Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
als ich wieder dort eintraf. Ich wollte mehr davon erleben, von diesem Abenteuer. Dort wurde es mir geboten.«
»Cecil meinte, Sie wären unglücklich.«
»Eigentlich nicht. Es war eigenartig; was ich tat, lag so weit außerhalb meiner Norm. Edward nannte es: Die Grenzen des Denkens abschreiten. Zunächst fiel es mir schwer, mit der Affäre zurechtzukommen; wenn ich mit Edward und Rosette zusammen war, spielte es keine Rolle, war es einfach eine andere Welt. Danach erschien es mir falsch oder töricht oder beides. Ich ging allmählich häufiger zu den beiden und blieb jeweils auch länger. Aber das war auch nicht die Lösung – mich mit ihnen von der Außenwelt abzuschließen. Da half es mir, mit jemandem zu reden, der Verständnis hatte. Cecil war der einzige, zu dem ich wirklich gehen konnte. Cecil ist welterfahren oder behauptet es zumindest. Er zeigte mir auf irgendwie komische Art sein Mitgefühl, und er kritisierte mich nicht. Das war mir sehr wichtig.«
»Wußten Sie schon, daß Rosette schwanger ist?«
Isabel hob den Kopf, die blauen Augen voller Melancholie. Sie empfand keinen Widerwillen; genau das hatte Greg herausfinden wollen. Keinerlei Groll. Er glaubte nicht, daß eine sanfte Seele wie Isabel überhaupt einen Groll hegen konnte.
»Ja«, antwortete sie. »Sie hat nie etwas gesagt, aber ich wußte es. In gewisser Weise freut es mich, jedenfalls jetzt. Es bedeutet, daß etwas von Edward bleibt. Ich wünschte fast, ich wäre es.«
»Was war mit Kitchener? In welcher Stimmung war er am fraglichen Abend?«
»Edward? Glücklich. Rosette und ich … Ich … Es war gut an dem Abend.«
»Nein, mal davon abgesehen. Seine allgemeine Stimmung während der letzten Tage. Beschäftigte ihn etwas? Hatte er Sorgen wegen irgendwas? War er erregt?«
»Nein.« Sie zeigte ihm ein tapferes leises Lächeln. »Sie kannten Edward nicht, oder Sie hätten gar nicht erst danach gefragt. Er spielte dieses schreckliche alte Monster. Aber es war nur Fassade. Oh, er hat uns schon mal angeschrien, wenn wir uns absolut dumm aufführten. Und Politiker haben ihn wütend gemacht. Davon abgesehen hatte er keinerlei Sorgen. Es gehörte zu seiner Anziehungskraft; ich bin nie jemandem begegnet, der so sorgenfrei war. Er hatte im Leben so viel geleistet, so viele Schlachten gewonnen. Ich denke nicht, daß ihn noch irgend etwas hätte aus der Fassung bringen können.«
»Ich muß Ihnen diese Frage stellen, Isabel: Welche Gefühle hegen Sie für Nicholas Beswick?«
»O Gott!« Sie vergrub das Gesicht in den Händen. »Warum mußte er nur herauskommen und uns sehen? Er ist so süß. Ich wollte ihm nicht weh tun. Wirklich nicht. Wieso ist all das passiert? Was haben wir nur getan?«
Slater tätschelte sie sachte, aber sie schüttelte ihn ab. Er warf Greg einen bittenden Blick zu.
Greg wartete ab, bis sie aufhörte, sich mit den feuchten Fingerknöcheln weiter Tränen aus den Augenwinkeln zu bohren.
»Stimmt es, daß Sie Kitcheners Schlafzimmer als letzte erreichten, nachdem Rosette die Leiche entdeckt hatte?« fragte er und kam sich als Oberarschloch vor, weil er dem gepeinigten Mädchen weiter zusetzte.
»Ja, ich glaube schon. Sie waren alle vor mir. Ich kann mich nicht an viel erinnern. Es tut mir leid.«
»Ist egal. Vorher, nachdem Nicholas Sie und Rosette gemeinsam auf dem Flur angetroffen hatte, haben Sie Kitchener davon erzählt?«
»Nein. Gott, das konnte ich einfach nicht! Ich wußte nicht, was ich in dieser Hinsicht unternehmen sollte. Sogar Rosette war aus der Fassung. Edward hatte eine Schwäche für Nick, hat solche Hoffnungen in ihn gesetzt. Nick hat einen sehr hohen IQ und möchte lernen; ich meine, er ist wirklich scharf darauf, etwas zu lernen. Das ganze Universum ist für ihn ein tolles Rätsel. Nur bei solchen Gelegenheiten kommt er aus seinem Schneckenhaus hervor; wenn wir über alltägliche Dinge wie das Fernsehen oder Politik reden, sitzt er still in der Ecke. Aber bringen Sie mal die Einheitliche Feldtheorie oder Quantenmechanik ins Gespräch, und Sie können sein Mundwerk gar nicht mehr abstellen. Bei solchen Gelegenheiten ist er richtig reizend, so lebhaft. Aber ich schwatze nur, verzeihen Sie.«
»Haben Sie und Rosette darüber gesprochen, was Sie im Hinblick auf Ihre Entdeckung durch Nicholas unternehmen wollten?«
»Nicht viel. Es war eine Art beiderseitigen Schweigens. Ich nahm mir vor, am nächsten Morgen zu Nick zu gehen. Ich hatte es wirklich vor. Ich hätte versucht, es ihm zu erklären. Er war so
Weitere Kostenlose Bücher