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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ganz wach.
    Die Hilfestellung des Netzlings teilte sich Ergil zunächst über den Geruchssinn mit – offenbar setzte auf der Haut des Schneekrokodils allmählich die Verwesung ein – und ging dann auf die Augen über: Aus der Schwärze schälten sich einzelne Konturen heraus. Er lag noch immer in der Höhle. Sie ragte schräg ins Erdreich, höchstens fünfzehn Fuß lang und zehn breit. Um ihn herum waren seine Gefährten in Decken gehüllt. Nur Popi fehlte.
    »Kira?«, flüsterte er.
    Über seinem Kopf raschelten Federn. Gleich darauf erschienen die Umrisse eines Käuzchens neben seinem Gesicht.
    »Hier bin ich, mein Retter. Herzlich willkommen im Kreise der Handelnden!«
    »Ich habe alles mitbekommen, was passiert ist. Im Moment sind wir wohl eher zum Nichtstun verdammt.«
    »Twikus?«, fragte eine andere Stimme. Sie gehörte Múria.
    »Ich bin Ergil.«
    Wenig später kauerten Falgon, Múria, Dormund, Ergil und Schekira im Kreis. Die Höhle war von Graf Waltran zum Kerker erklärt worden. Draußen standen zwei Wachen, aber drinnen konnten die Gefährten sich frei und ohne Ketten bewegen. Der Waffenmeister fasste noch einmal ihre Lage zusammen: Wenn sie nicht bis eine Stunde nach Sonnenaufgang das Versteck des schwarzen Schwertes preisgaben, würde Popi als Erster sterben. Je länger das Schweigen, desto mehr Gefangene sollten ihm ins Haus der Toten folgen.
    »Falls nötig, werde ich diesem feinen Herrn Grafen einen Säuglingskopf verpassen«, knurrte Ergil.
    »Bist du denn sicher, dass du das schon wieder kannst?«, fragte Múria.
    »Wieso?«
    »Erinnere dich, wie lange es gedauert hat, bis du nach deiner letzten Vergiftung zu deinen Gaben gefunden hast. Diesmal werden keine Jahre verstreichen, aber ich fürchte, du bist noch zu schwach, um die Sirilimkünste aufs Neue zu gebrauchen. Außerdem…« Sie zögerte.
    »Was?«, zischte Ergil. Das Gefühl der Ohnmacht ließ Wut in ihm aufsteigen.
    »Überlege doch einmal, wie uns Kaguan immer einen Schritt voraus war. Ich hege die Befürchtung, dass er es spüren kann, wenn du durch die Falten der Welt wanderst. Und falls nicht er, dann vielleicht Magos. Im Augenblick mögen die beiden dich für tot halten, aber solltest du deine Alte Gabe gebrauchen, ginge uns dieser Vorteil verloren.«
    Ergil blickte fassungslos Múrias Schemen an. »Das ist nicht dein Ernst, Inimai. Du verlangst Popi zu opfern, nur damit wir keinen ›Vorteil‹ verspielen?«
    Sie antwortete nicht sofort und als sie es tat, klang es auf verdächtige Weise reumütig. »Ich habe schon so viel Leid gesehen, dass ich manchmal sehr hart klingen mag. Der kleine Mann ist mir ganz gewiss nicht gleichgültig, mein Lieber. Schließlich hat er dir das Leben gerettet. Wir lassen ihn auf keinen Fall im Stich.«
    Der König atmete auf. »Fragt sich nur, wie wir seinen und unseren Hals aus der Schlinge ziehen sollen.«
    Múria lächelte in die Dunkelheit hinein. »Ich hätte da schon eine Idee. Dazu müssten Schekira und ich vor Anbruch der Dämmerung allerdings kurz die Höhle verlassen. Hört mir gut zu…«
     
     
    Die schweren Schritte der geharnischten Männer näherten sich dem Höhleneingang. Ergil lag in einem dunklen Winkel und verfolgte das Geschehen – solange man ihn nicht beachtete – mit halb geöffneten Augen. In diesem Moment trat Waltran in Begleitung seines Hauptmannes Brist und eines anderen Recken ein. Letzterer hielt eine Fackel in der Hand. Den dreien folgten vier weitere Bewaffnete.
    Der Graf war ein mittelgroßer, kräftig gebauter Mann, der sein halblanges rotes, von grauen Strähnen durchzogenes Haar zu zwei Zöpfen geflochten hatte. Er trug über dem Kettenhemd einen gepunzten Brustharnisch und einen breiten Waffengurt mit einem Langschwert. Nachdem er Múria mit einer angedeuteten Verbeugung die Ehre erwiesen und den reglos am Boden liegenden König unwirsch gemustert hatte, wandte er sich mit gespielter Höflichkeit dem soodländischen Waffenmeister zu.
    »Einen schönen guten Morgen, Herr Falgon. Ich hoffe, Ihr habt die Nacht gut genutzt und über mein Angebot nachgedacht?«
    »Ja«, knurrte der Angesprochene.
    »Und wie lautet Eure Entscheidung?«
    »Ihr sollt das schwarze Schwert haben.«
    Ergil konnte im Fackelschein die Überraschung auf Waltrans Gesicht erkennen. »Es freut mich, dass Ihr zur Vernunft gekommen seid. Wo habt Ihr Schmerz versteckt?«
    »Nun, das ist das Problem, Graf. Wir wissen es nicht.«
    Waltrans Stimme wurde dunkel und drohend. »Wollt Ihr mich zum Narren

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