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Minuszeit

Minuszeit

Titel: Minuszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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den Boden heranzukommen und dann gerade und horizontal über ihm zu fliegen, bis nachlassende Geschwindigkeit und Eigengewicht den Rest besorgten. Theoretisch, so hatte Pebbles ihm immer wieder gesagt, gebe es keinen Unterschied zwischen korrektem Fliegen in tausend Metern oder in einem halben Meter Höhe.
    Carson glaubte, dass seine Höhe einen halben Meter betrage, aber er konnte es nicht wissen. Er war in der Mitte der Landebahn, die Tragflächen lagen waagerecht, und die Geschwindigkeit fiel ab. Er brachte die Nase sanft ein wenig höher, um das Aufsetzen so lange wie möglich hinauszuzögern. Der Geschwindigkeitsmesser stand fast richtig, er fühlte die Maschine sinken …
    Es gab keinen Stoß, nur ein schönes, gleichmäßiges Rumpeln der Räder auf dem Beton.
    »Eine akzeptable Landung«, sagte Maxwell. »Lassen Sie mich sehen, ob es nur Zufall war.«
    Carson gab im Ausrollen Gas, startete durch und machte alles noch einmal. Als sie wieder unten waren, fragte er: »Noch eine Runde?«
    Maxwell schüttelte seinen Kopf. »Halten Sie am Ende der Landebahn, und lassen Sie mich aussteigen. Dann versuchen Sie es allein. Nur eine Runde über dem Flugplatz, klar? Und denken Sie sich nichts dabei, Mr. Carson; Sie werden es schon hinkriegen.«
    Wenn es überhaupt einen Unterschied gab, dann den, dass Carson noch vorsichtiger war. Er wusste, dass Maxwell unten stand und jedes Manöver beobachtete. Der Mann im Kontrollturm mußte Maxwell beim Aussteigen beobachtet haben und wissen, dass Carson seinen ersten Alleinflug machte; wahrscheinlich hatte er ihn im Feldstecher. Auch die Leute im Klubhaus würden inzwischen verständigt sein, und der Barmann würde die Runde vorbereiten, die Carson zur Feier des Tages schmeißen würde, und für das anschließende Zechgelage Flaschen kalt stellen …
    Es gab nur einen Moment, als er die Maschine auf fünfhundert Meter gebracht hatte, wo Carson sich fürchtete und fragte, was er ganz allein hier oben tue. Dann sah er die Erde unter sich, die kleinen, hellen Gebäude der MacNaughton-Klinik und die Felder zwischen ihr und dem Flugplatz, und er wurde ärgerlich und vergaß seine Angst.
    Alles dies war das unmittelbare Resultat seiner Bemühungen, das Geheimprojekt durch sein mutmaßlich schwächstes Glied aufzuknacken, und er fühlte sich irgendwie schuldig, dass er Sicherheitsaufgaben und Vergnügen miteinander vermischt hatte. Pebbles hatte ihn fliegen gelehrt. Der schüchterne, stotternde, gehemmte Pebbles, der nun viel mehr als ein schwaches Glied zu werden schien.
    Spitzenpiloten wurden gemacht und nicht geboren. Sie wurden aus dem besten physischen und geistigen Material gemacht, und Pebbles gehörte zweifellos in den ersten Rang. Spitzenpiloten wurden nicht aus Menschen der Kategorie gemacht, der anzugehören Pebbles vorgab, und sie waren nicht ehemalige Patienten von Anstalten wie der MacNaughton-Klinik. Pebbles hatte sein Werkzeug sein sollen, mit dessen Hilfe er Einzelheiten und Endzweck des Projekts ermitteln wollte, damit er es schützen konnte.
    Nun begann er sich zu fragen, ob Pebbles der Mann sei, vor dem er es schützen sollte …
    Zu seiner Überraschung stellte er in diesem Moment fest, dass sein stärkstes Gefühl für Pebbles ein Gefühl von Dankbarkeit war.
    Selbst wenn Pebbles ein Spion war, mit allem, was das beinhaltete, fühlte sich Carson überzeugt, dass das Gefühl sein ganzes Leben mit ihm bleiben würde.
    Später im Klubhaus war er überrascht, unter den schulterklopfenden, knuffenden und Beleidigungen schreienden Gratulanten Wayne Tillotson zu sehen; dabei war es weniger die Anwesenheit des Testpiloten, die ihn überraschte, als vielmehr sein Zustand.
    Tillotsons Stimme lallte, als er sagte: »Vorwärts, Carson, lassen Sie auffahren, damit ich mich revanchieren kann. Ich habe nämlich auch eine Party, wissen Sie, kein besonderer Anlaß. Und meine Gratulation. Ein Jammer, dass John nicht da ist. Er sagte mir, dass Sie allein fliegen könnten …«
    »Mir hat er es nicht gesagt«, antwortete Carson.
    Er hatte Tillotson nie zuvor betrunken gesehen oder auch nur gehört, dass der Mann eine Schwäche für den Alkohol hatte. Aber es war ein Zustand, der auf Ausrutscher der Zunge hoffen ließ – vorausgesetzt natürlich, dass er die Konversation auf das richtige Gleis bringen konnte. Nachdenklich sagte er: »Ich wünschte, er würde mehr reden – über sich selbst, meine ich. Ich habe ihn wirklich gern, aber ich wünschte, er würde sich mehr aufschließen. Ich

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