Mirad 02 - Der König im König
fühlten keinen Schmerz. Wenn sich die langschwänzigen Nager in ihr Fell verbissen, dann kämpften sie einfach weiter, bis sie sämtliche Ratten getötet hatten. Selten war dabei von ihnen mehr als ein wütendes Knurren zu vernehmen.
Sie mochten vielleicht nicht bellen, dafür aber vernahm Twikus bald ein Hecheln. Dank Nisrah waren seine Ohren so empfindlich wie die eines Kaninchens. Nur ein einziger Hund folgte ihrer Fährte. Der gelähmte König wünschte sich so sehr, einfach aufspringen und nach seinem Bogen greifen zu können, aber Múrias Heiltrunk war stärker als jede Fessel.
»Sie haben uns entdeckt.« Falgons Feststellung klang seltsam teilnahmslos.
Das Getrappel der Hufe veränderte sich. Offenbar schwärmten die Reiter aus, um die Höhle zu umzingeln.
Aus nächster Nähe war ein Knurren zu hören.
»Bleib schön, wo du bist, mein Guter. Sonst spieße ich dich auf«, warnte der Waffenmeister den Hund, der vor der Höhle Posten bezogen hatte.
»Ihr müsst es nur sagen, Herr Falgon, wenn ich ihn abschießen soll«, erbot sich Popi.
»Nur die Ruhe. Man hat uns sowieso entdeckt. Vielleicht ist dieser sabbernde Bursche ja das Schoßhündchen irgendeines jagdversessenen Edelmannes. Er könnte es uns übel nehmen, wenn wir seinem krummbeinigen, schwarzen Liebling das Fell über die Ohren ziehen.«
Eine unheilvolle Stille trat ein. Offenbar war die Umzingelung abgeschlossen.
»Kommt heraus, dann geschieht euch nichts«, erscholl es mit einem Mal aus nächster Nähe.
»Wer seid Ihr, dass Ihr uns Befehle erteilen wollt?«, gab Falgon ohne Umschweife zurück.
»Ich heiße Waltran und diese Männer unterstehen meinem Befehl.«
»Das ist ein pandorischer Name.«
»Ihr habt Recht, Waffenmeister Falgon. Wir kommen tatsächlich aus Entrins Reich.«
»Ich kenne ihn«, raunte Dormund. »Er ist ein Graf aus der Provinz Gorm und ein Gefolgsmann des Königs.«
»Wie kommt es, dass Ihr in Ostrich durch die Wälder streift? Was wollt Ihr von uns?«, rief Falgon.
»Das sagen wir Euch, nachdem Ihr uns Eure Waffen übergeben habt.«
»Und wenn wir uns weigern?«
»Dann räuchern wir Euch aus.«
»Gebt uns einen Augenblick Bedenkzeit.«
Kurzes Zögern. Dann: »Wenn wir dadurch ein Blutvergießen vermeiden können, meinetwegen. Ich zähle bis fünfzig. Danach will ich Eure Entscheidung hören.«
»Das gefällt mir nicht«, brummte Falgon. Er hatte sich, wie Twikus am Klang der Stimme erkannte, den Gefährten in der Höhle zugewandt.
»Wir haben keine Wahl, mein Lieber«, sagte Múria erstaunlich gelassen.
»Es sind nur dreißig oder vierzig Mann«, gab Dormund zu bedenken. Die Übermacht schien ihn nicht sonderlich zu beunruhigen, hatte er mit seinem Hammer doch schon ganz andere Gefahren gemeistert.
»Wohl wahr«, antwortete Falgon. »Rücken an Rücken könnten wir ihnen vielleicht standhalten, aber so… Wenn sie tatsächlich Brandpfeile haben, dann stehen unsere Chancen schlecht.«
Wieder meldete sich Múria zu Wort. »Gib ihnen, was sie verlangen. Ganz machtlos sind wir trotzdem nicht. Ich kenne ein paar Kniffe, und Schekira kann manche Gestalt annehmen, die den Pandoriern das Fürchten lehren mag. Jetzt heißt es erst einmal, Zeit zu gewinnen, damit Ergil und Twikus wieder zu sich finden.«
Falgon zögerte, lenkte dann aber doch ein. Seine Stimme donnerte durch den Wald. »Also gut, Waltran. Wir unterwerfen uns Eurer Gnade.«
»Sehr vernünftig. Dann schickt uns die Könige heraus.«
»Woher wissen die so gut Bescheid?«, flüsterte Popi.
Múrias geraunte Erwiderung triefte vor Verachtung. »Meine Botenfalken sind in alle Königreiche des Sechserbundes ausgeschwärmt, um eine Allianz gegen Magos zu schmieden. Anscheinend ziehen einige Fürsten einen Bund mit den dunklen Mächten vor. Diese Narren! Wikanders Schreckensherrschaft sollte ihnen doch eine Lehre gewesen sein.«
Der Waffenmeister bewahrte einen kühlen Kopf. Bündig antwortete er: »Das geht nicht!«
»Wir wissen, dass die Zwillinge Euch begleiten.«
»Richtig, aber sie sind verletzt und können nicht gehen.«
»Keine billigen Tricks, Waffenmeister!«
»Ich sage die Wahrheit.«
»Anscheinend wollt Ihr Euch doch lieber ausräuchern lassen, anstatt…«
»Hört mir zu«, donnerte Falgon. »Ich bin kein Knappe, mit dem Ihr so umspringen könnt. Ginge es nach mir, würde ich Euch und Euren Männern zeigen, was es bedeutet, die Getreuen der Könige herauszufordern. Aber aus Rücksicht auf Ihre Majestäten und weil wir eine Dame unter
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