Mirad 02 - Der König im König
den Kopf.
Der König wollte schon aufgeben, weil er die Starrköpfigkeit seines alten Weggefährten nur allzu gut kannte, aber da hörte er abermals das Flüstern seines Bruders im Kopf.
Twikus räusperte sich. »Eines darfst du mir bestimmt sagen, Dormund. Denkst du, Magos kennt diejenigen, die das geheime Wissen hüten?«
Dormund erblasste. Gequält antwortete er: »Nach allem, was ihr erzählt habt und was ich selbst über das Geschick dieser Familie weiß, ist das wohl zu befürchten.«
»Ich verstehe.« Der König nickte. Er ließ sein Gegenüber eine Weile zappeln und stellte sodann fest: »Dann billigst du dem dunklen Gott also einen Vorteil zu, den du uns verweigern willst? Nur um deiner Vorstellung von Ehre und Vertrauen zu genügen?« Twikus’ grasgrüne Augen hielten den gemarterten Blick des Freundes gnadenlos fest – bis dieser endlich nachgab.
»Natürlich nicht. Aber ich werde mich erbärmlich fühlen.«
»Das kenne ich. Wir finden bestimmt einen Weg, dein Wohlbefinden wiederherzustellen.«
Dormund seufzte tief. Dann begann er leise und in bedächtigen Worten zu erzählen.
Auf seiner Wanderschaft durch das Herzland kam Dormund von Bjondal, Sohn des Vandergrot, bis ins ferne Silmao im Königreich Susan. Er wollte bei Ulam, dem damals berühmtesten Waffenschmied Mirads, in die Lehre gehen. Dormunds Fertigkeiten waren in diesen Tagen bereits weiter fortgeschritten als die vieler Meister der Zunft, doch er strebte nach Vollkommenheit. So zeigte er dem berühmten Ulam eine seiner Arbeiten, einen aus Bronze getriebenen Drachen, der, obwohl kaum größer als eine Faust, so lebensecht wirkte, dass der susanische Schmied verzückt ausrief: »So wahr ich Ulam Bartarin heiße, wenn es sein muss, werde ich dich an Sohnes statt annehmen, aber du wirst mein Schüler werden.«
Ulam war zu dieser Zeit schon sehr alt. Als Patriarch der Bartarin, einem Geschlecht, das über viele Generationen hinweg die Waffenschmiedekunst zu einer bis dahin unerreichten Meisterhaftigkeit geführt hatte, genoss er höchstes Ansehen. Wann immer er ein Anliegen hatte, gewährte ihm der Mazar, der susanische König, eine Audienz. Auch Dormund wurde eines Tages bei Hofe eingeführt und von seinem Meister in höchsten Tönen gepriesen.
Aber nicht alle schätzten den Schmied aus dem fernen Bjondal. Unter Ulams Söhnen und Neffen gab es einige, die mit Missgunst auf die Offenherzigkeit des Sippenoberhauptes gegenüber »einem Fremden« herabblickten. Wortführer dieser Neider war Gumo, Sohn des Kubuku, des jüngeren Bruders von Ulam.
Dormund hatte früh gespürt, dass die Familie ein Geheimnis verband, in das ihn Ulam, obwohl er ihn wie einen Sohn behandelte, wohl niemals einweihen würde. Wenigstens so viel konnte er jedoch erfahren: Bis zu der Zeit, als Jazzar-fajim – wie man glaubte – den Gott Magos bezwungen hatte, waren die Bartarin unter einem anderen Namen bekannt: die Haikune. Als wäre mit Magos’ Verschwinden ein Fluch von ihnen abgefallen, zog die ganze Sippe nach Silmao und nannte sich fortan Bartarin, was Altmiradisch ist und »Sohn Tarins« bedeutet.
Gegen Ende des zweiten Jahres seiner Ausbildung wurde Dormund unfreiwillig Zeuge eines Streits zwischen Ulam und seinem Neffen Gumo. Die Familie hatte gefeiert, aber Dormund wollte noch einen Zierdolch fertig stellen, der für den Heerobersten des Mazars bestimmt war. Irgendwann schlief er, völlig übermüdet, ein. Kurze Zeit später wurde Dormund von lauten Stimmen geweckt: Ulam und Gumo.
»Warum werde ich nicht in Tarins Geheimnisse eingeweiht?«, fauchte der Jüngere. Er war betrunken und konnte kaum gerade stehen.
»Weil du zu unbeherrscht bist«, entgegnete der Patriarch ruhig. »Lerne zuerst Besonnenheit. Erweise dich als würdig, das Vermächtnis der Bartarin zu empfangen, dann wirst du es auch bekommen.«
Dormund begriff sehr bald, dass er etwas gehört hatte, das nicht für seine Ohren bestimmt war. Und ehe er sich darüber klar werden konnte, ob er sich zu erkennen geben sollte oder nicht, erfuhr er noch mehr.
Der erwähnte Tarin, nach dem sich das Geschlecht nannte, war kein Geringerer als der legendäre Schmied, der einst Magon das schwarze Schwert Schmerz abgenommen und ihn damit erschlagen hatte. Mit der kristallenen Klinge stahl Tarin auch ein Buch, aus dem er lernte den Kristall zu bearbeiten. Und er hat es tatsächlich getan! Er veränderte die Waffe, wodurch sie sich leichter in die Hand eines Sterblichen fügte.
Um eine Wiederholung
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