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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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weiß, dass Frauen in Eurem Reich nicht viel gelten. Trotzdem gestattet mir bitte, Euch etwas über Vania zu erzählen. Ich durfte mich viele Jahre lang ihrer Freundschaft erfreuen. Sie war eine Sirila, keine Hexe. Als Tochter Baroq-abbirims war sie sogar eine Prinzessin des Alten Volkes und zugleich Königin von Soodland. Ja, sie war die Gemahlin desselben Großkönigs, dem Euer Vater die Treue geschworen hatte. Einer alten Weissagung zufolge ist das Schicksal von Menschen und Sirilim untrennbar miteinander verbunden: Stirbt das eine Volk, muss auch das andere untergehen, und wenn das eine gedeiht, wird auch das andere erstarken. Vielleicht haltet Ihr nicht viel von solchen Überlieferungen, aber bitte bedenkt: Sollte nur eine winzige Möglichkeit bestehen, dass die Prophezeiung wahr ist, dann verkörpern die Söhne Vanias, über die Ihr Euch eben so verächtlich geäußert habt, Eure einzige Überlebenschance.«
    Ergil bewunderte insgeheim die Unaufdringlichkeit, mit der seine Meisterin sich Achtung verschaffte. Er kannte niemand anderen, dessen persönliche Ausstrahlung so Ehrfurcht gebietend und trotz allem so sanft war. Diese Kraft entsprang, wie er sehr wohl wusste, aus derselben Quelle, die ihr Leben so viel länger machte als das gewöhnlicher Menschen.
    Der fette Herrscher von Ostrich dagegen war ahnungslos. Er spürte nur die unwiderstehliche Macht ihrer Worte und wirkte erschrocken. Seine kleinen Knopfaugen sprangen hektisch zwischen Múrias unbewegtem Antlitz und dem des jungen Königs hin und her. Unvermittelt reckte Godebar die Hand in die Höhe. Ein Lakai legte eilig einen goldenen Kelch hinein. Der Monarch trank in gierigen Zügen, tiefroter Wein rann ihm die Mundwinkel hinab. Er wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht und beteuerte: »Es ist nicht so, dass ich Euch nicht helfen will, Majestät.«
    Am liebsten hätte Ergil gelacht, was für die Atmosphäre im Thronsaal aber zweifellos abträglich gewesen wäre. Ohne jede Frage würde sich Godebar der fremden Könige lieber jetzt als später entledigen. Mit ihrer Heldentat schmälerten sie nicht nur sein eigenes Ansehen im Volk, leicht konnte der Beifall für die Beschützer der einfachen Leute sogar in Rebellion umschlagen.
    Zweifellos war sich auch Falgon der kniffligen Situation bewusst, doch er blieb Herr der Lage. Seine Miene ließ, wenn überhaupt irgendeine Regung, nur Ungeduld erkennen, als er den Gesprächsfaden wieder aufnahm.
    »Wie schön! Aber jetzt lasst uns nicht länger um den heißen Brei herumreden, Majestät. Pandorien wird Euer Eingreifen in diesem Fall akzeptieren. Was also könnt Ihr für uns tun?«
    Godebar knetete einen Moment lang seine Knollennase. »Ihr braucht ein besonders schnelles Schiff«, beschied er sodann. »In Ostgard müsstet Ihr warten, bis zufällig eines den Alten Ban hinuntersegelt. Wesentlich besser wären Eure Aussichten beim Zusammenfluss der großen Quellströme in Birkehave.«
    »Und wie kommen wir dorthin?«
    »Der Ban ist eine viel befahrene Wasserstraße. Bis morgen früh werden meine Soldaten einen Kapitän überredet haben, Euch mitzunehmen.«
    »Das klingt viel versprechend. Was ist mit Ergils anderem Vorschlag? Sendet Euren Grenzpatrouillen eine Nachricht, damit sie den Schoner des Zoforoths abfangen.«
    »Zu langsam.«
    »Ein Botenfalke könnte mit Leichtigkeit…«
    »Die haben wir nicht«, fiel Godebar dem Waffenmeister ins Wort. »In Ostrich vertrauen wir seit alters auf die Schnelligkeit des Pferdes.«
    Falgon schüttelte den Kopf. »Ein berittener Bote wird das Segelschiff nie einholen können. Also meinetwegen. Wir nehmen, was wir kriegen können.«
    Godebar nickte erleichtert. »Gut. Mein Erster Minister wird sich persönlich um Euch kümmern. Ihr könnt Zeit gewinnen, wenn Ihr schon hier Proviant und alles Nötige für die Reise nach Silmao zusammenstellt. Sagt dem Mann, was Ihr braucht, und Ihr bekommt es. Außerdem soll er Euch einen königlichen Freibrief ausstellen, mit dem Ihr in Birkehave jede nötige Unterstützung erhaltet. In der Zwischenzeit sehen wir, welche Schiffe in den Hafen einlaufen. Ihr bekommt das beste. Wenn nötig, lasse ich es für Euch beschlagnahmen.«
     
     
    In Ostrich hatten alle Schiffe männliche Namen. Etwas anderes kam nicht infrage, weil es Unglück brachte. Der Goldene Otter war ein Kaag, ein fünfzig Fuß langer Segler mit flachem Boden, seitlichen Schwertern und nur einem Mast. Der erste Eindruck, der sich Ergil am Morgen nach der Wasserwalze beim

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