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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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fünf Minuten oben sein. Soll er gleich hereinkommen?«
    »Rufen Sie vorher erst durch«, sagte Julia.
    »Die walisische Delegation ist immer noch da.«
    »Ach du liebe Güte! Ich hatte sie schon vergessen. Wie sieht mein Terminkalender für heute nachmittag aus?«
    »Wird eng. Sie sagten, sie wollten um vier zu Hause sein.«
    »Ja. Na ja, wenn das letzte Treffen sich nicht hinzieht, empfange ich sie.«
    »Okay, ich sage es ihnen.«
    »Und verraten Sie ihnen um Himmels willen nicht, daß mein Friseur Vorrang hat! Falls sie sehen, wie Troy durchkommt, sagen Sie ihnen, er wäre Präsident eines Finanzkartells oder sowas.«
    »In Ordnung.« Kirstens Ton verriet eine Spur Erheiterung.
    Julia lehnte sich in den Sessel zurück, und Resignation verdüsterte ihre Stimmung noch mehr. Die walisische Delegation belagerte ihr Büro jetzt seit mehr als einer Woche; sie setzte sich aus den meisten führenden Politikern der Unabhängigkeitsbewegung zusammen, die sehnlichst wünschten, Julias Einstellung zum Versuch ihres Landes zu erfahren, sich vom neokonservativ beherrschten Parlament in Westminster zu lösen. Event Horizon überlegte zur Zeit, wo es zwei neue Cyberfabriken errichten wollte, und Wales war unter der neokonservativen Regierung einer der führenden Kandidaten. Die Volksabstimmung war in fünf Wochen angesetzt; es war ein guter Maßstab für die Verzweiflung der walisischen Politiker, daß sie lieber hartnäckig in Julias Vorzimmer warteten, als sich in den Wahlkampf zu stürzen. Bislang hatte es Julia geschafft, sich vor jedem Kommentar zu diesem Thema zu drücken, ob offiziell oder vertraulich.
    Kanal zu den SelfCores öffnen, wies sie das Bioware-Prozessorimplantat an.
    Das Bild des Büros vor ihren Augen war auf einmal von Rissen durchzogen, fragmentierte und wirbelte davon. Das passierte immer, wenn sie nicht rechtzeitig die Augen schloß.
    Alle glaubten, sie leitete Event Horizon aufgrund ihrer fünf Bioware-Netzknotenimplantate mit solch überlegener Gelassenheit. Man behauptete, sie stöpselte sich einfach in die gewaltigen Datenströme ein, die das Unternehmen erzeugte, um dann als eine Art allmächtige technophile Herrscherin ihre Entscheidungen zu fällen. Dieser Trugschluß war verständlich, wenn man bedachte, daß die Netzknoten ihr mit Hilfe ihrer Logikmatrizen und ihrer Datenspeicherkapazität verbesserte geistige Möglichkeiten boten, um Berichte in Millisekunden zu interpretieren und sofort Entscheidungen zu fällen. Andere Unternehmen und Kombinate statteten ihre Spitzenmanager mit identischen Implantaten aus, weil sie glaubten, damit die eigene Geschäftsführung in gleicher Weise aufzubessern. Keines von ihnen war jedoch jemals auch nur annähernd an die Effizienz von Event Horizon herangekommen.
    Julias Bewußtsein entwich in ein dimensionsloses Universum, in dem die körperlichen Sinneseindrücke aus Farben, Geräuschen, Berührung und Geruch nicht anwendbar waren. Selbst das Zeitgefühl veränderte sich, beschleunigte sich. Sie schwebte im Zentrum dreier dichter Datenballungen, die kleinen Sternhaufen ähnelten, und wurde Zeuge, wie Ströme aus binären Impulsen blitzend zwischen den Sonnen hin und her fuhren. Bei diesen Ballungen handelte es sich um Neuralnetz-Biowarekerne, Gehirne aus Ferredoxinprotein; sie waren das eigentliche Direktorium von Event Horizon. Mit ihrer enormen Verarbeitungskapazität konnten sie sich über jede Abteilung auf dem laufenden halten, jedes Projekt mit detailgenauer Aufmerksamkeit verfolgen und das Unternehmen entsprechend der Geschäftspolitik lenken, die Julia formulierte. Sie setzte uneingeschränktes Vertrauen in diese Kerne und tat nicht mehr, als die wichtigsten Entscheidungen, die sie fällten, noch einmal zu begutachten, ehe sie sie genehmigte, ein menschlicher Sicherungsmechanismus im Schaltkreis.
    Zwei dieser NN-Kerne waren erzeugt worden, indem man Julias eigene Sequenzer-RNA ins Ferredoxin einbaute und damit ihre neuronale Struktur kopierte. Anschließend hatte Julia ihre Erinnerungen in sie überspielt. Diese Kerne spiegelten ihre Wünsche, ihre Entschlossenheit, ihre Listigkeit wider und gestalteten Event Horizon mit liebevoller Wachsamkeit, ungestört von den zahlreichen Schwächen des Fleisches.
    Ruhe sickerte jetzt in ihre Gedanken ein, als ob die Rationalität, die dieses Reich beherrschte, durch die Verbindung schwappte und auf subtile Weise die Zuversicht verstärkte, daß alle Probleme letztlich lösbar waren. Es hing nur von korrekt

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