Mindstar 03 - Die Nano-Blume
sage, Gregory.«
Greg schob ihm seine leere Tasse über den Tisch hinweg zu und erwiderte den Blick des Generals. »Ich brauche bei dir nicht die Drüse einzusetzen, Wassili.«
»Bah, du klingst so trübsinnig und ernst, Gregory. Ich konnte dir helfen, nicht wahr? Würdest du für mich nicht das gleiche tun?«
»Du hast meine Adresse, und ich habe eine Telefonnummer. Ich kann dir allerdings keine Luftabwehr anbieten.«
Wassili schlug lachend mit der flachen Hand auf den Tisch. »Also, jetzt brauchen wir nur noch herauszufinden, wer den guten Namen meines Landes durch den Schmutz zieht, was?«
»Yeah.« Greg überlegte einen Moment lang. »Du hast gesagt, Mikoyan hätte eure Regierung informiert. War es nicht Mutizen, das mit den Generatordaten ans russische Verteidigungsministerium herangetreten ist?«
»Nein. Ich wußte gar nicht, daß wir ein Kombinat haben.«
»Nur zweiunddreißig Prozent davon. Aber yeah, das ist so gut wie schieres Eigentum.«
»Falls die Regierung über eine Sperrminorität verfügte, hätte sie auch sichergestellt, daß die Generatordaten zu ihrem Vorteil genutzt würden. Sie hätte sie nie Event Horizon angeboten.« Wassili stand auf und ging mit den beiden Tassen zum Samowar zurück. »Mir gefällt das nicht, Gregory. Der Informationsoffizier, den sie uns geschickt haben, hat etwas von den möglichen Anwendungen der atomaren Strukturierung für die Verteidigung gesagt. Es wird eine fürchterliche Hatz auf diese Technik geben. Alles oder nichts, Gregory. Welches Land könnte es sich leisten, darauf zu verzichten? Ein Schild, der ganze Städte vor Nuklearwaffen und Elektronen-Kompressions-Gefechtsköpfen schützt. Die Bürger der Welt würden von ihrer politischen Führung nichts Geringeres erwarten. Und ich möchte die Prognose wagen, daß offensive Anwendungen rasch folgen. Die Menschen sind so gut, was das angeht. Und jetzt erzählst du mir, daß unbekannte Spieler auf diesem Gebiet nach einem Monopol streben. Nein, das ist nicht gut, und nicht nur für Julia Evans.«
Greg fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. Gestern abend war er zu erschöpft gewesen, um viel über die atomare Strukturierung nachzudenken. Wassilis Bemerkungen richteten seine Aufmerksamkeit jedoch auf diverse Möglichkeiten, von denen nur wenige gut abschnitten. »Du denkst an einen neuen Rüstungswettlauf?«
Wassili füllte die Tassen nach und kehrte an den Tisch zurück. »Rüstungswettlauf, wirtschaftliche Umwälzungen.« Er lächelte Greg traurig an. »Und das, wo wir gerade über die schlimmsten Folgen der Erwärmung hinweg sind.«
»Yeah. In England kann man wieder gut leben, Wassili. Man erkennt es gar nicht mehr als das Land wieder, das unter der SVP gelitten hat.«
»Kennt ihr die russischen Exportunternehmen, mit denen Jason Whitehurst Geschäfte gemacht hat?«
»Sicher.« Greg zog sein Cybofax hervor und rief die Daten auf. Er reichte seinem Freund das Gerät. »Sagt dir das irgendwas?«
»Vielleicht.« Wassili ging zu seinem Schreibtisch und schaltete das Terminal ein. Greg sah, wie er die Profile der Exportunternehmen in den Schlüssel übertrug.
»Ich habe eine verschlüsselte Verbindung zu den Kernen des militärischen Geheimdienstes in Moskau«, sagte Wassili. »Und darüber kann ich Zugriff auf die Speicherkerne des Kriminaldirektorats der Föderation nehmen. Es dauert keine Minute.« Er setzte sich an den Schreibtisch.
Die glänzenden Artilleriegranaten verstellten Greg die Sicht auf die Daten in den Kuben. Er trank etwas Tee.
Wassili stieß auf einmal ein verächtliches Grunzen aus.
»Was ist?« fragte Greg.
»Du erstaunst mich, Gregory. Mindstar hat dir doch eine Ausbildung in geheimdienstlicher Datenkorrelierung verpaßt, oder?«
»Drei Monate Vorlesungen und Übungen, yeah. Wieso?«
»Dann Schande über dich. Erkennst du denn nicht, daß du dich bei dieser sogenannten russischen Partei auf vertrautem Gelände befindest? Hast du kein Gespür von Déjà-vu?«
»Vertraut? Wie denn?«
»Private Organisationen, die ein mächtiges nationales Kartell bilden und die staatlichen Ministerien beeinflussen. Wer entspricht wohl diesem Muster, Gregory?«
»Scheiße! Julia. Meinst du, wir haben es hier mit einem russischen Gegenstück zu Julia Evans zu tun?«
Wassili seufzte und schaltete das Terminal aus. »Nein, Gregory. Rußland beneidet Julia Evans und Event Horizon. Wie könnten wir anders? Eine Frau, die ihren Reichtum und ihre Macht in den Aufbau des eigenen Landes steckt. Die
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