Minus 0: Märchen-Thriller (German Edition)
rief George Power. „DIE SIE FÜHLEN LÄSST, WIE SIE SICH NOCH NIE GEFÜHLT HABEN, JUNGER MANN! SCHEISSE!“
Der Kartenspieler beförderte das erste Stück der Mandarine in seinen Mund. „Immer langsam mit den jungen Pferden. Ihre Kunst scheint mir sehr speziell zu sein.“
„FÜHLEN SIE DIE KUNST?“
„Wenn Sie aufhören mich anzuschreien... Vielleicht.“
George Power musterte den Kartenspieler etwas genauer. Ein Auge schloss er, mit dem anderen fokussierte er das Gesicht des Kartenmanns. „Junger Mann, Sie kommen mir bekannt vor.“
„Muss sich um eine Verwechslung handeln.“
„Nein doch, ich glaube ich habe Sie schon einmal in Blutwäldchen gesehen... DA HAB ICH GENAU DAS RICHTIGE FÜR SIE!“
George Power griff in seine Tasche und zog ein Ölgemälde hinaus. Er präsentierte dem Kartenspieler das Bild eines jungen, dürren Mannes, mit schwarzen Haaren, einem 3-Tage Bart und einen rauchenden Revolver in der rechten Hand. In seiner linken Hand hielt die Figur einen abgeschnitten Frauenkopf an ihren blonden Haaren fest.
„Dieses Bild stellt einen der berühmtesten, NEIN, sogar der berühmteste Revolverheld unserer Zeit da“, erklärte George Power. „Zack, der berüchtigte Zack, der schneller seine Waffe zieht, als jeder andere Mann dieser Welt. In den Händen eines seiner Opfer; Olivia eine ehemalige Führerin der zerstörten V3.“
Der Kartenspieler lachte unbeeindruckt auf. „Tatsächlich?“
„Junger Mann, sie wirken nicht beeindruckt.“
„Ich kenne den Kerl“, sagte der Kartenspieler und schnippste das nächste Mandarinenstück in seinen Mund. „Der kann sich ja nur an Weibern vergreifen.“
George Power schüttelte den Kopf. „Aber nein, nein. Erst gestern ermordete er den sagenhaften Kartenspieler und ließ seine Leiche elendig in den Höllenfeuers des verruchtesten Theater der Stadt verbrennen.“
„Wirklich?“, fragte der Kartenspieler grinsend. „Scheint ja doch ein kesser Typ zu sein.“
Ist es das Willi?, dachte sich der Kartenspieler. Willst du mich provozieren und mich aus der Reserve locken? Dein Plan ist jämmerlich. Einmal dem Tod von der Schippe gesprungen, willst du es noch einmal provozieren. Willst du das?
George Power rief dem Kartenspieler zu, der sich umdreht und weiterging: „HEY! Warten Sie! Ich hab noch ganz andere tolle Bilder!“
Als ihm der Kartenmann einen Goldtaler zuschnippste, hielt auch der verwirrte Künstler seinen Schnabel.
Und jetzt soll ich nach Blutwäldchen kommen und mich für die Beschmutzung meines Rufes rächen? Der Kartenspieler lachte. Und an Blutwäldchens Tor lauert ihr mir mit Kanonenkugeln auf, ist es das? Aber ich kann euch beruhigen: Ich werde kommen. Ja, das werde ich. Doch nach euren Regeln spiele ich nicht.
Lachend verließ der Kartenspieler die Stadt und machte sich auf den Weg nach Blutwäldchen.
6
Zur Nachmittagszeit war Blutwäldchen wie leergefegt. Alle Bewohner verschanzten sich in ihren Häusern und nur die allermutigsten linsten durch die Gardinen hindurch nach draußen. Um das Baumhaus herum patrouillierte Frederick und hielt in seinen Händen eine Holzkeule. Am Dorfigel stand prüfend Willi und behielt die Uhr auf dem Kirchturm im Auge. Das Dorftor wurde von Löckchen bewacht, der seine Flinte bereithielt. Alle trugen um den Hals eine gelbe Trillerpfeife, um sofort los zu pfeifen, sobald sie den Kartenspieler erblicken sollten.
In Lücs Zimmer saß Zack auf der Bettkante neben der schlafenden Lüc, die sich in ihrem weißen Bettlaken eingewickelt hatte. Er streichelte sanft ihre schwarzen Haare, die unter der Bettdecke herausragten. Durch das offene Fenster hörten sie leise die Rotkehlchen zwitschern. Im Zimmer roch es stark nach dem zitronigen Reiniger, mit dem Frau Kraskovna noch vor Stunden den Laminatboden geputzt hatte.
„Ruh dich noch etwas aus. Nur noch diesen Tag. Danach ist alles vorbei“, sagte Zack leise. „Big Love ist vorbei. Der Kartenspieler ist vorbei. Wir werden alle sicher sein. Dafür werde ich sorgen...“
Lüc schnaufte verschlafen. „Glaubst du, das wird klappen?“
„Pssscht. Ich wollte dich nicht wecken... Mach dir keine Sorgen. Der Kartenspieler wird uns schon in die Falle gehen. Das Bild und das verbreitete Gerücht, ich hätte ihn getötet, wird ihn zu mir locken. Und dann ist er Geschichte...“ Er stand von der Bettkante auf. „Schlaf schön weiter. Wenn du aufwachst, bist du sicher.“ Er ging zur Tür und warf Lüc einen letzten Blick zu. „Ich liebe
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