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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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geheilt, Herr Graf. Im Übrigen bin ich eine Freundin fast aller Lebewesen. Euer Hund wird mir nichts tun. Gebt mir nur einen Moment, damit ich ihm erklären kann, was seine Aufgabe ist.«
    »Nur zu! Es ist Euer Leben, mit dem Ihr spielt«, antwortete Waltran amüsiert.
    Ergil vernahm von drinnen das leise Murmeln der Herrin vom Seeigelhaus. Nachdem es ihr und der Elvin in der Nacht gelungen war, unter Anwendung der Sirilimkünste unbemerkt aus der Höhle heraus- und später wieder hineinzuschlüpfen, hatte er Hoffnung geschöpft. Popi war jetzt wieder bei den anderen Gefährten in der Höhle. Der Graf und etwa ein Dutzend seiner Recken würden dem Spürhund folgen und damit vom Lager weggelockt werden. Aber zwei Drittel der Bewaffneten blieben zurück, um eine Flucht der Gefangenen zu verhindern. Der schwierigste Teil des Befreiungsplans stand noch bevor.
    Ein aufgeregtes Hecheln drang in die Höhle. Dann raschelte Laub: Barkas rannte wie ein pechschwarzer Blitz davon.
    »Kompliment, Herr Graf«, sagte Múria. »Euer Hund ist fürwahr einzigartig. Seht nur, wie beflissen er der Fährte folgt. Beeilt Euch, damit Ihr ihn nicht verliert.«
    »Die erste Überraschung ist Euch schon gelungen, Herrin«, räumte der Graf ein und rief seinen Begleitern ein paar kurze Anweisungen zu. Danach wandte er sich an die Zurückbleibenden.
    »Ihr haftet mir mit eurem Kopf für die Gefangenen. Gebt also Acht, dass keiner die Höhle verlässt oder gar entkommt. Sollte jemand zu fliehen versuchen, dann tötet ihn.«
     
     
    Je größer der Leib, desto schwerer die Last. Schekira bevorzugte leichte Verkleidungen: einen Eisvogel, ein Käuzchen oder den kleinen Falken. Solche Gestalten waren wie ein duftiges Gewand, in dem sie sich wohl fühlte. Als sie sich neulich das Federkleid eines Adlers erwählt hatte, um gegen die großen Harpyienwesen zu bestehen, kam sie sich wie eine Prinzessin in einer zolldicken Ritterrüstung vor. Immerhin war sie dank der Flügel nicht an den Erdboden gefesselt gewesen – eine für Elven höchst beklemmende Vorstellung.
    Mithin empfand sie den Körper des Grottenhundes als besonders schwere Prüfung. Farne und Büsche schlugen ihr ins Gesicht, während sie den Grafen und seine Gefolgschaft immer tiefer in den Wald lockte. Das Hecheln, Sabbern und Schwanzwedeln war ihr zuwider. Was für eine entwürdigende Maskerade!
    Wann würde Waltran wohl den Braten riechen? Wenn er wüsste, dass Múria den echten Barkas kurz vor Tagesanbruch in Tiefschlaf versetzt und unter einer dicken Schicht Laub versteckt hatte, dann würde ihn vermutlich der Schlag treffen.
    Schekira wartete mit heraushängender Zunge, bis die Reiter wieder etwas näher herangekommen waren, und gerade als der Graf den Namen seines Hundes rief, rannte sie weiter. Die Waldlichtung, von der aus die Gefährten geflohen waren, lag weniger als zwei Meilen von der Höhle entfernt, viel zu nahe, um ihnen einen ausreichenden Vorsprung zu verschaffen. Doch der Graf konnte ja von dem Sprung durch die Falten Mirads nichts wissen, sondern musste davon ausgehen, dass die königliche Reisegesellschaft den Hain der Pyramiden auf ihren Krodibos durchquert hatte. Somit, schlussfolgerte die Elvin, würde es auch nicht sein Misstrauen wecken, wenn sie ihn noch ein gutes Stück weiter von der Höhle weglockte.
    Nach etlichen Meilen – eine Dreiviertelstunde mochte inzwischen vergangen sein – hielt Schekira den Zeitpunkt für gekommen, Falgons Versprechen einzulösen. Der Herr Graf sollte seine Überraschung erleben.
    Sie suchte sich den mittelstarken Stamm einer Esche aus, der an einer übersichtlichen Stelle des Waldes stand: wenig Unterholz, moosbedeckter ebener Boden, ideale Voraussetzungen für ihren Plan.
    Der unechte Grottenhund verschwand, aus Sicht des Grafen und seiner Männer, hinter dem Baum. Von den Pandoriern unbemerkt verwandelte er sich in ein Eichhörnchen, das sich flugs in Richtung Wipfel absetzte. In der Baumkrone nahm es die Gestalt eines Falken an.
    »Ob das Schwert in dem Stamm versteckt ist?«, fragte einer der Männer. Inzwischen hatten sie den Baum fast erreicht.
    »Vielleicht hebt Barkas ja nur sein Beinchen«, entgegnete der Graf gut gelaunt.
    Endlich umrundeten sie die Esche. Zügelten ihre Pferde. Und gaben sich ihrer Überraschung hin.
    »Hat er sich in Luft aufgelöst?«, fragte schließlich der Recke zur Rechten des Grafen.
    Waltran saß zusammengesunken im Sattel und starrte ungläubig auf ein kleines Loch im Wurzelwerk des

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