Mindstar 03 - Die Nano-Blume

als sie sie erkannte. »Julia Evans«, keuchte sie. Sie war es. Sie war es wirklich. Genau wie auf dem Newfieldsball. Das gleiche bezwingende ovale Gesicht.
    Julia Evans lächelte schmal. »Hallo Charlotte. Ich finde, es wird aber auch Zeit, daß wir miteinander reden.«
    »Keine Chance«, sagte das Zimmermädchen.

 
Kapitel neunzehn
     
     
    Julias Persönlichkeitspaket war als Zusammenfassung von Erkenntnissen eines Wirtschaftsgeheimdienstes codiert, also wies ihm das Netzmanagementprogramm der Ware auf der Colonel Maitland automatisch Speicherplatz in dem Lightware-Superrechner zu, den Jason Whitehurst benutzte, um Kombinatsfinanzen zu analysieren. Sobald das Paket geladen war, formatierte es sofort die Prozessorstruktur um, auf der es lief, und isolierte sich vom Betriebssystem und den Virusschutzprogrammen der Lightware. Sobald es seine Autonomie gewährleistet hatte, schickte es den internen Datenbussen eine Serie von Instruktionen, übernahm deren Handlingverfahren und stoppte den Datenfluß.
    Sobald die Datenverarbeitungsvorgänge des Lightware-Superrechners suspendiert waren, löschte das Persönlichkeitspaket alle Programme und Dateien, die es im Speicher vorfand. Die Zugriffscodes wurden verändert. Eine neue Sequenz von Betriebsroutinen wurde geladen. Die hochkomprimierten Datenebenen des Pakets expandierten in die leere Lightware. Julias wiederhergestellte geistige Struktur ging online.
    Sie nahm Zugriff auf die Ware- Architektur des Luftschiffs, verteilte ihre Präsenz im ganzen Datennetz und brannte sich in die Nebenprozessorkerne hinein. Die Ware der Brücke genoß bei ihr oberste Priorität, um die vollständige Steuergewalt über ihre neue Domäne zu erhalten. Neue Kanäle wurden geöffnet und gesichert, und Daten flossen wieder in den Lightware-Superrechner.
    Die Steuersysteme der Colonel Maitland wurden mit einem breiten Spektrum an Sensoren und Kameras verbunden, die überall im Rumpf verteilt waren. Radar und Satellitenverbindungen waren jedoch nutzlos, vom Störsender der Teksöldner überschwemmt. Julia studierte die optischen Schaltungen, zog ihre Codes aus den Speicherkernen und hielt erst einmal Ausschau.
     
    Außenkamera, Backbordrumpf. Die Messerschmitt schwebte auf gleicher Höhe mit der Gondel. Ein Laser-Entfernungsmesser pulsierte jede Sekunde, um die Position präzise zu halten. Acht gepanzerte Gestalten waren nach wie vor in einer Reihe zwischen dem Flugzeug und der Colonel Maitland verteilt. Sie sahen identisch aus, fabrikgefertigt; die linke Hand bediente einen Steuerknüppel, die rechte hielt eine Lockheed-Ripgun. Zwei wabernde Säulen heißer, komprimierter Luft strömten aus den Düsen jedes Jettornisters, hinter den Schultern und leicht unter ihnen. Während Julia noch zusah, verschwand eine der Gestalten durch ein seitliches Loch in der Gondel.
     
    Innenkamera, Gondelunterdeck, Aufenthaltsraum der Besatzung. Der Ripgunschuß hatte die Kabine verwüstet; Stühle waren an die Wand geschleudert worden, die Kompositwände waren aufgesprungen und verbogen, und der Teppich schwelte. Glasscherben lagen umher, und die Tür hing verdreht im Rahmen.
    Zwei der gepanzerten Gestalten standen in dem Raum, die Lockheed-Ripguns vorsichtig im Anschlag, um die offene Tür zu decken. Die Helme waren ausdruckslose Metallblasen.
    Ein dritter kam durch das Loch im Rumpf hereingeschwebt, und die vom Jettornister ausgestoßene Luft fuhr wie ein Minihurricane durch die Trümmer, als er auf dem unebenen Boden landete.
     
    Außenkamera, oberes Heckleitwerk. Der zerstörte Landeplatz, die kläglichen Überreste der Pegasus, von denen dünne Rauchfahnen aufstiegen. Zwei Besatzungsangehörige der Colonel Maitland in silbrigen Feuerschutzanzügen nahmen die Szene in Augenschein. Sie hielten sich dicht an den Rand des Landeplatzes und wichen der Pegasus weit aus, während sie dahinschlurften und den Decksbelag vor jedem Schritt prüften.
     
    Julia zog ein bautechnisches Schema und eine Übersicht über den Systemstatus aus der Steuerungsware der Brücke. Der zentrale Gasbehälter unterhalb des Landeplatzes war stark beschädigt. Helium entwich gefährlich schnell. Die Brückencrew hatte den Abwurf fast des gesamten Ballasts angeordnet, um den Heliumverlust auszugleichen. Wasser aus den Ballasttanks und dem Schwimmbecken wurde so rasch aus der Gondel ausgestoßen, wie man es nur pumpen konnte.
    Das geodätische Gerüst der Colonel Maitland war in feinen blauen Linien gezeichnet, und die Aufhängung der