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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Waffen abgeben. Anschließend geleitete Woogan sie in einen Vorraum, von dem aus man in einen Vorraum gelangte, der in einen Vorraum führte – jedes Empfangszimmer war größer und prächtiger als das vorherige. Eine zweiflüglige Tür von enormer Höhe öffnete sich schließlich zur Empfangshalle des Palastes.
    Der Raum war kühl und ziemlich groß. Dormunds Schmiede hätte bequem viermal hineingepasst. Riesige Kristalllüster  mischten weiches Kerzenlicht in den eher fahlen Schimmer, der durch die schmalen Fenster fiel.
    Die im Saal zur Schau gestellte Pracht eignete sich leider nicht zum Heizen. Fröstelnd lief Twikus an einigen der kupfernen, hier in verschwenderischer Menge aufgestellten Kohlebecken vorbei – selbst sie blieben nur kleine Inseln der Wärme. Staunend ließ er den Blick durch die Halle schweifen. An der leicht gewölbten Decke konnte er Wolken und fliegende Geschöpfe ausmachen – sogar einen Drachen –, die aus der Entfernung sehr echt anmuteten. Die Wände schmückten Motive aus Mirads reichem Sagenschatz, für deren Betrachtung dem Prinzen leider keine Zeit blieb. Über einen riesigen Teppich ging es zu einer Ansammlung von Stühlen, aus der ein goldenes, thronartiges Monstrum hervorstach, von dem aus den Besuchern kein Geringerer entgegenblickte als Quondit Jimmar Herzog von Bolk.
    Auf drei der anderen Stühle saßen Männer mit ernsten Gesichtern. Zwei trugen derbe Lederwämser, einer ein Kettenhemd. Vermutlich Generäle. Wie Twikus inzwischen wusste, nannte das Volk des Herzogtums sein Oberhaupt aus Gründen der Zweckmäßigkeit Qujibo – eine Zusammenziehung der Anfangsbuchstaben seines Namens. An dessen Kleidung konnte der Prinz jetzt mit eigenen Augen sehen, dass auch der Herrscher von Bolk eher das Praktische als das Präsentable bevorzugte. Qujibos braune Weste bestand ebenfalls aus Leder, wenngleich man am Faltenwurf sehen konnte, wie weich es war – mit dem Blick des Jägers tippte Twikus auf Hirschkalb. Goldene Knöpfe hielten es über der gewölbten Brust z usammen. Darunter trug der Herzog dunkelgrünen Samt, der seine muskulösen Arme eng umspannte. Die fast bis zum Schritt reichenden Stiefel waren wieder aus weicher Kälberhaut.   
    Als die Ankömmlinge sich bis auf wenige Schritte genähert hatten, erhob sich das Oberhaupt von Bolk. Sofort sprangen auch die anderen Männer von ihren Stühlen auf. Qujibos Statur glich einer gestreckten Ausgabe von Falgon. Er hatte ungefähr die Größe der Prinzen und musste an die fünfzig Jahre alt sein. Die roten Haare reichten ihm bis auf die Schulter, als dichter Vollbart bedeckten sie zudem die untere Partie des Gesichts. Von der sichelförmig gebogenen Nase aufwärts sah er eher gutmütig als Respekt einflößend aus. Aus grünen Augen blickte er Bombo erwartungsvoll entgegen.
    »Tretet nä h er, Rundar!«, dröhnte er mit tiefer Stimme und breitete gleichzeitig die Arme aus. »Als ich von Eurer Ankunft hörte, machte mein Herz einen Sprung. In Zeiten wie diesen können wir Männer wie Euch gebrauchen. Möge Eure Hoffnung nie sinken, mein teurer Freu n d.«
    Der kleine Kapitän verneigte sich. »Möge die Eure zur Sonne Eures Lebens werden, Hoheit. Ich verdiene die Worte nicht, mit denen Ihr mich ehrt; trotzdem danke ich Euch dafür. Leider bringe ich keine frohe Kunde, die zur Hoffnung Anlass gibt.«
    »Mein Adjutant deutete schon so etwas an. Doch ehe wir auf die unangenehmen Neuigkeiten zu sprechen kommen – wollt Ihr uns nicht verraten, wer Euch begleitet?« Qujibos grüne Augen schienen ein Stück größer zu werden, als er sich mit wohlwollendem Lächeln Múria zuwandte.
    Bombo stellte die Besucher vor. Er begann bei der Herrin der Seeigelwarte, ging zum Waffenmeister von Soodland über – den Quondit jetzt wiedererkannte –, lobte Dormund als besten Schmied des Herzlandes, überging wohlweislich das Käuzchen auf Twikus’ Schulter und deutete auf den Prinzen.
    »Zwar der Jüngste, aber doch von edlerem Blut als wir alle, ist dieser Recke: Twikus von Soodland, Sohn von Torlund dem Friedsamen.«   
    Die Überraschung war dem Herzog und seinen Generälen ins Gesicht geschrieben. Mit offenem Mund starrten sie den jungen Mann an.
    »Ich dachte, Torlunds Erben seien von Wikander vergiftet worden«, sagte Qujibo.
    »Ein Gerücht, das Múria und ich mit Bedacht am Leben erhielten«, erklärte Falgon.
    »Und warum habt Ihr nicht auch Ergil, seinen Bruder, mitgebracht?«
    Bombo kicherte.
    »Was belustigt Euch?«, fragte

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