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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Bau waren. Allein Event Horizon gehörten zwölf davon: Der siebzigstöckige Turm, der den weltweiten Hauptsitz des Unternehmens beherbergte; sieben Cyberfabriken, die Haushaltsgeräte, Kybernetik, Leichtmaschinen und Gigaleiterzellen ausspuckten; und schließlich vier gigantische Arcologien, von denen jede elftausend Familien Wohnung, Beschäftigung, Bildung und Freizeiteinrichtungen bot.
    Auch Kombinate waren Event Horizon nach Peterborough gefolgt, angelockt von Julias Angebot niedrigerer Gigaleiter-Lizenzgebühren für jeden, der seine Produktionsanlagen in England errichtete. Die sich daraus entwickelnde Investitionsflut half dabei, die englische Wirtschaft in einem Tempo wiederaufzubauen, das den Rest Europas weit übertraf, und ermöglichte es Julia, ihren Einfluß auf die neokonservative Regierung zu konsolidieren.
    Genau diese Kombinate und ihre Finanzhäuser waren es, die den Rest des Atolls errichtet hatten, auf das sie jetzt hinabblickte; sie ergänzten die dortigen Anlagen um würfelförmige Cyberfabriken, kuppelbedeckte kreisrunde Amphitheater-Wohnblocks, den internationalen Flughafen der Stadt und die riesigen pyramidenartigen Arcologien. Das Prior’s-Fen-Atoll beherbergte inzwischen dreihundertfünfzigtausend Menschen, und sein industrieller Ausstoß übertraf den der auf festem Boden liegenden Stadtteile um das Zehnfache.
    Julia konnte das Netz aus breiten, tief ausgegrabenen Kanälen erkennen, die die Inseln miteinander verbanden. Die lebendigen Böschungen aus genmanipulierten Korallen waren mit Salbei bewachsen und zeichneten sich als schmale grüne Linien ab, die die Schlammwüste auf Distanz hielten. Containerfrachter zogen ihre Bahn durch die Kanäle, beladen mit den Endprodukten der Arcologien und Cyberfabriken, und fuhren die kilometerbreite Nene hinunter, hinaus in die Wash und aufs offene Meer dahinter. Der neue, verbreiterte Flußlauf war tief genug ausgebaggert worden, damit der Schiffsverkehr sogar bei Ebbe stattfinden konnte; der größte Teil des Schlamms hatte dazu gedient, das Land für die Flughafeninsel aufzuschütten.
    Eine dicke Arterie aus erhöhten Metrogleisen ragte aus dem Landteil der Stadt hervor und verzweigte sich wie ein Strom in Nebenflüsse. Einzelne Strecken überspannten die Kanäle und liefen zu den Inseln hinaus, die allesamt ans Streckennetz angeschlossen waren. Blaue, stromlinienförmige Kapseln glitten über die zierlichen Bänder und fügten sich mit der Präzision eines Uhrwerks auf den Bahnknotenpunkten aneinander. Die ganze Zeit, die Julia jetzt schon von ihrem Adlerhorst aus hinunterblickte, hatte sie kein einziges Mal Pfusch gesehen.
    Aber so funktionierte nun einmal dieses neue Gemisch, dachte sie; es bot keinen Raum für Fehlschläge. Deshalb betrachtete sie ja auch lieber das alte Viertel. Die Megabauten des Atolls mit ihren glänzenden Reflexionsfassaden, die wie geometrisch angeordnete Kristallberge das Sonnenlicht widerspiegelten, waren ein Wegweiser in die Zukunft. Sie sahen aus wie Scheiße.
    Die Paranoiden aus den 1960ern behielten recht; die Maschinen übernahmen die Macht.
    Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie ihn freibekommen, und trank den Tee aus. Das Wissen von der eigenen Macht rief komische Sachen in ihrem Kopf hervor. Was sie sich auch ansah, sie wußte, daß sie es verändern konnte, wenn sie wollte – dieser Gegend bessere Straßen und Dienstleistungen geben, die Einrichtungen jener Schule ausbauen, verhindern, daß jener Hochhausblock gebaut wurde. Sie konnte so viel tun, und früher hatte sie es auch getan, ohne groß darüber nachzudenken. Sie hatte nicht eine Sekunde gezögert, mit dem Bau des Prior’s-Fen-Atolls zu beginnen. Heute jedoch nutzte sich etwas von der alten Zuversicht allmählich ab. Oder vielleicht waren es nur Alter und Zynismus, die sie allmählich klammheimlich überwältigten.
    Julia kehrte an den Schreibtisch zurück, eine große Angelegenheit aus Teakholz mit einer Fläche aus grünem Leder. Sie fuhr mit den Händen über die Ränder der Schnitzereien und spürte kleine rauhe Kerben an den tiefsten Stellen. Wenigstens irgend jemand in England verstand sich noch auf Holzarbeiten. Die Kybernetik hatte nicht jeden verschlungen. Sie fing sich und runzelte abschätzig die Stirn. Was für eine komische Stimmung!
    Sie drückte die Sensortaste des Interkoms. »Ist Troy schon da?«
    »Der Empfangsschalter meldet, daß er eingetroffen ist«, antwortete Kirsten McAndrews, ihre Privatsekretärin. »Er müßte in etwa

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