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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Schmerz war beinahe
unerträglich. Sie waren auf den Eröffnungsball bei Almack wie Landjunker
gegangen. Es waren wirklich Höllenqualen! Daß die drei damit angefangen hatten,
Minerva einen Streich zu spielen, kam ihm gar nicht zu Bewußtsein. Erst nach
einer Weile begann er in seinem tiefen Schmerz im voraus die Entrüstung seiner
Freunde zu genießen. Na warte, wenn er ihrer erst habhaft war!
    Minerva saß
still und versonnen auf der Wiese. Sie wußte, daß gleich wieder irgend jemand
zu ihr herkommen würde, wenn sie nicht verschwand. Und sie hatte das Bedürfnis,
alleine zu sein.
    Sie erhob
sich rasch und eilte von der Gesellschaft weg, bis das Geplauder und die Musik
kaum noch zu hören waren.
    Am Seeufer
waren ein paar Bäume, die einen kleinen Steinstrand umstanden. Minerva erwählte
sich einen großen flachen Stein als kühlen Sitzplatz. Die Bäume schirmten sie
von der übrigen Gesellschaft ab und spendeten gleichzeitig Schatten.
    Sie setzte
sich auf den Felsbrocken, nahm ihren hübschen Hut ab und legte ihn auf den
Boden neben sich. Dann streifte sie die Stulpen ihrer Handschuhe herunter und
ließ den Wind über ihre bloßen Arme streichen. Minerva trug ein weißes
Musselinkleid mit gezacktem Saum und römische Sandalen aus bronzefarbenem
Leder. Vorübergehend genoß sie die Kühle und das Alleinsein. Und dann wurde sie
wieder von einer Woge der Niedergeschlagenheit erfaßt.
    Es gab
genug Mädchen, die ihre Debütantinnenzeit hinter sich brachten, ohne zu
heiraten. Sie durften nach Hause gehen und es im nächsten Jahr noch einmal
versuchen. Aber ihre Familien hatten Geld, und sie hatte keins.
    Sie könnte
ihrem Vater schreiben und ihn bitten, sie heimzuholen. Eine Schilderung von
Lady Godolphins unmoralischem Verhalten würde sicher genügen. Ihr Vater war
kein Unmensch. Aber die Jungen würden nicht zu ihrer Ausbildung kommen, und
ihre Schwestern würden keine Aussteuer und keine Zukunft haben.
    Minerva
befürchtete, daß ihre moralischen Werturteile ins Wanken gerieten. Eigentlich
sollte sie es nicht fertigbringen, Lady Godolphin ohne Erröten in die Augen zu
blicken, aber diese alte Dame schien ganz unbekümmert zu sein. Minerva ertappte
sich oft dabei, wie sie von Küssen träumte und an starke Arme dachte, die sie
ganz fest hielten, bis ihr Körper vor Verlangen schmerzte. Sie versuchte dem
Liebhaber ihrer Träume das Gesicht Lord Chumleys zu geben, aber es löste sich
immer wieder in Nichts auf und machte einem schönen Gesicht mit zwei
spöttischen Augen Platz.
    »Na,
Heiratsträume?«
    Minerva
blickte auf und genau in die Augen, an die sie gerade gedacht hatte. Lord
Sylvester lächelte auf sie herunter. »Es war verflixt schwierig, Sie zu
finden«, sagte er. »Ich konnte niemanden fragen, sonst hätten sie Sie selbst gesucht.«
    »Warum
suchen Sie jetzt meine Gesellschaft, Mylord?« fragte Minerva barsch. »Sie haben
sich in letzter Zeit nicht gerade um mich bemüht.«
    Sie dachte
an den Eröffnungsball bei Almack und wie sie davon geträumt hatte, mit ihm zu
tanzen und zu reden. Und er hatte sie nicht ein einziges Mal aufgefordert.
    »Woher wissen
Sie, daß ich mich nicht um Sie gekümmert habe?«
    Er hielt
eine Flasche Champagner und zwei Gläser in der Hand. Nachdem er sich neben sie
gesetzt hatte, lehnte er sich nach vorne, legte die Flasche ins Wasser, um sie
kühl zu halten, und stellte die beiden Gläser vorsichtig in ihren auf dem Boden
liegenden Hut.
    »Sie
sollten mir bei meinem Debüt helfen«, sagte Minerva. Sie wurde sich bewußt, wie
sehr seine Nähe sie verwirrte. Ihre ihm zugewandte Seite schien unter Spannung
zu stehen, als ob jede einzelne Zelle sich ihm entgegendrängte. Ihre Waden
zitterten, und sie ballte ihre Hände fest in ihrem Schoß zusammen.
    »Aber Sie
haben sich sehr gemacht! Die Gesellschaft ist entzückt, auch wenn Ihre sieben
Freier alle anderen zu verdrängen scheinen. Doch ich sehe, Sie haben sich für
Chumley entschieden.«
    »Ja.«
    »Wirklich?
Ich habe erwartet, daß Sie es energisch abstreiten. Ich habe angenommen, daß
Sie Chumley nur ermutigen, um die anderen Männer eifersüchtig zu machen.«
    »Nein.«
    »So
einsilbig?«
    »Ja«, sagte
Minerva, auf das Wasser starrend und um Fassung ringend. Er durfte nicht
wissen, wie sehr er sie aufwühlte.
    »Aber«,
fuhr er fort, »wenn Sie sich an Chumley wegwerfen wollen, dann muß ich Ihnen
das wohl oder übel zugestehen. So ein Opfer! Ich hoffe nur, Ihre Familie weiß
es zu schätzen.«
    »Lord
Chumley ist sehr

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