Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
allein weil sich der Raum so angefühlt hat, dass er einige von seinen Opfern mit dorthin gebracht hat. Gott, ich wollte weg. Es war verstörend, und es hat mir den Atem verschlagen. Und es wurde noch schlimmer, als würde ich erdrückt werden. Und dann war mir heiß und kalt gleichzeitig, und ich musste mich hinsetzen, weil ich in meine Vision hineingezogen wurde wie in einen Tunnel. Und dann – peng – war ich draußen, das dachte ich zumindest. Ich konnte den Himmel sehen, obwohl ich wusste, ich sitze auf diesem widerlichen Teppich in diesem widerlichen Raum. Ich konnte immer noch Caines Käsefüße und seine Dreckwäsche riechen und seinen … allgemeinen Gestank.«
»Aber du hast den Himmel gesehen«, stellte Elliot klar …
»Als wäre ich wirklich da.« Stephen nickte. »Er war strahlend blau mit solchen großen, hübschen, fluffigen Wolken. Ich habe diesen Vogel fliegen sehen – einen Schwarzbussard. Und es hätte eigentlich schön sein müssen, wie er da oben seine Kreise zog, aber als ich ihm zugesehen habe, bekam ich Angst. Ich hatte so eine … dunkle Vorahnung. Und dann sah ich, dass Anna und Mac da waren, nur dass Anna über unglaubliche Kräfte verfügte und auch anfing zu fliegen. Nicht so hoch wie der Bussard, zumindest erst nicht, aber ich wusste, dass sie da hochfliegen würde. Und sie nahm Mac mit sich, und Mac war zuerst wütend und wehrte sich, aber dann schrie sie und zeigte auf etwas hinter mir, und ich drehte mich um und …« Seine Stimme versagte. »Da lagst du, im Gras – es war so grün –, und du hast geblutet. Jemand hatte dir in Brust und Hals geschossen … Ich hatte keine Chance, dich zu retten. Absolut nicht. Und es war so scheiß real .«
Zum Teufel mit Grenzen – Elliot griff nach ihm. Und Gott, als er Kontakt hergestellt hatte, sah er es auch. Stephens Vision oder Traum oder was es auch immer war. Stephens heftige Trauer, als er neben Elliot kniete – und das viele Blut in diesem grünen, grünen Gras –, traf ihn mit solcher Wucht, dass es ihm auch für einen Moment den Atem verschlug.
Er spürte auch Stephens Angst, sie existierte außerhalb der Vision. Was, wenn ich ein Seher bin?, fragte Stephen. Was, wenn eine meiner neuen Kräfte als Einundsechziger darin besteht, in die Zukunft zu sehen?
Heiliger Strohsack. Wenn das wirklich so war …
Elliot hatte einmal mit einer sehr mächtigen Seherin zusammengearbeitet – einer jungen Frau namens Tilda, die eine relativ kurze Zeit am OI verbracht hatte. Sie war durch die Flure gelaufen und hatte ausgesehen, als sähe sie Gespenster. Sie war gegangen, als sie den Tod ihrer jüngeren Schwester korrekt vorausgesagt hatte.
Ich suche meine Notizen raus , sagte Elliot, mal sehen, ob wir es schaffen, den Teil von Tildas Gehirn zu lokalisieren, auf den sie zugegriffen hat, um –
Ich meinte nicht , was das für mich bedeuten würde , unterbrach Stephen ihn. Ich meinte : Was, wenn ich wirklich ein Seher bin und du sterben wirst?
Noch bin ich nicht tot, bemerkte Elliot. Seher sehen nicht die Zukunft, Stephen, sie sehen eine mögliche Zukunft. Wenn du wirklich in die Zukunft sehen kannst, dann werden wir lernen, wie wir dein Talent als das Warnsystem verwenden können, das es ist. Und einen anderen Weg einschlagen.
Stephen nickte, und seine Erleichterung war greifbar. Er wischte sich mit den Händen das Gesicht ab und nahm mehrere tiefe Atemzüge.
Es sei denn, natürlich, fügte Elliot hinzu , du siehst voraus, wie wir im Lotto gewinnen. Dann machen wir alles genau so, wie wir es vorhatten.
Stephen lachte, und er drehte sich zu Elliot und küsste ihn – mitten auf den Mund, mitten in der Eingangshalle. Und sorgte dafür, dass Elliot komplett vergaß, dass sie dasaßen und sich öffentlich küssten. Ich liebe dich wie verrückt. Heirate mich.
Elliot wich zurück und lachte überrascht auf. »Was?«
»Zu früh?«, fragte Stephen.
»Ja«, sagte Elliot, aber dann verlor er sich in Stephens umwerfenden Augen. »Heiliger Strohsack, du meinst das ernst, oder?« Er griff nach dem Arm des anderen. Wie immer war die Verbindung unmittelbar und …
Stephen meinte es todernst. War das ein »ja, zu früh« oder ein »ja, du willst mich heiraten«?, fragte er.
Es war definitiv ein »ja, zu früh«, aber auch das andere Ja. Elliot brauchte den Gedanken nicht in Worte zu fassen. Er wusste, dass Stephen seine Antwort spüren konnte.
Der Groß-Than lächelte, aber es verebbte viel zu schnell. Das Leben ist zu kurz , sagte Stephen zu
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