Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Vielleicht bin ich ja genauso deren Freund wie Ihr.«
»Du? Ein Zwergling soll Kaguans Freund sein?« Torbas lachte, diesmal schon etwas heiterer als zuvor, was ihn nicht davon abhielt, noch weiter mit dem Schwert auszuholen.
»Kaguan? Der Zoforoth ist der Herr, von dem Ihr sprecht?«, stieß Gondo hervor.
Die Waffe sackte ein kleines Stück herab. »Ihr kennt den Chamäleonen? Wahrscheinlich habt Ihr die Geschichte vom Kampf auf dem Kitora gehört.«
»Tausendmal. Aber ich kannte Magos’ rechte Hand schon, als Ergil ihr noch durch Ostrich folgte. Ich bin nämlich Kaguans Diener.«
»Jetzt mach aber mal halblang.«
»Doch! Hör mich an.« Gondo erzählte hastig, wie er und seine Räuberkumpanen westlich des Zungenwaldes von dem Zoforoth gedungen worden waren, um die Könige von Soodland aufzuhalten, die dem Chamäleonen dicht auf den Fersen waren. Dabei streute er geschickt ein paar Einzelheiten ein, welche in die gängigen Erzählungen über die Gemeinschaft des Lichts und ihre Jagd nach dem Schwert Schmerz noch nicht Eingang gefunden hatten. Unerwähnt ließ er hingegen, dass er sich von Kaguan hintergangen fühlte, weil die vom Zoforoth erhaltene Anzahlung kaum ein passender Gegenwert für den Verlust einer gut ausgebildeten Räuberbande, für die längsten dreißig Tage seines Lebens (im Zungenwald) und für die sich anschließenden unzähligen entgangenen Belohnungen war.
Torbas zeigte ein gewisses Verständnis, schien dem Zwergling sogar zu glauben, aber irgendetwas in ihm verlangte nach Blut. »Gut und schön«, sagte er, »doch Kaguan wird ja nicht erfahren, wenn ich dich umbringe.« Er holte wieder aus.
»Und was tut er mit Euch, wenn Ihr das schwarze Schwert nicht findet?«, kreischte Gondo. Seine schnell herausgestoßene Antwort war ein Schuss ins Blaue, das Ergebnis einiger Mutmaßungen, die sich zusammensetzten aus: erstens den Legenden über die Jagd nach dem Schwert Schmerz, welches offenbar spurlos verschwunden war; zweitens dem Wort »Schatz«; drittens dem Umstand, dass dieser nach Torbas’ – oder Kaguans? – Auffassung »den Ausgang des Krieges beeinflussen« könne; und viertens der auffallend vagen Beschreibung des Pandoriers über das Versteck.
Die Schwertspitze kreiste eine Weile in Habt-Acht-Stellung, währenddessen Torbas jedes einzelne Wort des Zwerglings auf einer Goldwaage abzumessen schien. Nach einer quälend langen Bedenkzeit fragte er: »Ich habe mal gehört, Zwerglinge leben normalerweise in den Bergen. Bist du gut im Aufspüren von Höhlen?«
Múria stieg nicht gerne aus den Krankenquartieren zu Borsts Befehlsstand hinauf. Andererseits wollte sie wissen, wie die Verteidigungsschlacht um die Sooderburg sich entwickelte. Also nahm sie hin und wieder den deprimierenden Anblick von Kriegern in Kauf, die nichts Besseres mit ihrem Tag anzufangen wussten, als sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen, einander Pfeile in die Körper zu schießen, sich in Brand zu stecken oder sonst wie zu verstümmeln.
Ein weiterer Anreiz, sich dem Wahnsinn des Krieges auszusetzen, war Jazzar-fajim, der mit Lohentuvim und den anderen Sirilim auf seltsam ruhige Art unter den Feinden Ernte hielt.
»Tun dir die Menschen, die deine Pfeile töten, nicht Leid?«, hatte sie ihn einmal gefragt.
»Doch«, entgegnete er. »Mit jedem Schuss stirbt auch ein Teil von mir.«
Man kann sich vorstellen, dass Múria von dieser Antwort nicht besonders begeistert war und sie ihr den täglichen Gang auf die Zinne der Mauer noch mehr vergällte. Sie hatte nämlich entdeckt, dass von der Liebe, die sie einst für den Sirilo empfunden hatte, noch eine Menge vorhanden – oder wieder neu erblüht – war. Es bereitete ihr Kummer, dass dieser Mann sich scheibchenweise das Leben nahm.
Borst stand auf der Zinne des Nordwestturmes des inneren Verteidigungsrings, den er nur noch bei Dunkelheit verließ, wenn die Angreifer sich zurückzuziehen pflegten. Sein Gesicht war schmutzig vom Rauch der Flammen, die ständig irgendwo aufloderten und wieder gelöscht wurden. An seinem linken Unterarm trug er einen Verband – das Andenken an einen Scharfschützen der Achse, der inzwischen einem Krieger der Allianz zum Opfer gefallen war.
»Wie geht es Eurer Verletzung?«, fragte Múria. Sie hatte die Verwundung eigenhändig versorgt.
»Der geht es prima. Zieht und juckt, wie es sich gehört«, knurrte Borst, ohne sie anzusehen.
»Das freut mich. Und wie steht es sonst?«
»Da man in Gegenwart einer Dame keine unflätigen
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