Mindstar 03 - Die Nano-Blume
dessen sicher zu sein«, sagte Charlotte.
»Was meinen Sie mit sicher?«
»Sie schienen nicht richtig daran interessiert zu sein. Ich dachte … Na ja, ich wollte einfach absolut sicherstellen, daß jemand Pavel Kirilow die Rechnung präsentiert. Dimitri Baronski wurde ebenfalls getötet«, setzte sie lahm hinzu.
»Haben Sie eigentlich keinem Wort zugehört, das ich auf Listoel gesagt habe?« wollte Victor wissen. »Wir haben im Moment andere und dringlichere Probleme. Drittklassige Verbrecherbosse müssen darauf warten, daß sie an die Reihe kommen. Aber wir hätten uns noch um Pavel Kirilow gekümmert; niemand schubst Event Horizon herum, wie er es getan hat, und kommt damit durch. Darauf hatten Sie das Wort von Julia Evans. Was möchten Sie eigentlich noch – einen Vertrag mit Daumenabdruck?«
Charlotte rieb sich die nackten Arme; in dem klimatisierten Büro war ihr auf einmal kalt. Der Abscheu und die Verachtung in Victors Stimme waren fast unerträglich.
»Nur ein Schuß aus einer Strategischen Verteidigungsplattform!« flehte sie. »Mehr ist doch nicht nötig. Pavel Kirilow ruft mich an, ehe seine Raumfähre andockt. Wir wissen also Bescheid, sobald er in Reichweite ist.«
»Nein, er wird Sie nicht anrufen«, sagte Lloyd. »Und wir schießen zur Zeit niemanden ab. Wir können es nicht, dank Ihnen.«
Sie warf ihm einen ängstlichen Blick zu.
»Bildschirm sechs«, sagte er und deutete durch die Glaswand.
Die Raumfähre mit ihren Deltaflügeln war schon unterhalb des Kraterrandes an der südlichen Nabe und hing dort unter der Andockspindel. Kleine blaue Flammen schossen aus den Reaktionskontrolldüsen und brachten die Maschine für eine Landung auf der Kraterwand in Position. Beiderseits des Rückenwulstes hatten sich Türen geöffnet. Schwarze Wärmeabstrahlplatten hatten sich wie eine Ziehharmonika daraus hervorgefaltet und waren dann parallel zu den Tragflächen zurückgeklappt, um Platz zu machen für versilberte Schüsseln und Gestelle, die aus ihren Vertiefungen hervortraten. Charlotte sah genauer hin. Gedrungene Zylinder saßen auf den Gestellen; die vorderen Enden wirkten wie Insektenaugen, facettenreiche Halbkugeln aus schwarzen Chromlinsen, während aus jeder Zylinderrückseite eine große glockenförmige Düse ragte. Jetzt, wo Charlotte wußte, wonach sie suchen mußte, entdeckte sie die mit Goldfolie überzogenen Boxen von Lasern, die an Teleskoparmen über den Schüsseln hochfuhren.
»Ist das Kirilow?« fragte sie, und es kam nur noch als Krächzen heraus.
»O nein«, entgegnete Victor. »Kirilow ist noch in der Anflugsphase. Das ist Leol Reiger. Erinnern Sie sich an ihn? Sie beide wären sich auf der Colonel Maitland beinahe begegnet.«
Sie biß sich auf die Unterlippe und kämpfte dagegen an, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen. Nichts. Nichts, was sie jemals tat, entwickelte sich richtig. Das Büroterminal piepte. Lloyd nahm ein Handgerät ab und hörte ein paar Sekunden lang zu. »Es ist Leol Reiger«, gab er bekannt. »Er sagt, daß er mit Julia reden möchte.«
»Reden Sie mit ihm, Sean«, sagte Victor. »Halten Sie ihn hin, wenn es geht.«
Lloyd öffnete die Verbindung. Der Flachbildschirm blieb ausgeschaltet. Charlotte zog sich ein gutes Stück aus dem Blickfeld der Kamera zurück.
»Hier ist Gouverneur Francis«, meldete sich Sean.
»Wo ist Julia Evans?« fragte Leol Reiger.
»Nicht erreichbar. Sie müssen schon mit mir vorliebnehmen.«
»Okay, Herr Gouverneur, Sie und ich benötigen eine Übereinkunft.«
»Sie haben keine Erlaubnis anzudocken, Mr. Reiger, und ich bin nicht ermächtigt, Abmachungen zu treffen.«
»Ihr lernt es wirklich nie, ihr Typen, was? Ihre SV-Plattformen sind im Eimer, andernfalls hätten Sie uns schon vor zehn Minuten erledigt. Wir kommen rein. Wieviel Schaden wir dabei Ihrer sehr empfindlichen Biosphäre zufügen, liegt ganz bei Ihnen.«
»In welcher Weise?«
»Ich möchte Charlotte Fielder.«
Charlotte stöhnte leise; ihr Herz klopfte ganz laut, und alle Glaswände des Büros stürzten plötzlich auf sie ein. Jemand packte sie an den Oberarmen und führte sie zu einem Stuhl, als ihre Knie nachgaben.
»Bringen Sie sie zur Andockbucht«, sagte Reiger.
»Habe nie von ihr gehört«, sagte Sean.
»Falsch. Sie hat heute in Ihren Geschäften eine kleine Einkaufsorgie gefeiert. Sie ist hier oben. Machen Sie sie ausfindig und bringen Sie sie mir.«
»Sonst?«
»Sonst machen wir auf sie Jagd. Und Sie kennen mich, das würde eine ganz schöne
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