Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
laute Geräusche aus dem Lichtschacht. Wenn sich das Gefängnis, wie es der Kerkermeister angedeutet hatte, in Godebars Residenz befand, dann tobte darin ein Tumult, der jeglicher Vorstellung von militärischer Disziplin hohnsprach. Ergil hörte unzweifelhaft das Klirren von Schwertern. Auch wurde ziemlich viel geschrien. Er quälte sich von seinem Lager hoch und taumelte auf wachsweichen Beinen zu dem Schacht.
Dieser war gerade breit genug, um den Kopf hineinzustrecken, aber zu schmal, ihn darin umzudrehen. Ergil musste daher rückwärts an die hohe Mauernische herantreten, um nach oben spähen zu können. Alles, was er über sich sah, war ein schweres Eisengitter und flackerndes Fackellicht. Plötzlich fiel jemand scheppernd auf die Lichtöffnung und blieb reglos liegen.
Ein Blutstropfen fiel auf Ergils Stirn.
Er zuckte zurück. Was war los da oben? Etwa eine Palastrevolte? Seine Beine begannen zu zittern, wohl weniger aus Angst, sondern eher weil Schmerz und Erschöpfung an ihm zerrten. Er stolperte wieder zum Strohsack, sank darauf nieder und lauschte.
Der Kampf dauerte nicht sehr lange. Bald wurde es stiller im Lichtschacht. Nur noch vereinzelte Befehle hallten zu Ergil herab, zu undeutlich, um sie zu verstehen. Mit einem Mal hörte er Schritte im Zellengang, dann das Klappern von Schlüsseln. Während er sich wieder auf die Beine kämpfte, wurde der erste in das Schloss seiner Zelle gestoßen, dann noch einer und so wurde das Bund durchprobiert, bis schließlich ein Schlüssel passte. Die Tür flog auf.
Ergil erblickte einen großen, schlanken Mann, allerdings lediglich als Schattenriss, weil er nur von hinten beleuchtet wurde, wo zwei Krieger mit Fackeln standen. Sie sahen nicht wie Gardisten aus, sondern eher wie Nomaden. Die Silhouette im Vordergrund kam Ergil irgendwie bekannt vor: die stolze Haltung, der Hut mit der pelzbesetzten Krempe…
»Tantabor?«, flüsterte er. Ihm wurde schwindelig.
Der Mann trat rasch in die Zelle, um ihn am Arm zu packen. »He, he, Majestät! Es braucht Euch nicht gleich von den Beinen hauen, nur weil Ihr Euch über unser Wiedersehen freut.«
Die Männer mit den Fackeln traten ein. Jetzt erkannte Ergil auch ihre Gesichter. Sie gehörten zu Tantabors Rebellentruppe. »Habt Ihr den Lärm da oben veranstaltet?«
»Wohl eher Godebars Leibgarde. Wir haben ihnen nur den Anlass gegeben.«
»Ist es das, was ich vermute?«
Tantabors Lippen kräuselten sich amüsiert. »Ich habe nur Euren Rat befolgt, Majestät.«
»Soweit ich mich erinnere, stand in dem Brief, den ich Euch von Saphira aus geschickt habe, nichts von einem gewaltsamen Umsturz. Ich bat Euch lediglich, Godebars Selbsterhaltungstrieb anzustacheln, damit er seine Truppen von Soodland abzieht.«
»Dieser fette Tyrann hat längst den Rückhalt im Volk verloren. Als Ihr und Euer Bruder dem Volk gezeigt habt, was ein guter König zu bewirken vermag, sagtet Ihr – vielleicht ohne Euch dessen bewusst zu sein – an sämtlichen Beinen seines Throns. Ich brauchte heute nur noch kurz dagegen zu treten, um ihn zu stürzen.«
»Dann hat mich der neue König von Ostrich aus dem Kerker befreit?«
»Sagen wir, der neue Regent. Sobald wir Godebars habhaft geworden sind und die Ordnung in unseren Reichen wiederhergestellt ist, soll das Volk darüber entscheiden, wem es zukünftig die Krone anvertraut.«
»Und wie stellt Ihr Euch den Weg zu diesem Ziel vor?«
»Ich verschicke Briefe an alle Generäle und Admiräle, die sich auf dem Soodlandfeldzug befinden. Darin mache ich ihnen klar, dass sie die Wahl haben, als Helden oder Verräter in ihr Heimatland zurückzukehren. Es dürfte sich als hilfreich erweisen, dass Godebar unter den Anführern seines Heeres nicht sonderlich beliebt ist. Vielleicht werde ich sie nicht alle überzeugen, aber es dürfte in der Armee von Ostrich für genügend Unruhe sorgen, um sie zu schwächen.«
»Ihr müsstet diese Männer nur so schnell wie möglich benachrichtigen. Soweit mir bekannt ist, gibt es hier nirgends Botenfalken.«
»Múria hat mir kürzlich einen geschickt, als Antwort auf Euren Brief, den ich an sie weitergeleitet habe – sie empfahl mir übrigens, die Abwesenheit des Königs zu nutzen, um die Machtverhältnisse in Ostrich neu zu ordnen. Mit ihrem Vogel kann ich sie bitten, die Nachricht vom Umsturz in Ostgard über ihre Gewährsleute unter Godebars Truppen verbreiten zu lassen.«
»Sollte ich mein Transportmittel wiederfinden, werde ich vermutlich vor dem Falken auf der
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