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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Fahrstuhl betraten.
     
    Royan hatte es genossen, am Strand zu sitzen und zuzusehen, wie die Morgendämmerung aus dem Atlantik aufstieg.
    Die Event-Horizon-Klinik in Bristol hatte zwanzig Monate gebraucht, um Royan wiederherzustellen. Sie klonten dort seine Muskeln, Blutgefäße, Sehnen, Nerven, Haut und Knochen, Hundert verschiedene Drüsen, Organe und Zellgruppen, nähten die Bestandteile dann sorgsam zu ganzen Gliedmaßen zusammen. Es war ein enorm teures Verfahren; nicht, daß das Geld Julia irgendwas bedeutet hätte. Sie mußte für die Klinik weitere dreißig Klontanks kaufen und ein Regiment an Spezialisten zusammentrommeln. Die sogenannte Frankenstein-Abteilung des Krankenhauses war vorher schon eine der fortschrittlichsten in Europa gewesen, aber ihre Kapazität hatte für diese Aufgabe noch nicht annähernd gereicht. Niemand im Ärzteteam hatte schon von einem Fall gehört, in dem alle vier Gliedmaßen ersetzt werden mußten. Normale Amputierte benutzten Kinaware-Prothesen, aber Julia wollte Royan wieder ganz sehen, als kompletten Menschen. Sie wußte, daß er nur so jemals hoffen konnte, die Vergangenheit wirklich zu überwinden.
    Julia besuchte ihn einmal die Woche, drückte sich nie davor, verschloß die Ohren vor seinem mitleiderregenden Flehen und Jammern, seinen Forderungen, das alles einfach zu beenden. Royan haßte die Klinik; sie erinnerte ihn ständig an die Zeit, die er nach dem Aufruhr im Krankenhaus verbrachte hatte, ein hilfloses, schmerzgeschütteltes, abhängiges Wesen. In Mucklands Wood war er wenigstens jemand gewesen, der Sohn in der Dreieinigkeit, die Instanz, von der die Trinities in Sachen Information und Technik abhängig waren, ein elektronischer Guru. Unerläßlich. Hochgeachtet. Jetzt hatte Julia ihn wieder zu einem Stück Fleisch reduziert.
    Als die Übertragung der neuen Gliedmaßen begann, hielten die Ärzte Royan fast ständig in einem künstlichen Schlaf. Die wenigen Male, die sie ihn besuchte, wenn er mal wach war, war er nie ganz klar, schrie er vor Schmerz, gefangen in der Endlosschleife eines Alptraums von Feuer und schwarzen Peitschen.
    Eines Tages, mehr als ein Jahr, nachdem sie ihn aus Mucklands Wood gerettet hatten, betrat sie sein Zimmer und traf ihn stehend an, die dünnen, papierweißen Hände so fest um ein Laufgestell geklammert, daß die blauen Adern hervortraten. Stolz und Staunen leuchteten aus seinem Gesicht. Die Schwestern mußten ihn fast gleich wieder auffangen, aber er hatte gewollt, daß Julia die erste war, die ihn wieder aufrecht stehend erblickte. Sie mußte sich gleich abwenden, damit er ihre Tränen nicht sah.
    Danach machten sich die Physiotherapeuten an die Arbeit, halfen ihm dabei, die Muskulatur aufzubauen und seine Bewegungen zu koordinieren. Sogar einen so simplen Vorgang, wie einen Löffel zum Mund zu führen, mußte er ganz neu lernen. Weitere zwei Monaten mußten sie darauf verwenden, ihn durch Sport und proteinreiche Ernährung, durch Massagen und Wärmetonisierung zu voller Kraft zu bringen. Die ganze Zeit über wurden Royans Beschwerden lauter und griesgrämiger.
    Als dann das letzte Ärzteteam mit den Abschlußuntersuchungen fertig war, holte Julia ihn aus dem Krankenhaus ab. Sie flogen zu einer kleinen Insel vor der Mahone Bay in Neuschottland, Julias Versteck vor der Welt.
    Sie hatte die Insel zwei Jahre vorher gekauft, eine öde und unbewohnte Landschaft von kaum zwei Kilometern Durchmesser. Das Gras hatte die Erwärmung überlebt, wie es das immer tat; von den verkümmerten, windgepeitschten Bäumen hingegen war nicht mehr geblieben als verdorrte weiße Äste auf der mergelhaltigen Erde. Julia erstand die Insel für ein Butterbrot; die überlasteten kanadischen Ökoteams waren immer noch voll davon in Anspruch genommen, die kontinentale Biosphäre neu zu bepflanzen, die Wälder zu ersetzen und die Prärien neu anzulegen. Es würde noch Jahrzehnte dauern, ehe sie Zeit für isolierte Regionen wie Mahone Bay fanden.
    Die Botaniktruppe von Event Horizon rückte an, um das Inselhabitat umzugestalten und es in ein Bahamaparadies aus der Zeit vor der Erwärmung zu verwandeln, wie Julia es aus Fernsehshows kannte.
    Ein einzelner Holzbungalow erhob sich hinter dem langen Sandstrand, das einzige Gebäude hier. Zu zweit spazierten Royan und Julia noch am Nachmittag ihrer Ankunft ziellos am Ufer entlang und erforschten den sanft ansteigenden Felshang hinter dem Strand. Ein kleiner, dichter Tropenwald breitete sich vom Mittelpunkt der Insel aus;

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