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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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keine Sorgen, Miß Armitage. Ihr Gesicht, Ihre Figur und Ihre
unzweifelhafte Schönheit sind Waffen genug ... Vorausgesetzt, daß Sie nicht zu
gescheit daherreden.«
    Minerva
holte tief Atem. »Ich schätze Ihre Anteilnahme, Lord Sylvester, und ich habe
das Gefühl, daß Ihre Bemerkungen gut gemeint sind, aber sie grenzen deutlich
an Unverschämtheiten.«
    »Sie haben
recht«, lächelte er liebenswürdig. »Was Sie tun oder sagen, geht mich nichts
an.«
    Eigentlich
hätte Minerva jetzt erleichtert sein sollen. Lord Sylvester begann auch sofort
über dies und jenes zu plaudern und erzählte ihr amüsante Geschichten über die
Vergnügungen, die während der Saison auf sie zukamen. Aber sie fühlte sich
sonderbar verlassen.
    Gerade noch
hatte sie den Eindruck gehabt, als würde von ihm
eine magische Wirkung ausgehen, die sie in ihren Bann zog. Jetzt jedoch hatte
er sich hinter eine höfliche Fassade zurückgezogen. Er war nicht mehr der vor
Leben sprühende Mann, der sie verwirrte, durcheinanderbrachte und anzog. Er
schien sogar weniger als ein ›Bruder‹ zu sein, und er hatte doch
behauptet, es sein zu wollen. Minerva beendete ihr Mahl in der Gesellschaft
eines höflichen Fremden.
    Sie warf
immerfort kurze, hoffnungsvolle Blicke in Lady Godolphins Richtung. Eine ältere
Dame wie sie wollte doch sicherlich ins Bett! Aber Lady Godolphin war noch
aufgekratzter als zu Beginn des Abends. Oberst Brians grauer Kopf war zu ihr
herübergebeugt, und er flüsterte ihr etwas zu, was ihre scharfen Äuglein
aufblitzen ließ.
    Minerva
stand die entsetzliche Situation bevor, ein Mauerblümchen zu sein.
    Lord
Sylvester geleitete sie in den Ballsaal zurück, beugte sich über ihre Hand und
ging.
    Aber wo Lord
Sylvester führte, folgte fast die ganze Londoner Gesellschaft, und Minerva sah
sich von Partnern umlagert. Sie konnte nicht mehr tanzen, denn sie hatte sich
ja angeblich den Fuß verstaucht, und so bildete sich eine Gruppe von Herren um
sie, die ihre Stühle heranzogen und ihr den Hof machten.
    So sehr sie
sich auch bemühte, sie konnte nicht flirten. Zu lange hatte sie in Hopeworth
moralisch den Ton angegeben. Die ruhige Maske der Überlegenheit, die sie
aufsetzte, um das Gefühl, daß sie nicht hierher paßte, zu verbergen, war gleich
wieder da. Sie wurde noch überheblicher, als sie Lord Sylvester mit einer
winzigen Brünetten tanzen und flirten sah. Beinahe hätte sie auf ihn gehört und
seine Ratschläge befolgt. Dabei war er nichts weiter als eine Modepuppe und an
nichts anderem als an seiner Kleidung interessiert.
    Als sich
der Ball seinem Ende zuneigte, lieferte Minerva den allgemeinen Gesprächsstoff.
Die Damen fanden sie schlichtweg naiv. Die Herren nannten sie eine
selbstgefällige Moralpredigerin. Lady Godolphin kam der Klatsch zu Ohren, und
sie war verärgert, daß sie ihren vielversprechenden Flirt mit dem Oberst
aufgeben mußte, um ihren allgemeines Mißfallen erregenden Schützling nach Hause
zu bringen.
    »Nein,
Minerva«, warnte sie, als sie zum Wagen gingen. »Kein Wort, bevor wir zu Hause
sind.«
    Minerva
preßte die Lippen zusammen. Nicht sie hatte unrecht gehandelt! Nicht sie hatte
schamlos geflirtet!
    Aber als
sie es sich in Lady Godolphins Salon bequem gemacht hatten und Lady Godolphin
anfing, mit aller Schärfe den Schaden auszumalen, den Minerva bereits jetzt
ihren Heiratschancen zugefügt hatte, fühlte sich Minerva gar nicht mehr so
großartig.
    »So eine
Menge Follikel habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört«, wütete Ihre
Ladyschaft. »Predigt und moralisiert wie ein Methodist! Laß mich dir eins
sagen, mein Kind, du mußt an deinen Vater und die Familie denken. Und du
darfst auch mich nicht vergessen. Ich lasse keinen roten Heller mehr springen,
wenn du nicht nett zu den Leuten bist. Die Hälfte der in London in Frage kommenden
Männer hast du bereits weggeekelt.«
    »Lord
Sylvester nicht«, brauste Minerva auf.
    »Ach der!
Dem gefallen die Spinner schon immer. Seine Dienstboten sucht er sich auf der
Straße zusammen. So eine ungeschliffene Mannschaft hast du noch nicht gesehen.
Mehr wie eine Privatarmee. Er ist absolute Spitze, das garantier' ich dir.
Aber nicht einmal seine Protektion wird dir weit helfen. Wenn er es ernst mit
dir meinen würde, wäre das etwas anderes. Aber es ist bekannt, daß Sylvester es
in seinem Leben noch nie ernst mit einer Frau gemeint hat.«
    »Ich habe
wirklich nichts Unrechtes gesagt«, protestierte Minerva schwach. »Ich wollte
nur aufrichtig

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