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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Er schien ihre
Frage nicht gehört zu haben. »Nach einiger Zeit werden Sie das Landleben
äußerst langweilig finden.«
    »Dann hätte
ich meine Wertmaßstäbe verloren.«
    »Und etwas
Ehrlichkeit dazugewonnen. Es ist ganz schön und gut, immer nur das zu denken,
was man denken soll.
    Aber das
hält nicht ewig vor. Man sollte sich nicht selbst betrügen.« Seine grünen Augen
waren wieder auf sie gerichtet. »Wäre es nicht schrecklich, wenn Sie mich
lieben würden, und Ihr Verstand würde Ihnen raten, mich abzuweisen?«
    »Nein, das
wäre überhaupt nicht so schrecklich. Besonders nach
dem letzten Abend, Mylord, als Sie behaupteten, daß Sie sich mit Dirnen
vergnügen.«
    »Ja, ich
war sehr grob und habe es nicht so gemeint. Mrs. Dattrey hat mich zur Weißglut
getrieben. Der Mondschein und die Erinnerung an zwei heiße Lippen hatten mich
ganz romantisch gestimmt ...«
    »Ich möchte
nach Hause, Mylord«, sagte Minerva. Dabei erhob sie sich schnell und glättete
ihr Gewand.
    »Sie müssen
lernen, solchen Bemerkungen zu widersprechen, wenn sie Sie stören, und dürfen
nicht davonlaufen«, sagte er streng. »Wenn Sie den Herrn nicht mögen, der Ihnen
Komplimente macht, oder wenn er Sie an etwas erinnert, was Sie lieber vergessen
möchten, dann wechseln Sie einfach das Thema.«
    »Genau wie
Sie, als ich Sie gefragt habe, ob Sie das Gedicht und die Blumen geschickt
haben«, sagte Minerva und schaute auf ihn hinunter.
    Er stand
auf. »Da Sie stehen, muß ich auch aufstehen. Wenn Sie sich dagegen zu dem
Herrn, der Ihnen Komplimente macht, hingezogen fühlen, aber seine Unterhaltung
ein bißchen zu herzlich finden, werden Sie rot, senken den Kopf, fächeln sich
ganz aufgeregt Luft zu und hauchen: ›Ach, bitte nicht.‹ Das gehört doch
alles zum Spiel. Sie wollen doch heiraten, oder?«
    »Ich möchte
meine Familie vorm Schuldgefängnis bewahren«, rief Minerva aus und warf den
Kopf trotzig zurück. Ihre Augen starrten aufopferungsvoll ins Leere.
    »Welch ein
Edelmut! Welch ein Opfermut!« mokierte sich Seine Lordschaft.
    »Etwas, was
Sie, Mylord, bestimmt nicht verstehen.«
    »Doch ...
wenn es echt ist. Kommen Sie, Minerva, gehen wir und stellen wir uns Lady
Godolphin. Erzählen Sie mir auf dem Weg von Ihren Geschwistern.«
    Minerva biß
sich auf die Lippen, aber die Versuchung, über ihre geliebte Familie zu
sprechen, war zu stark.
    »Es sind
wunderbare Kinder, und ich liebe sie von ganzem Herzen. Annabelle kann man
natürlich nicht mehr als Kind
bezeichnen. Sie ist gerade sechzehn geworden.« Unbewußt hakte Minerva sich bei
Lord Sylvester unter. »Annabelle ist sehr hübsch. Papa sagt, daß blonde
Mädchen nicht in Mode sind, aber sie hätte mehr Erfolg in London gehabt als
ich. Sie flirtet so nett.«
    »Und mit
wem hat die schöne Annabelle geflirtet?«
    Ein
Schatten flog über Minervas ausdrucksvolles zartes Gesicht. »Ach, das war eine
ziemlich traurige Geschichte. Sie sollte sich mit Lady Wentwaters Neffen
verloben – Lady Wentwater ist eine Nachbarin von uns, wissen Sie – aber es
stellte sich heraus, daß er ein Sklavenhändler ist.«
    »Aha, so
hatten Sie Gelegenheit, sie flirten zu sehen. Hat der gute Pfarrer die Heirat
verboten?«
    »Es kam gar
nicht soweit. Wir alle haben uns von Mr. Wentwater distanziert, einschließlich
Annabelle. Nachdem wir von seinem Handel gehört hatten, stand die Heirat außer
Frage.«
    »Und die
anderen?«
    »Da ist
noch Deirdre, sie ist vierzehn. Sie ist sehr ungezogen und klug – sie macht
sich gerne fein. Ihr gescheites Köpfchen steckt voller dummer Streiche. Die
Jungen, Peregrine und James, sind feine, kleine Kerle. Sie sind Zwillinge, die
absolut gleich aussehen, und ich behaupte, daß ich die einzige bin, die sie
auseinanderhält ...«
    Und so
erzählte Minerva, bei Lord Sylvester eingehängt, weiter und wandte ihm von Zeit
zu Zeit ihr begeistertes Gesicht zu.
    Mr. Silas
Dubois huschte hinter einen Baum und beobachtete das Paar, das da auf das Tor
des Hyde-Parks zuging. Ihn überfiel ein solches Haßgefühl gegenüber Lord Sylvester,
daß es ihn schüttelte. Seine Lordschaft drehte den Kopf in Mr. Dubois'
Richtung, als ob er die feindlichen Wellen, die dieser aussandte, gespürt
hätte.
    Minerva
hatte nie zuvor einen so guten Zuhörer gehabt. Das Gespräch über ihre Familie
stellte ihr Selbstvertrauen wieder her und machte sie ganz zuversichtlich. Sie
würde mit dieser bösen Welt schon fertig werden. Und als sie den Grünen Salon
betrat und erkannte, daß Lady Godolphin

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