Mir verspricht dein Name Liebe
nimmer! Ich hatte aber keinen Beruf, der uns hätte ernähren können.“ Wieder schwieg die Baronin und ein verlorener Ausdruck stand in ihrem Gesicht.
„Zu meinem Bruder Adalbert konnte ich nicht flüchten, wir hatten uns nach dem Tod unserer Schwester Helene wegen Raban entzweit! Ich war allein und verlassen und für zwei arme Waisen verantwortlich. Was sollte ich tun?“ Die Frage, die die Baronin heftig herausgerufen hatte, hallte in Isoldes Herzen nach.
„Sollte ich uns der Heimat berauben?“, fuhr Sophie von Barlinghausen fort, „Dich, die du das Gut über alles liebst? Wo hätten wir sonst hingehen können? Und was sollte aus Raban werden, dem Kind meiner geliebten Schwester? Sollte er ins Waisenhaus gesteckt werden? Nein, nein, nein!“ Die Baronin schrie die letzten Worte fast hinaus.
Isolde nahm zum ersten Mal die Entschlossenheit und Kraft ihrer Mutter bewusst wahr. Ein Teil ihres Herzens bewunderte sie. Sie hatte für die Ihren gekämpft, wenn auch mit unlauteren Mitteln.
Aber da waren noch viele Fragen offen, auf die sie eine Antwort brauchte. „Warum hat Vater das Gut dem Fürsten übertragen?“
„Er hatte es als Pfand für seine Spielschulden eingesetzt?“
„Woher weißt du das, Mutter?“
„Vom Fürsten selbst.“
„Vom Fürsten? Wusste er denn davon?“ Die Baronin nickte.
„Und auch von deinem Betrug?“ Wieder nickte die Baronin.
„Aber wie?“, fragte Isolde bestürzt.
„Ein paar Monate später besuchte mich der Fürst und befragte mich nach der Urkunde. Da konnte ich nicht mehr lügen und gestand ihm alles. Er war sehr böse.“
„Aber warum sind wir dann immer noch hier?“ Isolde verstand das alles nicht.
„Er wollte die Ehre unserer Familie, für die er freundschaftliche Gefühle hegte, retten. Er wollte keinen gesellschaftlichen Skandal hervorrufen. Er wollte unsere Lebenschancen nicht zerstören. Er ist ein ehrenwerter Mann, aber er forderte Ersatz.“
„Wie? Was für einen Ersatz? Wollte er dich als Gattin, Mutter? Und du hast aus Treue zu Vater nicht eingewilligt?“ Die Baronin schüttelte matt den Kopf und eine Träne stahl sich in ihr Auge.
„Erzähle, lass dir nicht jede Einzelheit aus der Nase ziehen!“, schrie Isolde. Sie war so erregt, dass sie sich im Ton vergaß. Und es verwirrte sie noch zusätzlich, als sie die tiefe Röte im Gesicht der Mutter bemerkte.
„Nein“, antwortete die Baronin, und es war als schwinge ein Bedauern in ihrer Stimme, „nein, er verlangte deine Hand, wenn du das fünfundzwanzigste Lebensjahr erreicht hast.“
„Was meine Hand!? Und was hast du gesagt?“
„Ich war einverstanden!“
Isolde konnte es nicht glauben. Das war nicht nachzuvollziehen. Ihre Mutter hatte über sie verfügt, als sei sie eine Sklavin. Sie war an diesen alten Mann einfach verkauft worden!
Sie konnte sich noch gut an ihn erinnern. Er war als Freund ihres Vaters oft Gast auf dem Gut gewesen. Sie hatte ihn gemocht. Sehr gemocht. Aber doch nicht als Gatten! Alles in ihr lehnte sich gegen diese Vorstellung auf. Das konnte nicht wahr sein. Aber als sie in das ernste und betrübte Gesicht ihrer Mutter schaute, wusste sie, dass ihr Schicksal damals besiegelt worden war.
„Und warum erzählst du mir das heute, Mutter, ich bin doch erst dreiundzwanzig.“
„Ich habe dich mit diesem Tristan beobachtet. Ihr machtet einen verliebten Eindruck. Ich möchte nicht, dass du dich ihm so früh verpflichtest. Für mich hat deine Verbindung mit dem Fürsten den Vorrang!“ Isolde konnte nichts entgegnen und schwieg.
„Aber ich weiß, dass ich auch an dir unrecht gehandelt habe“, fuhr die Baronin fort, „das schlechte Gewissen dir gegenüber belastet mich so sehr, dass ich mich dir offenbaren musste. Es ist an dir zu entscheiden, wie unsere Zukunft aussehen wird.“
Alle Kraft wich von der jungen Isolde. Wie eine schwere Last ruhte die Unehre auf ihr. Einen kurzen Augenblick schwankte sie, aber dann war ihr Entschluss klar. Sie würde sich gegen ihre Verpflichtung nicht auflehnen. Das von der Mutter begangene Unrecht musste wieder gut gemacht werden. Und diese Rolle fiel nun mal ihr zu. Die Ehre ihrer Familie war auch ihre Ehre. Und nur sie konnte wieder alles rein waschen. Ihr eigenes kleines Glück war dabei nicht wichtig!
Diese tapfere kleine Baroness sah ein, dass sie gleich handeln musste, bevor sie in ihrem Entschluss zu schwanken begann. Sie musste es sofort übers Herz bringen, ihrem Geliebten von diesem Schicksalsschlag zu
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