Mir verspricht dein Name Liebe
besuchten die Gäste die hauseigene Schnapsbrennerei, in der in kleinen Vertriebsmengen ein exquisiter Obstler hergestellt, in ausgefallene Flaschen gefüllt und nur an exklusive Geschäfte in Hamburg geliefert wurde.
Zum Schluss durften sie auch noch in die große Bibliothek hinein, in der Hunderte von uralten Büchern und Schriften in raumhohen Vitrinen aufbewahrt wurden. Das war das Reich der Baronin von Horsten.
Sie war das Gegenteil ihres Gatten, groß und schlank mit graublonden, glatten Haaren, die offensichtlich von einem Topfriseur geschnitten worden waren. Ihre Kleidung war zurückhaltend elegant, die einer wirklichen Dame. Auch im Charakter glich sich das Ehepaar nicht. Die Baronin war eher zurückhaltend in ihren Äußerungen, aber sie schien die gleiche Herzensgüte zu besitzen wie ihr Gemahl.
Ihre Tochter Melina war eine gelungene Mischung aus beiden, sie war mittelgroß, mittelkräftig und hatte einen blonden Lockenkopf, den sie von ihrem Vater geerbt haben musste. Sie war nicht so überschwänglich wie ihr Vater, aber auch nicht so zurückhaltend wie ihre Mutter. Doch in ihrer Liebe zu Büchern war sie ganz das Ebenbild der Baronin von Horsten. Gerro konnte die Augen von seiner Angebeteten nicht lassen, wie Tristan und Isolde lächelnd bemerkten.
Vor dem Abendessen wurden dann Aperitifs und Erfrischungen auf der Terrasse gereicht. Auch die Baronin von Barlinghausen erschien dazu. Man plauderte über das Gesehene und Erlebte. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung.
Und plötzlich platzte Damian mit einer ungewöhnlichen Bemerkung heraus. „Tristan“, rief er, „alle, die hier sitzen sind Adelige, nur wir beiden haben kein „von‘ vor unserem Namen!“
Alle lachten. Doch Raban sagte schnell: „Ich doch auch nicht, ich heiße auch einfach Raban Hollenbusch!“
„Ja, aber du bist wenigstens halbadelig!“
Wieder mussten alle lachen und Frau von Horsten sagte gütig mit einem Seitenblick auf die Baronin von Barlinghausen: „Das ist doch wirklich nicht entscheidend für den Wert eines Menschen. Ihr seid alle drei sehr sympathische junge Männer!“
„Vielen Dank, Frau von Horsten“, lachte da Tristan, „aber Sie müssen uns nicht trösten, denn auch wir beide sind adliger Abstammung!“
Da machten alle erstaunte Gesichter und Isolde fragte glücklich: „Wie denn das? Ihr habt doch kein „von“ vor eurem Namen.“
„Mein Vater erzählte mir, als ich noch ganz klein war, dass sein Vater, also mein Großvater, in den fünfziger Jahren damals in dem heutigen Vorpommern aus politischen Gründen darauf verzichten musste.“, erklärte Tristan Bernhoff, “Aber soweit ich informiert bin, kann man dies wieder rückgängig machen.“ Die Baronin von Barlinghausen nickte dazu.
„Vielleicht stelle ich auch bald einen Antrag in dieser Angelegenheit“, fügte der junge Mann träumerisch hinzu.
Isolde lächelte vor sich hin. Ihre Mutter schaute ein wenig misstrauisch auf sie und dann auf Tristan, der sich zufrieden im Gartensessel räkelte. Dann ging ihr Blick zurück zu Isolde und um ihren Mund erschien ein sorgenvoller Zug.
Schließlich kam die Rede auf das kommende Sommerfest, das wie jedes Jahr auf Gut Horsten stattfinden würde.
Dieses Ereignis versammelte jedes Mal die Crème de la Crème der der lokalen feinen Gesellschaft. Außerdem war es nach und nach zu einem großen Heiratsmarkt für noch unverheiratete junge Leute der Adelshäuser in Norddeutschland geworden.
„Fürst Mark von Kornwallenburg wird dieses Jahr wieder dabei sein, Sophie“, wandte sich die Gastgeberin an die Baronin von Barlinghausen, „er ist wieder im Lande. Amerika scheint ihm doch nicht zugesagt zu haben.“ Bei der Erwähnung des Namens wurde die Baronin schreckensbleich.
„Was ist dir, Sophie?“ fragte sie Irmela von Horsten besorgt.
Aber diese winkte kraftlos ab. „Ich bin nur ein wenig unwohl, vielleicht ist meine Grippe noch nicht ausgeheilt“, sagte sie matt. Und dabei ließ man es beruhen. Aber Isolde schaute immer wieder forschend in das Gesicht ihrer Mutter, auf das sich ein Schatten gelegt hatte.
Am Abend saß dann eine wieder fröhliche Gesellschaft an der großen Tafel und speiste die feinsten französischen Köstlichkeiten, die der Koch aus Paris in aller Eile für dieses Diner vorbereitet hatte. Dazu wurde natürlich auch der neu entdeckte Wein des Hausherrn aus dem Weinbaugebiet des Vinsobre gereicht.
Tristan verglich unwillkürlich die beiden älteren Damen miteinander.
Weitere Kostenlose Bücher