welt leben wir zwar heute in Demokratien mit funktionierenden Rechtssystemen, unantastbaren persönlichen Grundrechten und anderen Segnungen. Und dennoch laufen wir in unserem Innersten noch mit dem Denkkorsett unserer Vorfahren aus autoritären Zeiten umher. Und dieses lange verinnerlichte Denken und Fühlen bestimmt unseren Alltag oft noch mehr als unsere Auffassungen von einem modernen Leben. So erklärt sich, warum wir so häufig zwei verschiedene Haltungen zu einem Thema haben. Nehmen wir ein ganz alltägliches Beispiel. Viele Frauen, die kleine Kinder haben, haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich um eigene Karriereziele

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