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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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auch von den dunklen  Erinnerungen bef r eien.«
    »Rechne lieber nicht damit. Die schlimmen Bilder mögen noch lange in eurem Geist eingebrannt bleiben – ich spreche da aus eigener Erfahrung. Aber diese Narbe hat auch ihr Gutes. Sie kann dich und vor allem deinen hitzigen Bruder mahnen, im Umgang mit Waffen stets achtsam zu sein. Unterschätzt nicht den Wert dieser Lektion! Sie kann euch und anderen eines Tages das Leben retten.«
    Im ersten Licht des Morgens trug der Wald eine unheimliche Maske. Die Stämme und Büsche waren schwarz, der Raum dazwischen grau. Nebelschwaden waberten über den Boden und dämpften die Schritte der Pferde. Die Tiere der Nacht zogen sich still in ihre Verstecke zurück und die des Tages ließen ihre Stimmen nur so vereinzelt vernehmen, dass jeder Schrei wie eine Warnung klang.
    Twikus war inzwischen aufgewacht, hatte aber vorerst seinem Bruder die Kontrolle über den Körper belassen. Falgon und Ergil ritten schweigend nebeneinander dahin. Schekira saß wieder auf dem Kopf des Rotfuchses und hing, wie die anderen auch, ihren eigenen Gedanken nach.
    Nimm’s nicht so schwer, meldete sich unvermittelt die  Stimme des Bruders in Ergils Kopf.
    Keine Ahnung, wovon du sprichst, gab dieser zurück.
    Du wärst lieber im Wald geblieben. Ich kann dich verstehen, Ergil.
    Du bist unerschrocken, Twikus. Dich zieht es nach draußen, in die große weite Welt. Wie kannst du da wissen, wie’s mir geht?
    Meinst du, ich habe keine Angst gehabt, als Trigas Leute über uns hergefallen sind?
    Und doch hast du den Verräter besiegt.
    Nicht ich, wir haben das getan.
    Ist das d ein Ernst?
    Ja. Schekira hat es auch gesagt. Wenn von allen Geschwistern der Welt zwei zusammengehören und voneinander lernen, dann doch wohl wir. Nicht ich, sondern du hast als Erster unsere verzwickte Natur erkannt. Du warst es auch, der das Wort »Dorn« g erufen und damit das Verhängnis über Triga gebracht hat.
    Naja, ich wollte dir helfen.
    Vielleicht sollten wir das öfter tun.
    Ergil nickte. Keine schlechte Idee. Weißt du was, Twikus?
    Sag schon!
    Ich habe mir schon immer einen Bruder gewünscht.
    Etwa einen wie mich?
    Genau so einen wie der aus meinen Träumen.
    Eigentlich bist du auch gar kein so langweiliger Pilzhirte, wie ich immer gedacht habe.
    Danke. Ergil? Ja?
    Lässt du mich jetzt wieder reiten?
    Ein leises Kichern drang ans Ohr der Jungen. Ergil zog sich in den Hintergrund zurück und überließ Twikus das Fragen.
    »Was findest du so komisch, Kira?«
    »Entschuldigt.« Die Elvin hielt sich die Hand vor den Mund, um ihr breites Grinsen zu verbergen. Als sie den Arm sinken ließ, war davon nur noch ein Schmunzeln übrig ge blieben . »Es sieht immer so lustig aus, wenn ihr zwei miteinander redet. Vielleicht solltet ihr noch üben, im stillen Zwiegespräch weniger euer Gesicht zu gebrauchen. Wir werden demnächst unter Menschen kommen, die euch sonst womöglich für einen Schwachkopf halten.«
    »S o sieh t e s aus?«
    »Ich kenne mich mit Dümmlingen nicht besonders gut aus, aber ich würde schätzen, ja.« Ihre Hand flog wieder zum Mund und sie kicherte abermals.
    »Kira hat Recht«, mischte sich Falgon in die Unterhaltung ein. Sein Gesicht blieb ausdruckslos.
    Twikus schwieg, weil er sich wie ein Idiot fühlte.
    Kurze Zeit später kam der Waldrand in Sicht. Die Veränderung kündigte sich durch ein helles Licht an, das zwischen den Bäumen hindurchfiel. Bald wurden erste Einzelheiten erkennbar: Felder, die eine große Ebene wie  verschiedenfarbige Stoffflicken bedeckten, vereinzelte Büsche und – noch in weiter Ferne – eine Stadt. Twikus spürte unvermittelt ein Schwindelgefühl, wie er es nicht einmal von großen Höhen her kannte. Irgendwie hatte diese Leere hinter dem Waldsaum ja tatsächlich etwas von einem Abgrund, der bis zum Horizont reichte.
    Und dann trat er an die Schwelle zum Unbekannten. Unwillkürlich zügelte Twikus sein Pferd und schnappte nach
    Luft. Es war beängstigend. Kein einziger Stamm verstellte ihm mehr die Sicht. Wenigstens konnte er noch die Nähe der Rotgranne spüren, an der er eben vorbeigeritten war. Sie ragte hinter ihm auf wie ein dreihundert Fuß großer Wächter. Er wagte nicht, aus dem Schutz der ausladenden Äste zu treten. Kreidebleich schöpfte er mehrmals tief Atem.
    Auch Falgon hatte sein Tier zum Stehen gebracht. »Ist dir nich t gut , Junge?«
    »Ich müsste lügen, um das Gegenteil zu behaupten.«
    »Bis t d u Ergil?«
    »Nein , Twikus.«
    »Oh?«
    »Es ist keine

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