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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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noch zerbrechlicher als sonst, und das weiße Haar hing schlaff. Das Aussichtsfenster hinter ihm gab den Blick auf das Tal vor der Prezda-Arcologie frei, in der er lebte.
    »Ich möchte nur Julia Evans sehen«, antwortete Charlotte gelassen. »Ich habe sie schon immer bewundert. Ihr zu begegnen wäre echt toll.« Es gefiel ihr nicht, dem alten Mann etwas zu verschweigen, aber es war ein harmloses Vergnügen und auf seine eigene Art auch aufregend. Das war der eigentliche Grund, warum sie eingewilligt hatte, die Botin zu spielen. Sie hatte Jahre darauf verwandt, Stabilität in ihr Leben zu bringen, und dabei die Tatsache übersehen, daß Stabilität mit Monotonie Hand in Hand ging.
    »In Ordnung«, murrte Baronski. »Sie wird dir aber nur die Hand schütteln und sich dafür bedanken, daß du die wohltätige Absicht unterstützt, ganz wie bei allen Gästen. Sie wird dich nicht nach Wilholm Manor einladen, um auf dem Rasen mit dir Tee zu trinken, weißt du.«
    »Das erwarte ich auch nicht. Eine Händedruck ist echt okay, was mich angeht.«
    Er brauchte sechs Stunden, um eine Eintrittskarte für sie aufzutreiben. Sie hatte zu keinem Zeitpunkt daran gezweifelt, daß er das konnte. Als er sie dann auf dem Raumhafen Kapstadt anrief, um es zu bestätigen, wies er sie auch an, sich Jason Whitehurst vorzustellen, sobald sie im El Harhari eintraf. »Er ist ein recht netter alter Bursche; und er ist Engländer, so daß ihr gut miteinander auskommen müßtet.«
    »In Ordnung.« Sie hatte im Gesicht keine Regung gezeigt, ganz so, wie Baronski es ihr beigebracht hatte – nie eine Enttäuschung zeigen. Aber es wäre nett gewesen, wenigstens mal einen einzigen Ball als regulärer Gast zu besuchen.
    Baronski überspielte Jason Whitehursts Datenprofil in ihr Cybofax, damit sie es auf dem Flug nach Monaco studieren konnte, und schaltete grollend ab.
    Sie lächelte den Cybofaxbildschirm liebevoll an, nachdem Baronskis Bild verblaßt war. Nichts schien den alten Trottel je zu erschüttern, und bei keiner Bitte zeigte er sich begriffsstutzig. Sein Schattennetz aus Kontaktleuten konnte mit dem Geheimdienst einer Supermacht konkurrieren. Es war ein Job, den Charlotte nur zu gern übernehmen würde, wenn er sich mal zurückzog. Sie vermutete, daß die meisten seiner Mädchen diesen Ehrgeiz teilten.
    Der Lakai, der die Tür des Aston Martins öffnete, trug schicke graue Livree. Charlotte stieg anmutig aus und unterdrückte ein Lächeln, als sie sah, wie sich sein Blick zu ihren Beinen verirrte, als der Rock auf dem Polstersitz hochrutschte. Sie hatte zehn Zentimeter lange Knochentransplantate in den Beinen – sechs Zentimeter über den Knien, vier darunter. Die Muskeln waren rings um diese Erweiterungen neu angelegt worden. Eine teure Behandlung, aber es war die Sache wert gewesen. Die neuen Beine waren kraftvoll athletisch und schön geformt, dazu gedacht, männliche Wünsche zu stimulieren.
    Fünf riesige vergoldete Kronleuchter hingen im Foyer des El Harhari und tauchten die Gäste in einen silbernen Lichtschleier, während sie in den Ballsaal strömten. Die Männer trugen förmliche Smokingjacken, obwohl einige militärisch aufgemacht waren, komplett mit Schwertern. Die Frauen erschienen alle in langen Kleidern und strotzten von Diamanten.
    Charlotte schwebte gelassen durch die Menge und hielt dabei die Geschenkbox mit der Blume in der linken Hand. Ihr Kleid aus marineblauer Seide war tief ausgeschnitten; der lange Hals und das kurzgeschnittene rotblonde Haar erweckten den Eindruck, sie würde mehr Haut zeigen, als tatsächlich der Fall war. Sie spürte die Blicke etlicher Männer mehr, als daß sie sie gesehen hätte.
    Sie nahm ein Glas Champagner, das der Kellner ihr anbot, und trank einen Schluck, während sie sich umsah. Der feudale Ballsaal war fast voll; lange Stalaktiten aus frisch geschnittenen Blumen schwebten über den durcheinanderlaufenden Festgästen, und ein großes Orchester hatte das Podium in Beschlag genommen. Sie sah zwei zueinander passende Mercedes Coupés neben der kräftig polierten hölzernen Tanzfläche, der erste Preis der Tombola.
    Julia Evans stand im Zentrum einer kleinen Gruppe von Angehörigen des Newfieldskomitees und begrüßte nacheinander Gäste, die in einer langen Schlange anstanden. Ein mit einem Smoking bekleideter Kameramann des Klatschfernsehens nahm jede Begrüßung auf. Charlotte musterte Julia gründlich. Die Eigentümerin von Event Horizon war vierunddreißig, hochgewachsen, hatte ein

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