Mindstar 03 - Die Nano-Blume
waren alle ruhig und warteten darauf, daß sie etwas sagte. Greg spürte, wie sich eine seltsame Ruhe in ihren Gedanken ausbreitete.
»Ihr habt alle lange auf diesen Tag gewartet«, sagte sie. »Und seid nicht ohne Prüfungen geblieben. Aber morgen wird der Wandel eintreten, den wir alle erwarten.« Und sie lächelte warmherzig.
»O Scheiße«, sagte Suzi, als die Apostel applaudierten. »Sie ist durchgedreht. Sie ist total und beschissen durchgedreht.«
Sinclair traten Tränen in die Augen. »Wie?« wurde aus der Menge gerufen.
Greg ließ die Leute stehen und ging ins Zentrum des Dorfs, um sich die Flachbildschirme genauer anzusehen; er tat das intuitiv. Alle Schirme zeigten Bilder vom Weltraum, aufgenommen mit Kameras an der Außenwand von New London, soweit er feststellen konnte. Er entdeckte den Archipel und die Erde und den Mond sowie die Silberblumen der Industriemodule.
»Vorhin wußte ich noch nicht, wer Sie sind«, sagte eine Stimme hinter ihm. Es war das orientalische Mädchen im schwarzen Netztop, das ihm auf dem Hof der Trump-Nugget-Burg den Handzettel überreicht hatte. Sie trug ein etwa achtzehn Monate altes Baby auf den Armen, das Greg mit großen braunen Augen musterte.
»Viele von uns haben Sie heute nachmittag in der Cavern gesehen«, fuhr sie fort. »Wir dachten, Sie hätten uns Sinclair geraubt.«
»Ich habe nur nach ihm gesucht. Julia Evans wollte ihn sehen.«
Das Mädchen lächelte keß. »Ich kann gar nicht glauben, daß sie es wirklich ist, obwohl ich an Sinclair geglaubt habe. Aber es passiert wirklich, nicht wahr? Alles, was er uns gesagt hat. Auf welchem Weg wird sie uns retten?«
»Das ist ein wenig kompliziert. Hängt alles mit außerirdischer Technik zusammen.« Er ging um die Flachbildschirme herum und betrachtete sie forschend. Er mußte auf etwas achten, was es dort zu sehen gab. Der Impuls war unwiderstehlich.
»Außerirdisch?« fragte das Mädchen fasziniert. »Machen Sie sich über uns lustig?«
»Nein, ich meine es völlig ernst.«
»Sinclair hat immer gesagt, unsere Seelen würden von einem himmlischen Engel gerettet und wir wären hier oben in Sicherheit, während Sterne auf die Erde stürzen und sie zerschmettern würden. Und es würden auch Heuschrecken und Seuchen auftreten. Ich war mir nie so ganz sicher. Könnte Ihr Außerirdischer derselbe sein wie Sinclairs Engel? Was denken Sie?«
Er betrachtete das leicht verrückte Mädchen von der Seite. »Ich habe keine Ahnung; Theologie und Xenobiologie sind nicht meine Stärken. Wozu dienen diese Flachbildschirme?«
»Damit wir sehen können, wie der Zeitenwandel zwischen den Sternen heraufdämmert.« Der Tonfall war nicht direkt selbstironisch, kam aber dicht heran. »Vielleicht der Stern Ihres Außerirdischen.«
»Das sind Livebilder?«
»Ja. Tol hat die Flachbildschirme mit den Datennetzen der Kolonie gekoppelt.«
»Wer ist Tol?«
»Einer unserer Brüder.«
Greg blieb vor einem Monitor stehen, der den südlichen Nabenkrater zeigte; die Andockspindel bedeckte ein Drittel des Bildes. »Er muß ein technisch sehr begabter Bursche sein.«
»Ja, ist er. Er weiß einfach alles über die Kommunikationsnetze des Asteroiden; er hat früher für einen der großen Fernsehsender gearbeitet.« Sie kicherte. »Er ist fast von Anfang an bei Sinclair gewesen. Ich denke nicht, daß er an die Himmlische Offenbarung glaubt, aber er arbeitet so gut mit wie alle anderen auch. Außerdem sind fünf dieser Kinder von ihm. Auch Zena hier.« Sie ließ das leise gurrende Baby auf der Hüfte hüpfen.
»Ein vielbeschäftigter Mann«, sagte Greg. Ein Stern wurde heller, schob sich über den Bildschirm. Er starrte ihn an und wußte Bescheid.
»Melvyn!« rief er.
»Greg …« Melvyns Stimme klang nicht weniger drängend. »Victor ruft an. Er denkt, daß ein Kommando Teksöldner hierher unterwegs ist.«
Den Himmlischen Aposteln gefiel das nicht.
»Die Zeit des Weglaufens und Versteckens ist doch vorbei!« beklagte sich Sinclair.
»Niemand verlangt von Ihnen, daß Sie weglaufen«, dröhnte Melvyns Stimme aus dem Anzuglautsprecher. »Wir möchten Sie nur in Sicherheit bringen.«
»Aber das ist unser Zuhause, Mr. Ambler. Wir wohnen hier. Wir haben diesen Ort im Schweiße unseres Angesichts erbaut.«
»Nach dieser Sache dürfen Sie überall in New London leben, wo Sie möchten«, sagte Julia. »Das wäre Ihr Wunsch, haben Sie gesagt.«
»Das sagte ich, ja. Aber wieso müssen Sie dazu erst warten, bis diese Monsterkriminellen hier
Weitere Kostenlose Bücher