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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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und einen an Zauberei grenzenden Orientierungssinn aus. Ein Botenfalke wurde nicht auf Orte, sondern auf Bezugspersonen geprägt. Wenn der Empfänger ihrer Nachricht auf Reisen war, dann flog ihm der Falke einfach hinterher. Wie die Vögel das anstellten, ist den Gelehrten immer ein Rätsel geblieben. Fest steht, dass die klügsten Tiere sich bis zu einem Dutzend Personen anhand des Namens merken konnten. Dieser brauchte nur genannt und ein bestimmter Befehl hinzugefügt werden und schon machte sich der Botenfalke auf den Weg, so weit dieser auch sein mochte.
    In ihrer Rolle als Herrin der Seeigelwarte hatte Múria die nützlichen Eigenschaften ihrer gefiederten Kuriere schätzen gelernt. So auch jetzt, als Mirads Schicksal an einem seidenen Faden hing. Dem Zoforoth sollte die Reise nach Osten so schwer wie nur möglich gemacht werden und ein Durchbruch nach Süden, in die Berge von Harim-zedojim – womöglich mit einem neu geschmiedeten Schwert Schmerz – war um jeden Preis zu verhindern. Die Könige des Sechserbundes standen zwar nicht geschlossen hinter Ergil und Twikus, aber in diesem Fall, so hoffte Múria, würden sie sich verbünden.
    Wikanders Gewaltherrschaft war ihnen Warnung genug gewesen. Unter das Joch Magos’ zu geraten, würde tausendfach schlimmer sein.
    Weil Múrias Falken im Umkreis der Sooderburg in der freien Natur lebten, sandte sie am Morgen nach der Beratung in Dormunds Schmiede zunächst zwei gefiederte Boten der Stadt Bjondal über den Soodlandbelt. Im Palast stand der Geschichtsschreiberin ein Falkner zu Diensten, der alles Weitere veranlassen würde. Einer der schnellen Nachrichtenvögel wurde zum Hof von Herzog Quondit Jimmar von Bolk geschickt. Ergil und Twikus fügten der Nachricht einen persönlichen Gruß an Tusan hinzu. Sie vermissten ihren Freund sehr und wünschten sich, er könnte sie auf ihrer Reise in den fernen Osten des Herzlandes begleiten.
    Die Vorbereitungen hierzu nahmen zwei Tage in Anspruch. Die Könige konnten sich nicht einfach auf Monate davonstehlen, ohne für diese Zeit die Regierungsangelegenheiten zu regeln – Fürst Halbart Bookson von Grotsund, der Erste Kanzler, war ein verlässlicher Mann. Außerdem musste eine Ausrüstung samt Proviant zusammengestellt werden, die sich auf fünf Krodibos verteilen ließ. Ein weiteres dieser Reittiere wurde von der Sooderburg nach Bjondal gebracht. Es sollte Dormund tragen. Der Schmied war nämlich nicht davon abzubringen gewesen, seine Freunde auf der »Mäusejagd« nach Silmao zu begleiten.
    »Mäusejagd?«, hatte Twikus verwundert gefragt. Ihm war elend zumute. Sein Wunsch, die Herzen der Soodländer durch eine überraschende Heldentat im Sturm zu erobern, wich zunehmend dem Gefühl, in eine monatelange Hatz hineingezogen zu werden, die aus einer Myriade von Gründen scheitern konnte.
    »Naja, wenn wir die Maus fangen wollen«, hatte Dormund in seiner unnachahmlich zweckmäßigen Weise erwidert, »dann müssen wir dahin gehen, wo der Speck ist.«
    »Dieser Zoforoth dürfte ein wenig gefährlicher sein als eine Maus, Dormund.«
    Der Schmied hatte gegrinst. »Ebendeshalb braucht ihr ja auch mich und meinen Hammer.«
    Schließlich verließen die Könige von Soodland und ihr Gefolge Bjondal ebenso unerkannt, wie sie die Stadt drei Tage zuvor betreten hatten. Es war eine Karawane aus dick vermummten Gestalten, die sich auf den weiten Weg nach Osten begab. Doch diese Beschreibung gibt nur unvollkommen wieder, was diese Reisegesellschaft tatsächlich darstellte. Sie würde als die »Gemeinschaft des Lichts« in die Chroniken von Mirad eingehen, bestehend aus Vertretern von vier Völkern, die auszogen, um Mirad vor der Finsternis zu retten: Múria, Falgon, Dormund, Popi und zur Hälfte auch die Könige waren menschlich; zugleich gehörten Ergil und Twikus den Sirilim an. Schekira vertrat die Elven und Nisrah das Volk der Netzlinge, die sich selbst Weberknechte nannten.
    Um den Vorsprung Kaguans aufzuholen, folgten die Reisenden den großen Handelsrouten, die das ferne Susan mit dem westlichen Teil des Herzlandes verbanden. Dormund hatte vorgeschlagen, in Ostgard ein Schiff zu besteigen. Die Hauptstadt des Königreiches Ostgard lag am Alten Ban, einem der Zuflüsse des größten bekannten Stromes von Mirad. Für diese erste Etappe – etwa eintausendsiebenhundert Meilen, sofern man ein Botenfalke war – hatte der Schmied anderthalb Monate veranschlagt. Dabei stützte er sich auf Berichte, nach denen die Witterung milder wurde,

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