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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Leidenschaft ebenso groß wie die
ihre sei. Aber er hatte Übung in der Kunst, Frauen zu verführen, und er wußte
wahrscheinlich ganz genau, wie man Leidenschaft vortäuscht.
    Ganz
unvermittelt leuchtete irgendwo in diesem Kummer ein warmer Hoffnungsschimmer
auf. Sie würde Lord Sylvester vergessen. Sie würde Chumley heiraten. Sie würde
sich für ihre Familie opfern. Ein kleiner Seufzer der Erleichterung entrang
sich ihr. Der Weg zur Pflicht lag klar vor ihr.
    Minerva
unterbrach Lady Godolphins Redefluß: »Ich heirate
Lord Chumley. Sie können ruhig schlafen. Sie werden Ihr Geld auf Heller und
Pfennig zurückbekommen.«
    Wie die
meisten geizigen Leute in solchen Situationen verteidigte sich Lady Godolphin
sofort. Sie beteuerte, daß Minerva nicht deswegen heiraten solle. Sie sei eine
arme Witwe, auch wenn es nicht den Anschein habe. Sie wisse kaum, wie sie mit
ihrem Geld auskommen solle.
    Minerva
hörte sich diese Verteidigungsrede geduldig an und beobachtete dabei, wie das
Sonnenlicht auf dem üppigen Collier aus Diamanten und Rubinen um Lady Godolphins
dicken, runzligen Hals spielte.
    »Auf jeden
Fall mußt du mir dankbar sein, daß ich dich aus diesem langweiligen Nest
Hopeworth weggeholt habe«, schloß Lady Godolphin. »Du mußt zugeben, daß dort
niemals etwas Aufregendes passiert!«
    Am
selben Tag, wenn
auch zu einer früheren Stunde, befand sich Mr. Guy Wentwater in flotter Fahrt
auf der Straße nach Cartham – auf der Straße, die im Süden aus Hopeworth führte
im Gegensatz zu der Straße im Norden, die nach Hopeminster führte. Die gelben
Speichen seines hohen Zweispänners sprühten goldene Funken, und die Sonne
glänzte auf den gestriegelten Flanken seiner aufeinander eingespielten
Grauschimmel.
    Er war auf
dem Weg zu einem Zweig der Familie Wentwater, der etwa dreißig Meilen von
Hopeworth entfernt wohnte.
    Er hatte
diesen Ausflug sorgfältig geplant. Die junge Annabelle sollte ihn nämlich vermissen.
Nach Emilys und Josephines Abreise nach London war sie ein bißchen selbstgefällig
geworden. Schlau wie er war, schloß Guy daraus, daß sie seiner zu sicher wurde
und sich die ganze Geschichte noch einmal gut überlegte. Immer wieder kam sie
auf den Sklavenhandel zu sprechen. Er glaubte ziemlich genau zu wissen, daß er
sie dazu bringen könnte, mit ihm wegzulau fen. Er hatte mit der Idee gespielt,
sie einfach zu entführen, aber das gäbe einen Skandal, und Lady Wentwater wäre
imstande, ihn zu enterben – und obwohl er soviel Geld verdiente, wollte Guy
doch immer noch mehr. Er glaubte den Beteuerungen seiner Tante, daß sie arm
sei, keine Sekunde lang und hielt sie für einen alten Geizkragen, was sehr
wahrscheinlich der Wahrheit entsprach.
    Das Wetter war
wunderbar. Es war nicht mehr so schwül wie an den vergangenen Tagen. Große
Schäfchenwolken türmten sich auf und zogen majestätisch über den Himmel. Die
Hecken waren erfüllt von Vogelgesang.
    Von hinten
hörte Guy ein seltsames Geräusch immer näher kommen, das sich wie ein Jagdhorn
anhörte. Er drosselte das Tempo seiner Pferde zu einem leichten Galopp. Da war
das Geräusch wieder. Der gute Pfarrer muß verrückt geworden sein, dachte er bei
sich. Wer hatte schon je von einer Fuchsjagd zu dieser Jahreszeit gehört? Es
konnte nicht sein. Er hielt sein Gespann an.
    Plötzlich
ertönte lautes Rufen über der stillen Landschaft: »Weg da! Weg da! Vorwärts!
Vorwärts!«
    ›Verrückt
geworden!‹ überlegte Guy und ergriff die Zügel wieder. Aber etwas bewegte
ihn doch dazu, sich umzudrehen und das lange weiße Band der Straße, das sich
hinter ihm erstreckte, hinabzublicken.
    Eng
zusammengedrängt kamen die Hunde des Pfarrers mit lautem Gebell angerast. Guy
stieß einen leisen Fluch aus. Das beste war es, sich still zu verhalten und die
Pferde ganz fest zu halten, bis sie vorbei waren. Aber das laute Bellen der
Hunde machte ihm Angst, und er schauderte trotz der herrschenden Wärme.
    Die
gedrungene Gestalt des Pfarrers auf einem riesigen Jagdpferd tauchte, den Hut
schwenkend und mit aller Kraft »Hussa!« schreiend, hinter der Meute auf.
»Hussa!« kam das Echo von John Summer, dem Hundeführer, zurück.
    Im nächsten
Moment erstarrte Guy vor Schrecken, als er sich von
der ihn anspringenden, wütend knurrenden Meute umringt sah. Seine Pferde
bäumten sich auf.
    »Mr.
Armitage!« schrie Guy schreckensbleich. »Rufen Sie sie zurück!«
    »Halt!«
rief der Pfarrer, und die Hunde kauerten sich in einem Kreis um den Zweispänner
zusammen. Sie

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