Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)
auf dem Steinboden der großen Halle.
Es wurde ganz still.
Und nur einen Augenblick später starrten ungefähr hundert Augenpaare auf das kleine Fenster, hinter dem Mira und Rabeus sich verborgen hielten.
19. Kapitel
in dem Mira Rabeus sehr verblüfft
»Versperrt alle Zugänge!«, rief die schwarze Hexe. »Sie dürfen uns nicht entkommen!«
Es entstand ein unglaublicher Tumult. Alle Zauberer sprangen von ihren Stühlen auf und drängelten sich eilig zur Tür am Ende des Saals.
»Lassen Sie mich durch!«, rief der neu gewählte Vizeratsvorsitzende. Er und seine eifrigen Mitstreiter aus den vorderen Reihen versuchten als Erste bei der Tür zu sein.
Nur der Vorsitzende selbst blieb mit versteinerter Miene auf seinem Platz sitzen.
Netaxa, das kleine Geistwesen, das vor ihm saß, erhob sich von der Tischkante und betrachtete neugierig das Durcheinander um sie herum. Sie versuchte ein Lächeln zu verbergen, während sie zum Notizbuch zurückschlenderte. Dort setzte sie sich mit überkreuzten Beinen auf die Seiten und verschwand mit einem kurzen goldenen Aufleuchten.
Mira und Rabeus liefen indessen den dunklen unterirdischen Gang zur Litfaßsäule entlang. Mira fühlte sich schwindelig.Während sie hinter Rabeus die Wendeltreppe hinaufrannte, pochte das Blut in ihren Schläfen. Mirandas Mutter gehörte zu den schwarzen Zauberern!
Oben angekommen, klopfte Rabeus dreimal gegen die innere Wand der Säule. Sie öffnete sich. Alles sah aus wie vorher. Die Straßenlaterne schickte ihren orangefarbenen Schein auf die leere Straße. Doch nur einen Augenblick später öffnete sich die Kellertür.
»Dort hinten gibt es eine kleine Gasse«, flüsterte Rabeus und deutete auf das Ende der Dreifußstraße. »Versteck dich in dem alten Haus auf der rechten Seite!« Den letzten Satz hörte Mira nur noch in ihrem Kopf. Rabeus hatte sich in einen Luchs verwandelt.
»Lauf!«, hörte Mira Rabeus’ Stimme. »Lauf schnell!« Mira ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie rannte so schnell sie konnte die Straße hinunter und sah aus den Augenwinkeln, wie ein paar Zauberer die Kellertreppe emporhasteten.
»Da ist er! Er hat sich verwandelt!«, rief ein Mann.
»Warum hat keiner das Pulver dabei?«, hörte sie Xenias schrille Stimme hinter sich durch die Straße hallen. »Oh, ihr unnützen Hohlköpfe!«
Am Ende der Dreifußstraße bog Mira ab. Sie sah das baufällige Haus. Im Hinterhof war es dunkel und Mira verbarg sich hinter einem alten Holzschuppen.
Hoffentlich konnte Rabeus seine Verfolger abschütteln! Und dann spürte Mira neben ihrer Angst noch etwas anderes. In ihrer Kehle steckte ein Kloß, ein dicker Kloß. Sie konnte ihn nicht hinunterschlucken. Tränen schossen ihr in die Augen. Gehörte Miranda wie ihre Eltern zu den schwarzen Zauberern?
Hatte sie deshalb allein die Kugeln gestohlen? Hatte sie alle betrogen?
In diesem Moment legte jemand von hinten die Hand auf Miras Schulter.
Ihr Herz setzte für einen Moment aus. Doch dann klopfte es wieder. Hinter ihr stand Rabeus. Er hatte sich in einen Jungen zurückverwandelt.
»Lass uns hier kurz warten«, flüsterte er.
Die Kinder saßen eine Weile in der Dunkelheit und hörten, wie Xenia sich in der Ferne mit den anderen beiden Verfolgern stritt.
Mira wischte sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen. »Warum habt ihr mir nie erzählt, dass Mirandas Mutter zu den schwarzen Zauberern gehört?«, fragte sie leise.
Rabeus biss sich auf die Lippen. »Ich dachte, das wusstest du.«
Mira schüttelte den Kopf. »Miranda hat mir nie etwas gesagt.«
Die beiden Kinder schwiegen eine Weile.
»Wann ist denn Mirandas Mutter übergelaufen?«, fragte Mira schließlich vorsichtig.
Rabeus sah sie unbehaglich an. »Mirandas Eltern sind nicht übergelaufen. Sie waren schon immer schwarze Zauberer.«
Es entstand eine längere Pause. Mira hörte eine Weile nur noch ihren eigenen Herzschlag.
»Und warum gehört Miranda dann nicht zu den schwarzen Zauberern?«, fragte sie schließlich.
Rabeus räusperte sich. »Sie ist von zu Hause weggelaufen, weil ihre Eltern ihr verbieten wollten, sich zu verwandeln. Dann hat sie bei der Hexe Fa gelebt.«
Die Kinder sahen sich kurz an. Rabeus kratzte sich an der Stirn. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Miranda die Kugeln gestohlen hat und uns nichts davon sagt. Das sieht ihr einfach nicht ähnlich!«
»Aber wer sollte sie sonst geklaut haben?«, fragte Mira.
Rabeus zögerte. »Wenn sie die Kugeln hat, ist sie auf alle Fälle in
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