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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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zucken, und ich höre seinen Atem rascheln.
    »Der ist hin«, sagt Alan.
    Mathilde schiebt uns hinaus ins Schneegestöber.
    »Komm«, sagt Alan zu Becky, »lad uns zum Essen ein, Mingus und mich. Mit Aglaia ist heute nicht gut Kirschen essen.«
    »Habt ihr gesehen«, flüstert Becky, »er ist so dunkel wie ich. Hoffentlich überlebt er.«
    »Was gibt es?«, frage ich.
    »Kürbisgemüse. Nüsse«, sagt Becky.
    »Mit Käse?«, fragt Alan.
    »Ja, wenn ihr wollt, mit Käse«, sagt Becky.

BORIS
    Das muss es sein, dieses flache Tal mit den Akazienbäumen und roten Steinsäulen. Ein lichter Akazienwald. Wir verstecken den fliegenden Hund, und Matt baut uns ein Biwak auf. Ich bin zu schwach.
    Das große Windrad, der Sturm von letzter Nacht hat es frei geblasen. Es liegt umgekippt zwischen den Felsen. Das muss der Ort sein. Hier war Leos Versteck. Ich kann kaum essen vor Aufregung. Matt packt die Metalldetektoren aus, die Sonden, die Schaufeln. Es dämmert schon, als wir uns ans Feuer setzen. Unsere Feuerziegel gehen zur Neige.
    Nachts schleppe ich mich, so weit ich eben komme, zu dem dichten Kakteengestrüpp am Rande des Tals und grabe ein Loch. Ein flaches Loch, denn meine Knie zittern, und meine Hände sind ohne Kraft. Nur jetzt keinen Anfall, sage ich mir, und mein Körper lässt mich diesmal nicht im Stich.
    Matt schläft. Ich höre ihn schnarchen und murmeln. Er hat wieder zu viel von unserem Vorrat getrunken. Ich habe keine Macht, ihm das zu verbieten.
    Ich zerre die schwere Tasche zu der Grube und bedecke sie mit Sand, häufle Steine darauf, trete die Ränder platt, werfe abgebrochene Dornenzweige darüber.
    Ich traue Matt nicht.

NIN
    »Was haben die denn heute«, sage ich, und Daisy lacht und schüttelt Schnee aus ihren Haaren.
    »Die tun so, als ob schon der Frühling käme«, sagt Daisy. »Das ist ein gutes Zeichen.« Im Männerflügel ist so ein Geschrei und ein Gebalge, dass wir stehen bleiben, um durch die Fenster zu spähen. Wir sehen nur huschende Umrisse.
    »Du wirst schon sehen, was da los ist, wenn erst mal die Sonne den Schnee schmilzt. Ich kann dir sagen … das ist dein erster Lenz hier, Nin, meine Kleine. Ich finde, du bist schon eine gute Gayanerin geworden. Auch dank mir, ist das nicht so?«
    Ich stoße Daisy in eine Schneewehe.
    Drei von den Männern wollen meine Kindsväter werden. Das haben sie mich wissen lassen, unmissverständlich. Daisy fand das süß von ihnen.
    Sie gefallen mir nicht, einer wie der andere. Da ist der Aristo Achill. Für mich ist er schon ziemlich alt, und er ist schrecklich eingebildet. Er schickt mir Briefchen durch die kleinen Mädchen, mit denen er gar nicht sprechen darf. Irgendwie schafft er das. Er preist sich an, als verlässlicher Zeuger. Er habe, schreibt er, eine Frau und drei Kinder zurückgelassen, als man ihn entführt hat an einem Abend und betrunken gemacht, sonst hätten unsere Frauen seinernie Herr werden können. »Du bist die Frau, die für mich bestimmt ist«, schreibt er, so ein Vollidiot. »Alle die verschlungenen Wege des Schicksals führten zu unserer Vereinigung.«
    Da ist Okbar, ein brauner Kerl, mit viel Bart und kleinen verlogenen Augen. Er macht Zeichen, schweinische Zeichen mit den Händen, wenn ich vorbeigehe. Irgendwie hat er meinen Namen erfahren. »Nin«, ruft er. »Nin, meine süße Braut!«
    Und da ist Arne. Der Lange mit der milchweißen Haut, mit seinen silbernen Haaren und seiner Flöte. Er sagt kein Wort zu mir, wenn ich näher komme, schaut mich nur an, wie ein hungriger Geier, und spielt dabei auf der Flöte, recht hübsch. Daisy sagt, er habe das für mich komponiert und ich solle stehen bleiben und ihm zuhören. Mach ich aber nicht.
    Daisy gefällt immer noch der Kirschenfresser mit den gelben Haaren, und sie ist wütend, weil er ihr nicht zugesprochen wird als Freund, denn vorher muss er noch andere ältere Frauen begatten. Von ihm stammt Miu-Miu, die kleine Blonde. »Er bringt’s eben«, sagt Daisy. Er heißt Pacco und sagt, er sei nicht abgeneigt, mit Daisy eine Beziehung aufzubauen. »Bevor er hier im Männerhaus landete, soll er angeblich Heiler gewesen sein«, sagt Tara.
    Das alles macht mir nicht viel aus. Ich finde es sogar vergnüglich. Tara sagt, man würde mich keinesfalls zu etwas zwingen. Aber nun herrscht Unruhe im Ashram, und alle spüren das, auch die Männer.
    Immer wieder brechen zwei oder drei von ihnen aus und müssen eingefangen werden. Man hat den Zaun um ihrGehege verstärkt, aber es gibt Tage, da rotten

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