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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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das mechanische Hundevieh. Ich habe ganz vergessen, wie er aussieht, ganz wie ein lebendiger Köter, aber noch bewegt er sich nicht.
    »Pass auf«, sagt Hector und tastet am Bauch entlang. »Jetzt passt auf !« Und da, ein surrendes Geräusch, Lichter glühen auf unter dem Fell, und das Vieh schüttelt sich, als käme es gerade aus dem Wasser, macht die Vorderbeine lang, streckt sich, gähnt und springt vom Tisch.
    Mingus hockt schon bei ihm und streckt die Arme aus wie eine Mutter nach ihrem verlorenen Kind.
    »Guten Morgen, Nin«, sagt das Vieh, und Mingus umarmt ihn ungeschickt und schüttelt traurig den Kopf. »Mingus«, sagt er. »Guten Abend, Mingus«, und der Hund macht sich los und sagt: »Wo ist Nin?«
    Aber Mingus hat keine Antwort, und auch wir schütteln die Köpfe.
    »Gonzo«, sage ich, »schön dich zu sehen.«
    Und Gonzo wedelt schwach mit dem Schwanz und sagt: »Boxenstopp, aber dalli!«

MINGUS
    Vor Aglaia kann man hier im Camp nichts verbergen. Schon am nächsten Abend ruft sie mich zu sich und fragt mich, wie es geht mit Gonzo und ob ich meinen Proviant für die Reise beisammenhabe. Sie betrachtet mich aus schmalen Augen. Ich habe keine Lust, sie zu packen und zu küssen. Ich habe auch keine Lust zu lügen.
    »Gonzo ist in Hochform«, sage ich nachlässig. »Und ja, Proviant habe ich genug.«
    »Wann willst du los?«, fragt sie, ohne mich anzusehen.
    »Bald«, sage ich. Sie wird mich nicht aufhalten.
    »Ich komme mit«, sagt sie.
    »Nein«, sage ich, »Alan kommt mit, er hat …«
    »Ich komme mit«, sagt sie. »Es wird gefährlich dort. Du weißt es nicht, aber der Präsi ist dort und wartet darauf, dich endlich zu schnappen. Das weiß ich von Ubu. Du kannst mir glauben. Alan ist ein alter Mann. Ich bin eine Kämpferin. Du schuldest mir … das …« Sicher will sie eigentlich sagen, ich schulde ihr Gehorsam, aber sie weiß, wie ich auf so etwas antworten würde.
    »Ich-habe-eine-Mission«, sagt sie und betont jedes Wort. »Ich muss mein Volk aus der Knechtschaft führen.« Immer spricht sie so seltsam, wie jemand in den Flimmergeschichten. Sie zieht auch noch das Schwert aus der Scheide und hält es hoch.
    »Na gut«, sage ich. »Aber ich mache nicht mit bei deinem Kampf, das ist dir doch klar, Aglaia.«
    »Was willst du denn dann dort?«, fragt sie erstaunt.
    »Ich will in den Wald, den Wald, den ich kenne, den Wald, in dem ich mit Nin war. Ich werde dort leben … allein, aber ich kann dich ja irgendwo absetzen. Dich und dein Schwert.«
    »Morgen«, sagt sie und steckt das Schwert zurück in die Scheide. »Morgen. Der Hund wird uns fliegen.«
    »Gonzo ist frisch gewartet und voller Reiselust«, sage ich und lache.
    Sie lacht nicht.
    Wir fliegen nach Süden. Es ist früher Morgen und der Himmel voller kleiner Wölkchen. Gonzo summt und klickt. Ich esse mein erstes Stück geräucherten Fisch. Aglaia schweigt düster. Es ist eng in der Kabine.
    »Was hast du nur immer mit dieser Nin?«, fragt Aglaia. »Du warst doch nur ganz kurz mit ihr zusammen. Wieso machst du so ein Getue um das kleine Ding. Immer noch? Immer neu? Das ist jetzt über zwei Jahre her.«
    »Das verstehst du nicht«, sage ich und werfe Gonzo einen Blick zu. Aber der schaltet Musik ein, ein Lied, das Nin gerne hört, das hat er mir oft gesagt.
    »Sie ist tot«, sagt Aglaia.
    Ich antworte ihr nicht.
    »Du willst nicht von ihr sprechen?«, fragt Aglaia und legt mir die Hand auf den Nacken. Ich schüttle die Hand ab.
    »Tut es dir noch weh?«, fragt Aglaia weich.
    Ich nicke.
    Wir steigen höher.
    »Es wird eine lange Reise, hier zusammengepfercht in dieser engen Kapsel. Ich werde dich trösten!«
    Aber das kann sie nicht.

NEILA
    Sie haben alle Libellen, ja sogar den Chopper sabotiert. Wir, hier im Ashram, sind tagelang krank und so schwach, dass die Kinder und die Mütter, die ja verschont geblieben sind, die Kühe melken müssen und Essen kochen. Alles verkommt. Alles bricht zusammen. Wie habe ich ihnen nur trauen können, vor allem Tara? Aber sie schien sich so schön wieder einzufügen in die Gemeinschaft. Sie sind mir zuvorgekommen. Verbrecherinnen. Mutter wird sie vernichten. Aber dabei müssen wir helfen. Sobald die Mädchen die Flugmaschine klarhaben, schick ich sie los. Ich werde hier gebraucht, aber ich habe Lust mitzufliegen. Mal sehen. Noch basteln sie an den Libellen, und die Zeit läuft uns davon.

BORIS
    Ich liege seit Tagen flach. Matt werkelt alleine auf dem unwegsamen Terrain, fliegt auch mal mit dem Flughund zur

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