Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)
großer Gefahr. Die schwarze Hexe wird nach ihr suchen.«
Er stand auf und lauschte. Es war ganz still und auch die Schritte der schwarzen Zauberer waren verklungen, doch Rabeus legte den Zeigefinger an die Lippen. »Sie warten auf uns am Ende der Straße.«
Er bedeutete Mira mitzukommen. Hinter dem Schuppen war eine Mauer, die den Hinterhof von dem Hof des Hauses gegenüber trennte. Rabeus kletterte von der Papiertonne auf die Mauer und half Mira hoch. Auf der anderen Seite stand ein einzelner Baum, an dessen Ästen sie sich wieder hinabhangeln konnten. Unten angekommen, drückten sie sich gegen die Hausmauer und lugten vorsichtig um die Ecke. Der große Rathausplatz lag vor ihnen. Neptun wachte über die nächtliche Stadt und unter ihm sprudelten seine Meerjungfrauen. Sonst war keine Menschenseele zu sehen. »Ich glaube, wir haben sie abgeschüttelt«, murmelte Rabeus zufrieden.
»Ich weiß, wohin!«, flüsterte Mira und zog Rabeus mit sich. Die Kinder huschten über den Platz, vorbei an Neptun und den leeren Marktständen hin zu der Rathausmauer. Mira drückte sich gegen die unscheinbare Tür. Wie beim letzten Mal gab sie nach und die Kinder fielen in den engen Raum. Hier war es bis auf ihre gespannten Atemzüge ganz still, doch dann drangen Stimmen von draußen herein.
»Wo sind sie denn hin?«, fragte ein Mann. »Eben waren sie doch noch auf dem Platz.«
»Wie vom Erdboden verschluckt!«, sagte ein zweiter.
»Lass uns zu den anderen gehen«, war Xenias Stimme zu vernehmen. »Vielleicht finden die was am Kanal.«
Die Kinder hörten Schritte und weitere Stimmen, die sich entfernten.
»Wo sind wir?«, fragte Rabeus.
»In einem Eingang zur Spur der Drachen «, erklärte Mira.
» Du kennst einen Eingang?«, murmelte Rabeus überrascht.
Mira konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte sie nur und drehte an dem rostigen alten Schlüssel, den sie an der Tür gegenüber ertastete. »Sei vorsichtig, hier geht es die Treppen hinunter!« Als sie die Tür öffnete, hörte sie wieder das Rauschen und Gluckern des Flusses. Es war ihr mittlerweile schon ein vertrautes Geräusch und klang freundlich in ihren Ohren. Sie schlich die hohen Stufen hinab, gefolgt von Rabeus.
In der Halle wurde es heller. Das Wasser strömte durch die beiden Tunnel und brachte etwas silbriges Mondlicht mit, das auf den Wellen glitzerte. Rabeus entfuhr ein Ausruf des Erstaunens, als er den Drachen über dem Eingang entdeckte.
Sie setzten sich auf die unterste Treppenstufe und Mira zog ihre Schuhe aus.
»Was machst du da?«, fragte Rabeus.
»Wir müssen durch das Wasser. Dort gibt es einen Rätselgang, der direkt zum Keller der schwarzen Hexe führt.«
»Du willst in das Haus der schwarzen Hexe?«, fragte Rabeus entgeistert. »Durch einen Rätselgang?«
»Überleg mal!«, sagte Mira. »Wo würden uns die schwarzen Zauberer am allerwenigsten suchen?«
Rabeus sah sie zweifelnd an.
»Keiner wird vermuten, dass wir uns ausgerechnet im Haus der schwarzen Hexe verstecken«, sagte Mira. »Dort können wir in aller Ruhe überlegen, wie wir Miranda finden.«
Rabeus seufzte. »Schon möglich, aber mich bringen trotzdem keine zehn Pferde durch einen Rätselgang. Ich habe schon von genügend Zauberern gehört, die darin stecken geblieben sind! Und ich bin nicht lebensmüde.«
»Dann darfst du dich auch nicht mehr verwandeln!«, sagte Mira. »Du hattest Glück, dass sie dieses Pulver nicht dabeihatten.«
In diesem Moment leuchtete der Schein einer Taschenlampe durch das Gitter in die Halle.
Die Kinder drückten sich gegen die Mauer, um dem suchenden Lichtkegel zu entgehen.
»Siehst du was?«, fragte eine Männerstimme.
»Nein, hier ist doch nichts«, antwortete ein anderer Mann.
»Ich dachte, du hast Stimmen gehört?«
»Wenn da jemand ist, dann bleiben wir einfach hier und warten, bis sie herauskommen.«
»Ich glaube nicht, dass sich das lohnt.«
»Dieses Gitter lässt sich eh nicht öffnen!«
»Dann sitzen sie sowieso in der Falle!«
Die Männer lachten und entfernten sich. Die Kinder warteten regungslos, bis die Schritte und Stimmen nicht mehr zu hören waren.
Doch obwohl das Licht der Taschenlampe weg war, erhellte immer noch ein schwacher blauer Schein die Halle.
»Mira!«, flüsterte Rabeus, »du leuchtest!«
Mira sah verwirrt an sich herunter. Tatsächlich! Das blaue Leuchten ging von ihr aus. War das etwa ...?
Sie kramte in den Taschen ihrer Jeans und holte vorsichtig die kleine
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