Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
Haus. Manchmal fragte sich Julia, was passieren würde, falls sie bekannt werden ließ, daß sie es am liebsten hätte, wenn die Angestellten Pullunder und Bermudashorts trugen. Wenn man bedachte, wie die Leute in ihrer Umgebung auf jeden Wink sprangen, würden sie wahrscheinlich alle damit erscheinen.
    Könnte sich lohnen!
    »Hatten Sie einen angenehmen Flug, Ma’am?« fragte Sean freundlich.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Sean, es schüttet, und das verdammte Flugzeug ist beinahe von Blitzen zerfetzt worden. Was denken Sie?«
    Er klappte den Mund auf und wieder zu. »Ja, Ma’am«, sagte er demütig. »Verzeihung.«
    Im Augenwinkel sah sie kurz eine Bewegung und glaubte, Caroline würde ein Handzeichen geben. Als sie sich jedoch umdrehte, war ihre persönliche Assistentin damit beschäftigt, den Regenschirm zusammenzufalten, und machte dabei das unschuldigste Gesicht.
    Es ist eine Verschwörung!
    Sie riß sich zusammen. Ich schere mich einfach nicht darum, was diese senile Hure, diese Jakki Coleman gesagt hat. Ich doch nicht!
    »Mein Fehler, Sean.« Sie schenkte ihm ein Herzensbrecherlächeln. »Diese Blitze machen einem angst, wenn man ihnen so nahe kommt.«
    »Ist schon in Ordnung, Ma’am. Ich habe auch Angst vor ihnen.«
     
    Das Konferenzzimmer lag in einer Ecke des Hauptquartiers; zwei Wände bestanden aus verstärktem Glas mit brauner Tönung, die Ausblick über die regendunklen Straßen von Westwood boten. Dekoriert war der Raum in dem Stil gezwungener Großspurigkeit, wie er unter Konzerndesignern in aller Welt grassierte: tiefer saphirblauer Teppich, zwei Picassos und ein van Gogh zwischen aluminiumgerahmten Drucken von den Fens vor der Erwärmung, riesiger ovaler Eichenholztisch, dick gepolsterte schwarze Lederstühle, Topfpflanzen, die größer waren als Menschen. Alles schamloser Pomp.
    Julia war sich nur zu sehr der Tatsache bewußt, daß ihre Schuhe schlammige Fußabdrücke hinterließen, als sie zu ihrem Platz am Kopfende des Tisches hinüberging. Etliche Delegierte blickten erschrocken drein, als sie ihre gotische Aufmachung sahen. Nasses Haar, das in schlaffen Strähnen herabhing, war auch keine Hilfe.
    Acht Vertreter ihres eigenen Stabes saßen an einer Seite, Führungspersonal aus den verschiedenen Abteilungen des Unternehmens. Ihnen gegenüber reihten sich Valyn Szajowski, Argon Hulmes, Sir Michael Torrence, Karl Hildebrandt und Sok Yem auf, die Vertreter des finanziellen Unterstützungskonsortiums von Event Horizon. Über hundertfünfzig Banken und Finanzhäuser gehörten dem Konsortium an und machten es zu einem der größten der Welt. In den ersten zwei Jahren nach dem Sturz der PSP hatten sie siebzig Prozent des Geldes bereitgestellt, das Philip Evans brauchte, um das Unternehmen wieder in England anzusiedeln. Unter seiner Führung erwies sich Event Horizon als ultrasolide Investition; obwohl seine Begeisterung für das Raumfahrtprogramm des Konzerns einige Nervosität auslöste, war er nie mit einer Zahlung in Rückstand geraten. In Anbetracht der damals immer noch extrem wackeligen Lage der Weltwirtschaft war die Mitgliedschaft in diesem Konsortium ein hochgeschätztes und eifersüchtig gehütetes Gut.
    Als dann jedoch vor zwei Jahren Julia das Unternehmen mit allem Drum und Dran geerbt hatte, erwiesen sich die einst emsig angebotenen Kredite auf einmal als schwer erhältlich, und wenn sie doch einen bekam, dann zu unmäßig hohen Zinsen. Das vorsichtige Finanz-Establishment hatte keine Spur von Vertrauen in Teenager als Eigner-Direktoren großer Konzerne. Die Finanzleute wollten mehr Einfluß auf die Führung von Event Horizon, Positionen in der Geschäftsführung, möglicherweise gar im Direktorium. Nur bis Julia älter war, erklärten sie, bis sie die Mechanismen des Konzern-Managements begriff – sagen wir, bis in zwanzig Jahren oder so. Dieses zurückhaltende, aber beharrliche Insistieren entwickelte sich zur größten taktischen Fehlleistung in der modernen Finanzgeschichte. Angesehene Finanzkommentatoren im Fernsehen bezeichneten den Vorgang bereits als das Große Kredithai-Massaker.
    Bewaffnet mit den Gigaleiter-Lizenzgebühren und (ohne Wissen des Konsortiums) dem NN-Kern ihres Großvaters, zeigte Julia ihnen den Zwei-Finger-Gruß und fuhr damit fort, das Unternehmen auszubauen, sogar mit noch größerer Geschwindigkeit. Die Rückzahlung bereits laufender Kredite erfolgte beschleunigt und mit entsprechend geringeren Zinsen, und weniger Kredite wurden neu beantragt.

Weitere Kostenlose Bücher