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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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aufregend?«
    Minerva
hörte sich geduldig diese Ergüsse an, runzelte leicht die Stirn, als sie
erfuhr, daß Lady Wentwater ihrer Schwester einen Roman zum Vorlesen gegeben
hatte, und versprach zu lächeln, wenn Mr. Wentwater zu Besuch kam. Dabei fragte
sie sich die ganze Zeit im stillen, ob Annabelle schließlich diejenige sein
würde, die die Familienfinanzen rettete und damit auch sie, Minerva, vor dem
Gang nach London bewahrte.
    Zu guter
Letzt wollte Annabelle wissen, was es in Hopeminster
gegeben hätte, und ihre Augen wurden ganz rund, als Minerva erzählte, daß sie
mit Lord Sylvester Comfrey gegessen hatten und daß Papa ihm einen von den
Braunen verkauft hatte.
    »Sogar ich
habe von ihm gehört«, sagte Annabelle. »Josephine und Emily haben ihn gesehen,
als sie das letzte Mal in London waren, und haben von nichts anderem mehr
geredet. Er soll sehr gut aussehen.«
    »Er ist ein
eitler Geck«, sagte Minerva kalt. »Er macht sich aus nichts und niemandem
etwas. Er legt nur auf Kleidung und Äußerlichkeiten Wert.«
    »Ach«,
sagte Annabelle enttäuscht. »Und er hat sich überhaupt nicht um dich
gekümmert?«
    Minerva
schlug die Augen nieder. Sie wollte nicht lügen. Dann wurde ihr bewußt, daß
Lord Sylvester sich wohl oder übel um sie kümmern mußte, aus dem einfachen
Grund, weil sie aus Versehen in sein Zimmer gekommen war.
    »Nein«,
sagte sie. »Und ich bin froh darum.«
    Ihr
Gewissen regte sich schmerzhaft, aber dieses eine Mal ignorierte es Minerva.
    »Erzähl mir
mehr von Mr. Wentwater.«
    Annabelle
mußte kein zweites Mal darum gebeten werden.

Viertes
Kapitel
    Mr. Wentwater kam
ziemlich oft zu Besuch und stürzte die Familie Armitage in fieberhafte
Hoffnungen und Aufregungen. Sein Wagen und seine Pferde waren erstklassig,
seine Kleidung ließ auf Reichtum schließen. Mrs. Armitage erhob sich sogar von
ihrem Krankenlager, um sich um den Haushalt zu kümmern und mit Annabelle nach
Hopeminster zu fahren.
Dort kauften sie Jakonettmusselin für ein neues Kleid.
    Minerva
hätte gerne von Lady Wentwater ein paar mehr Details über ihren Neffen
erfahren. Aber Annabelle war empört, als Minerva anbot, Lady Wentwater wieder vorzulesen,
da sie nicht wollte, daß sie auch nur eine Minute des Zusammenseins mit Guy
Wentwater versäumte.
    Der Pfarrer
bezeichnete ihn als angenehmen jungen Mann. Und nach einem erfolgreichen
Jagdausflug in seiner Gesellschaft erklärte er, daß Mr. Wentwater ein ganz
feiner Kerl sei, einer, der rundum in Ordnung sei und gut auf dem Pferd sitze.
    Minerva
konnte nicht umhin, Mr. Wentwaters ungezwungene und offene Art mit der
gekünstelten, hochmütigen Eleganz Lord Sylvesters zu vergleichen und beneidete
ihre Schwester fast um das Glück, einen solch geeigneten Verehrer gefunden zu
haben, ohne das Martyrium der Saison durchstehen zu müssen.
    Als sich
schließlich sein Aufenthalt bei seiner Tante dem Ende zuneigte, lud ihn der
Pfarrer förmlich zum Dinner ein, und schon zwei Tage vorher ging es im
Pfarrhaus drunter und drüber. Der Mann, der gelegentlich aushalf, Harry Tring,
hatte zugenommen, und so mußte eine Butlerlivree ausgeliehen werden; John
Summer, Kutscher und Hausdiener, Hundepfleger und Vorreiter in einem, bekam
außerdem noch die Pflichten eines Lakaien aufgehalst. Ein alter Plüschjagdrock
des Pfarrers wurde mit goldenen Litzen aufgemöbelt, Johns kahler Kopf mit der
zweitbesten Perücke des Pfarrers bedeckt, und Minerva mußte ihm ihre besten
fleischfarbenen Strümpfe leihen, weil die Strümpfe des Dieners schließlich – im
Gegensatz zu ihren – zu sehen waren.
    Alle
erwarteten, daß Mr. Wentwater an diesem Abend einen Heiratsantrag machen würde,
und die Familie wurde ermahnt, Annabelle und Mr. Wentwater jede nur mögliche Gelegenheit
zum Gespräch zu geben.
    Das Paar
wurde beim Dinner nebeneinander gesetzt, und es war nicht zu übersehen, daß sie
aufeinander versessen waren. Minerva beobachtete Guys hübsches Gesicht und
merkte, wie seine blauen Augen jedesmal aufleuchteten, wenn sie auf Annabelle
trafen. Sie mußte sich eingestehen, daß die Eifersucht auf ihre Schwester
durchaus schmerzlich war.
    Aber
immerhin sah es so aus, als müßte sie nun nicht mehr nach London gehen.
    Ihr Vater
hatte sie an diesem Nachmittag in sein Arbeitszimmer gebeten. »Schau,
Minerva«, hatte er gesagt. »Dieser Wentwater will Annabelle offenbar heiraten.
Er scheint eine Menge Geld mit seinem Elfenbeingeschäft zu machen. Es hat
keinen Sinn, die alte Lady Wentwater zu befragen. Sie

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