Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
schließlich durch geschicktes Trimmen der Segel wieder davon losbekommen und so weitere Beschädigungen des Rumpfes verhindern können. Nebenher war die Schaluppe zu Wasser gelassen worden. Mit dem Beiboot wurden zwei Taue zum Westufer verbracht und von den Leibgardisten Elle für Elle eingeholt. Schließlich lag der Schoner in etwas ruhigerem Wasser fest vertäut auf Reede.
    Es dämmerte bereits, als am Horizont endlich die Dächer von Bolk auftauchten. Das Herzogtum und die gleichnamige Stadt lagen in einem breiten Tal, das der Kandenblood und seine Zuflüsse in die südlichen Ausläufer des Grotwalls gegraben hatten; Groterspund und Fendenspund vereinten sich vor den Toren. Am Ostufer des Kandenbloods bef a nd sich eine kleinere, unbewehrte Siedlung. Ihr gegenüber, umgeben von einer hohen Mauer, lag das eigentliche Herz von Bolk. Dessen Hafen erstreckte sich – anders als in Seltensund – bis in die Stadt hinein. Kleinere Schiffe konnten ihre Waren über ein Ne t z von Kanälen bis zu den gut geschützten Lagerhäusern hinter den Wällen bringen. Zur Flussseite sicherten gewaltige, unten mit Eisengittern versehene Tore die Residenz vor Eindringlingen. Bald würde sich zeigen, wie gut all diese Verteidigungswerke waren.
    Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten die Reiter das südliche Stadttor. Hauptmann Woogan brauchte nur sein  narbenübersätes Gesicht unter dem Helm zu zeigen, um für sich und seine Begleiter Einlass zu erhalten. Hinter ihnen wurde das Tor sofort wieder ges c hlossen.
    Durch die Gassen der Stadt ging es weiter zum Palast. In dem dichten Gedränge kamen die Pferde nur noch im Schritt voran. Offenbar hatten viele Flüchtlinge den Schutz der Mauern gesucht. Je näher sie der Festung kamen, desto öfter erkannte Twikus Häuser und Plätze wieder. Seit seinem letzten Besuch vor knapp sieben Wochen war die Stadt noch voller geworden. Schließlich erreichte die Gruppe das Tor der Stadtfestung. Woogan präsentierte ein weiteres Mal sein Antlitz und durfte passieren.
    Vor den Reitern öffnete sich ein schmaler Korridor, dessen Wände aus wuchtigen Mauern bestanden. Das Geklapper der Pferdehufe wurde dazwischen lautstark hin- und hergeworfen. Nach einem weiteren Tor hatten die Gefährten endlich den inneren Palastbezirk erreicht. Im F a ckellicht konnte Twikus die zahlreichen Gebäude kaum überblicken. Überall liefen geharnischte Soldaten und livrierte Bedienstete herum. Woogan hielt direkt auf das Hauptgebäude zu, einen gewaltigen Kubus aus riesigen Steinquadern und mit schmalen vergitterten Fenstern in den Untergeschossen, aber fast verspielten Stuckornamenten an den Gesimsen der oberen Stockwerke.
    Knechte sprangen herbei und nahmen den Ankömmlingen die Zügel ab. Woogan sprach kurz mit einem Mann, der den gleichen Harnisch trug wie er. D e r Gardist eilte über die Freitreppe zum Eingang des Palastes, das Tor wurde vor ihm aufgerissen und er verschwand im Gebäude.
    »Bitte folgt mir«, sagte der Hauptmann zu den Gästen und stieg nun seinerseits zum Portal hinauf.
    Twikus lief an Múrias Seite hinter dem Waffenmeister her, der sich zu Bombo hinabbeugte und leise sagte: »Ich bin nicht  mehr ganz auf dem Laufenden, was die militärische Hierarchie im Herzogtum angeht. Wer führt die Truppen derzeit an?«
    »Quondit Jimmar von Bolk«, antwortete Bombo. Seine
    Miene war seit der Havarie der Seskwin wie versteinert.
    »Ja, ja, aber ich meinte, wem werden wir Bericht erstatten?«
    »Quondit Jimmar von Bolk«, wiederholte der Kapitän.
    »Wollt Ihr damit sagen, Ihr braucht nur hier aufzukreuzen und schon gewährt Euch der H e rzo g ein e Audienz?«
    »Ja.«
    »Dann kennt Ihr einander schon von früheren  Begegnungen?«
    »Ja.«
    »Oh? Und ich dachte, Eure… Beziehung zum Herrscher von Bolk beruhe lediglich auf jener schwärmerischen Verehrung, die man für einen legendären Freibeuter hegt, über den viel gesprochen wird, den man aber nie zu Gesicht bekommt.«
    »Nein. Sie beruht auf einem gemeinsamen Feind namens Hjalgord. Allerdings kenne ich Qujibo schon von früher, als ich noch ein viel versprechender Kaufmann aus Bolk war. Der Herzog hatte mich e i nst bei Hofe eingeführt.«
    »Unser Kapitän ist ein Mann voller Überraschungen, mein  Lieber«, merkte Múria lächelnd an.
    Nachdem die Gefährten einen Lichthof betreten hatten, führte der Hauptmann sie durch ein Tor in eine Wandelhalle, von wo es über eine ausl a dende Treppe ins nächsthöhere Stockwerk ging. Hier mussten sie ihre

Weitere Kostenlose Bücher