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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Fähigkeiten der Zwillinge anfangs wenig überzeugt gewesen war, weil sich die Susaner, wie er sich auszudrücken pflegte, auf ein Leben ohne die Wunderkräfte der Sirilim eingestellt hätten, nahm er nun die allgemeine Begeisterung für die beiden Helden nicht nur auf, sondern versprach sogar, ihnen jeden Wunsch bis zu seinem halben Königreich zu erfüllen. Auf ein sofortiges Gelage wollte er indes nur ungern verzichten. »Die Rettung von Prinzessin Nishigo muss gefeiert werden«, wiederholte er, wohl schon zum hundertsten Mal, während sich Twikus die Treppe zum Dachgemach des Mazars hochschleppte.
    »Das sollt Ihr auch tun«, wehrte er sich müde. »Aber meine Gefährten und ich dürfen keine Zeit verlieren. Wir müssen die Sirilimschiffe finden, eine Mannschaft anheuern und in See stechen. Habt Ihr inzwischen herausgefunden, ob ein Schiff namens König Gode in Eurem Hafen liegt?«
    »Lieber Twikus, wir kehren doch gerade erst heim.«
    Lieber Twikus. In den letzten Stunden hatte Oramas diese Wendung fast so oft wiederholt wie seine Einladungen zu dem Gelage. »Aber Eure Botenfalken haben doch…«
    »Nur Geduld, mein Lieber. Bestimmt sind schon alle Vorbereitungen in vollem Gange, aber gebt mir wenigstens Gelegenheit, um mich über den Fortgang zu informieren.«
    Sie erreichten endlich das Dachgemach des Mazars. An dieser Stelle musste sich Twikus fürs Erste von Nishigo verabschieden. Eine Schar von Dienerinnen nahm die Prinzessin in Empfang, um sie in ihre Gemächer zu geleiten und ihr ein Bad zu bereiten.
    Twikus und seine Gefährten kamen nicht umhin, den Staub der Reise noch etwas länger in ihrer Kleidung und auf der Haut zu ertragen. Es gab Wichtiges zu besprechen. Traurig, Nishigo nun nicht mehr an seiner Seite zu haben, sank er auf das Sitzkissen an der flachen Tafel. Hinterrücks überfiel ihn die Erschöpfung. Am liebsten hätte er sich flach hingelegt und geschlafen. Er flehte seinen Bruder an, mit ihm den Platz zu tauschen. Ergil gab nach, obgleich er sich wieder einmal wie ein Lückenbüßer vorkam.
    Als er seinen Bruder ablöste, war er nur etwa halb so ermattet wie dieser, weil er dem müden Körper mit einem ausgeruhten Geist zu Hilfe kam. Mit klugen Fragen und wohl durchdachten Bemerkungen beteiligte er sich an dem nächtlichen Rat, der in ähnlicher Zusammensetzung vor weniger als zwei Tagen schon einmal in diesem Raum getagt hatte. Diesmal waren Koichis Adjutant Masake, der Waffenschmied Tiko und Popi von Anfang an zugegen.
    Im Laufe der Besprechung kam Nachricht vom Hafen: Die König Gode liege tatsächlich am Pier und Kapitän Smidgard fühle sich geehrt, die soodländischen Könige und ihre Gefährten erneut befördern zu dürfen, notfalls bis ans Ende der Welt.
    Irgendwann stellte Múria die entscheidende Frage: »Traust du dir zu, jetzt gleich nach der Sirilimflotte zu suchen, oder möchtest du lieber erst ein paar Stunden ruhen, Ergil?«
    Er zog den Mund schief. »Wie heißt es so schön? ›Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.‹ Wahrscheinlich brauche ich aber deine Hilfe, Inimai.«
    Sie lächelte. »Keine Sorge, mein Lieber. Die bekommst du.«
     
     
    Nach etwa einer Stunde war der gesamte Rat aus dem Dachgemach des Mazars auf einen etwa fünf Meilen vom Palast entfernten Hügel umgezogen, von dem aus man die ganze Banmündung, einschließlich des Hafens überblicken konnte. Hier und da sprenkelten Laternen ihr Licht auf das leicht bewegte Wasser. Der Himmel war sternenklar und der Mond hatte seit dem denkwürdigen Spaziergang von Twikus im Park noch nicht viel von seiner leuchtenden Fülle eingebüßt. Múria und Ergil hielten sich an den Händen.
    »Bist du bereit?«, flüsterte er.
    »Ja«, erwiderte sie leise.
    Nisrah und Twikus?
    Dein Bruder schnarcht, dass mein ganzes Netz wackelt, und ich hänge hier ja sowieso nur rum.
    Wie kann ein Bewusstsein schnarchen?
    Das ist einem Gespinstling, der selbst kein Weberknecht ist, schwer zu erklären.
    Dann verschieben wir es auf später. Also, versuchen wir’s ohne die Schlafmütze.
    Ergil schloss die Augen. Hinter seinen Lidern leuchteten die Lichtpunkte der Laternen noch einen Moment lang nach. Ehe die hellen Flecken ganz verschwunden waren, breitete sich vor seinem Geist bereits das grüne Faltentuch Mirads aus. Jetzt konnte er sich völlig frei durch den Raum und die Zeit bewegen, ob er sich in die Höhe schwang wie eine Windbö oder die Tiefe auslotete wie im Boden versickernde Regentropfen, ob er durchs

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