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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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mannshohen Schlafzimmerspiegel. Flacher Bauch, angegraute Koteletten, eine erste Spur von zuviel Fett am Hals. Nicht schlecht für vierundfünfzig. Er schaffte es zweimal die Woche, das Fitness-Studio in Oakham aufzusuchen, denn der Fitnessbazillus hatte ihn schon in der Armee gepackt. Nachdem er den Krieg in der Türkei und die Straßenkämpfe in Peterborough überlebt hatte, wäre es töricht gewesen, verstopften Arterien und verbrauchten Muskeln zu erliegen.
    »Ich dachte, es wäre okay«, sagte er. »Paßt schließlich zum Bild eines englischen Gentleman-Farmers.«
    Eleanor machte mißbilligend ts ts.
    »Es ist ja nicht so, daß ich in Gesellschaft des Prinzen von Wales an einem gesellschaftlichen Anlaß teilnehmen würde.«
    »Als ob ich das nicht wüßte«, nuschelte sie.
    Greg setzte sich neben sie aufs Bett und legte ihr den Arm um die Schultern. Eleanor hielt den Kopf weiterhin gesenkt und konzentrierte sich ganz auf die Hände.
    Greg spürte nichts von dem Hochgefühl vor einem Einsatz, wie es früher sein Blut in Wallung gebracht hatte. Er hatte ein bißchen erwartet, daß sich das wiederholte, eine Vorfreude auf den letzten Auftrag, mit dem er bewies, daß er es immer noch packte. Er kannte viele verheiratete Offiziere in der Armee; daß sie in den Kampf geschickt wurden, war etwas, was ihre Frauen akzeptierten. Er hatte erst nach diesem Lebensabschnitt eine Familie gegründet, und es gab jetzt keine Möglichkeit mehr, diese beiden Dinge miteinander zu versöhnen.
    »Wenn du nicht möchtest, daß ich gehe, dann tue ich es auch nicht«, sagte er.
    »Das ist Erpressung, Greg. Du schiebst es auf mich ab. Du weißt, daß du gehen mußt.«
    »Yeah.« Er küßte sie auf den Kopf und schmeckte Haare.
    »Und benimm dich in Gesellschaft dieser Suzi!«
    Greg lachte und gab ihr einen richtigen Kuß.
    Eleanor reagierte hungrig, schob ihn dann aber wieder weg. »Laß das; du weißt, wohin sowas führt.« Sie blickte auf ihren Bauch hinunter, und ihr Lächeln schwand.
    »Weißt du, es ist schon komisch«, sagte er leise. »Noch vor fünf oder sechs Jahren hätte ich Julia wahrscheinlich um die Chance angefleht, das zu tun. Ich meine, wo Royan vermißt wird und Schwierigkeiten hat. Was könnte wichtiger sein? Aber jetzt … Mir widerstrebt es, von der Vergangenheit beherrscht zu werden. Und ich denke, Suzi geht es genauso. Das ist ein nettes Mädchen, mit dem sie zusammenlebt. Und sie ist schwanger.«
    »Suzi?« rief Eleanor.
    »Nein, das Mädchen, Andria. Nicht, daß sie es Julia und mir gesagt hätten, aber man kann so etwas nicht vor einem Übersinnlichen verbergen.«
    »Oh. Das könnte interessant werden. Suzi in der Elternrolle.«
    »Yeah.« Er ging hinüber zur Kommode, um das Event-Horizon-Cybofax an sich zu nehmen, das Julia ihm gestern ausgehändigt hatte. »Für deine eigene Sicherheit«, hatte sie gesagt. »Darin ist ein Signalgeber eingebaut, mit dem die Einsatzkommandos unseres Sicherheitsdienstes über deinen Aufenthaltsort auf dem laufenden bleiben. Sobald du Hardliner-Unterstützung brauchst, sind sie in ein paar Minuten da. Und ich habe eines meiner Persönlichkeitspakete in den Speicher geladen. Man weiß nie; ich könnte sogar nützlich für dich werden.«
    Greg steckte sich das handflächengroße Mikroplättchen in die Brusttasche. Gott allein wußte, was Julias Sicherheitsabteilung sonst noch in die Ware gestopft hatte.
    Er zog die honiggelben Vorhänge auf. Der kühle frühe Morgenhimmel war auf halbem Weg zwischen Grau und Weiß. Eine schmale Rauchfahne stieg am gegenüberliegenden Ufer aus der toten Asche des Lagerfeuers der Berrybut-Siedlung auf. Der Tau lag dick auf dem Gras der Koppel. Die Sprunghindernisse für Anitas Pony traten als Farbflecke scharf vor dem blassen Gras hervor. Sie mußten frisch gestrichen werden, sah er, und das Gras stand zu hoch.
    »Ich gehe jetzt besser los«, sagte Greg. »Es wird ein langer Tag.«
     
    Der oberste Wasserstand von Rutland Water war durch ein breites Band aus Kalksteinblöcken markiert, die sich rings um das gesamte Ufer zogen, um die Erosion zu verhindern, wenn die Talsperre ganz voll war. Es war jedoch bislang ein heißer Sommer, und die Farmen und Zitrusgehölze des umliegenden Bezirks hatten eine Menge Wasser verschluckt. Der Wasserstand hatte zwei Meter Höhenunterschied zum unteren Rand der Kalksteinblöcke; auf der Halbinsel Hambleton war dadurch ein breiter Schlammstreifen entstanden, der unter der erbarmungslosen Sonne so hart wie Beton

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