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Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)

Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)

Titel: Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Theis
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nur einmal nach meiner Meinung zu fragen. Diese Welt wird beeinflusst von über sieben Milliarden Entscheidungen pro Atemzug jedes einzelnen Menschen. Die Erde wird davon buchstäblich überflutet und wir selbst sehnen uns nach einem Damm vor diesem Tsunami namens Veränderung. Ich als einzelner kann wenig bewirken, glaubte ich. Doch dann bekam ich unter Willis Kommando die Möglichkeit, mich für Blutwäldchen einzusetzen. Ich konnte zum ersten Mal in diesem Kampf gegen die Flutwelle mitmischen. Selbstverständlich reicht unser Einfluss kaum über die Grenzen von Blutwäldchen hinaus, aber wir können das Schicksal nach unserem Willen schmieden. Es ist kein erwähnenswerter Teil dieser Welt, aber es gibt mir das Gefühl, nicht mehr die Marionette des Schicksals zu sein, im Gegenteil, ich habe etwas in der Hand und wenn es nur der Abzug meiner Flinte ist.“
    „Bring es mir bei“, forderte Rebecca.
    „Was genau meinst du?“
    „Deine Waffe. Nicht, dass ich jemanden erschießen möchte, aber ich möchte es nachvollziehen können. Ich meine: Dich nachzuvollziehen.“
    „Nun, da gibt es nicht viel zu erklären. Wichtig ist, dass du als Laie den Finger vom Abzug lässt, aber so lange du den Vorderschaft nicht nach hinten ziehst, gelangt keine neue Patrone von dem Magazin in den Lauf. Davor ist die Waffe entspannt und nicht geladen oder eine leere Hülse steckt im Lauf fest. Die leeren Hülsen sind absolut ungefährlich, doch ich ziehe den Vorderschaft meist lange vor einer Konfrontation nach hinten, um schnell einen Schuss abgeben zu können, wie bei diesem Zigeunerriesen. Gewohnheitssache.“
    Rebecca sah ihn überfordert an. „Halt, halt. Nicht so schnell. Bis zu meiner Schicht bleibt mir eine gute halbe Stunde. Wenn es dir nichts ausmacht, dann lass uns die Zeit nehmen.“
    „Klar“, sagte Löckchen lächelnd. „Ich werde es dir langsam erklären.“
     
     
    12
     
    Durch das eine Auge, das ihm noch verblieb, erkannte er eiskalte, blaue Linien, die sich wie ein Spinnennetz aufspalteten und letztendlich doch alle miteinander verbunden waren.
    Langsam fokussierte sich sein verschwommenes Sichtbild. Es war eine Eisblume, die sich an der dünnen Fensterscheibe bildete. Die frostigen Farben am anderen Ende der Fensterscheibe standen im Kontrast zu den warmen, rosa Farben in Lücs Zimmer.
    Er verzichtete auf jegliche Schmerzmittel, in der Furcht, sie könnten seine Sinne dermaßen beeinträchtigen, dass er in einem Kampf nicht vollständig zur Verfügung stehen würde. Lieber quälte er sich selbst mit seiner Pein, wobei diese seine Sinne wenn nicht gleich viel mehr beeinträchtige als eine gute Dosis Betäubungsmittel.
    Was er fühlte, hätte Zack nicht als Schmerzen definiert, eher als eine Art Jucken. An der Stelle, wo einst sein rechtes Auge war, spürte er in ruhigen Momenten wie diesen ein unangenehmes Jucken, als wäre sein Auge immer noch da und würde danach flehen, die Augenlieder aufzureißen und die Welt wie einst erblicken zu können. So sehr er wollte, er konnte dem Gefühl nicht nachgehen. Bei dem Versuch in seiner rechten Augenhöhle mehr zu spüren als das krampfhafte Jucken, verkrampfte sich sein ganzer Körper. Er wälzte sich von Bettende zu Bettende, rieb sein Kopf gegen die Bettwäsche um das Jucken zu besänftigen, was ohne Erfolg blieb.
    Das Jucken erinnerte ihn daran, dass er versagt hatte. Es erinnerte ihn daran, dass irgendwo da draußen noch eine Gefahr herumlief, die es zu bewältigen galt. Es erinnerte ihn an einen verlorenen Freund, dem er nicht mehr trauen konnte.
    Ab und an öffnete er sein Auge und blickte die Zimmerdecke an. Gefolgt von einem unruhigen Blick zur Uhrzeit, die in jeder von ihm gefühltem Minute um eine Viertelstunde voranschritt. Mit jedem Blick erhellte sich die Nacht, die er durch die Risse in der Eisblume erkennen konnte.
    Während er sich im Bett umher wälzte und versuchte sein Jucken zu dämpfen, spürte er nicht, wie ihn langsam die Müdigkeit einnahm. Er schlief in kurzen Intervallen ein, bevor er wieder aufwachte und versuchte sein verlorenes Auge zu spüren. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Lüc sich umsorgend über ihn lehnte, ihre kalten Finger sanft über die juckende Stelle auflegte und fragte, wie es ihm ging. Er sagte ständig zu ihr, sie solle ihre Tabletten nehmen. Danach drehte er sich wieder zur Seite und schlief ein. Jedes Mal, wenn er Lücs Stimme hörte, wurde er aus dem Schlaf gerissen. Oftmals sprach sie gar nicht zu ihm. Die Person, zu der

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