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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Notiz. Schlaft nur weiter!, dachte Kaguan und kletterte neben dem Tor über die Mauer.
    Auf der anderen Seite blieb er wie ein großer Käfer mit dem Kopf nach unten an der Wand hängen und erkundete das Areal der Schmiede. Die Gebäude waren um einen Innenhof herum angeordnet, der etwa zwanzig Schritt im Quadrat maß. Überrascht gewahrte der Zoforoth einen schwachen Lichtschimmer, der rechts von ihm durch Ritzen in den Fensterläden der Schmiede fiel. Auch in dem Wohnhaus gegenüber war noch jemand wach. Kaguan konnte ihn hinter den schlierigen Butzenscheiben mit einer Lampe herumlaufen sehen. Während der Chamäleone die Mauer ganz hinabkletterte, klickerten leise seine Schuppen – ein Zeichen seines Unmuts. Er hatte gehofft, den Hausherrn und seinen Gesellen im Schlaf zu überraschen, aber diese Menschen machten offenbar die Nacht zum Tage. Es waren nicht die ersten Scherereien, die er mit den beiden hatte, und es sollten auch nicht die letzten sein.
    Links von ihm klapperten schwere Holzpantoffeln über einen Steinfußboden. Jemand pfiff ein munteres Liedchen. Die Geräusche wurden lauter. Kaguan langte nach hinten. Seine Hand fuhr in den Beutel, in dem kleine, warme, pelzige Körper wuselten. Aber dann zögerte er. Nein. Die Helfer waren zu kostbar, um sie unbedacht an den Falschen zu verschwenden.
    Lautlos glitt er in einen schattigen Winkel nahe dem Ausgang des Wohnhauses. Auf dem Weg dorthin griff er sich einen langen Axtstiel, der an der Wand lehnte. Alsbald öffnete sich die Tür und im Rahmen erschien der ältere der beiden Schmiede, ein bärenstarker Mann, um dessen Gefährlichkeit Kaguan sehr wohl wusste. Im Augenblick war Dormund von Bjondal jedoch nicht mit seinem Hammer bewaffnet, sondern trug nur eine Laterne in der linken sowie ein Brett mit Schinken, Käse, Brot, Trinkbechern und einem Zinnkrug in der rechten Hand. Ein spätes Nachtmahl für zwei nimmermüde Handwerker.
    Der Zoforoth wartete, bis der Schmied einige Schritte vom Haus entfernt war, dann griff er von hinten an. Als er Dormund fast erreicht hatte und schon zum Schlag mit der Keule ausholen wollte, stieß eine Kralle seines linken Fußes plötzlich gegen ein Steinchen. Mit einem feinen, hellen Geräusch hüpfte es über das Pflaster.
    Der Schmied reagierte erstaunlich schnell. Er fuhr herum und obwohl er im gelben Schimmer seiner Laterne wohl kaum mehr als einen durch die Luft sausenden Knüppel sah, riss er sofort das Brett nach oben. Während Proviant und Zinngeschirr durch die Luft flogen, landete die Keule des Zoforoths krachend auf dem provisorischen Schild.
    Dormund war durchaus kampferfahren, aber dieser unheimliche Gegner hatte ihn schon in Silmao alt aussehen lassen. Blitzschnell fing Kaguan mit der rechten Nebenhand den fallenden Krug auf und schwang ihn, ehe von dem Inhalt allzu viel verschüttet werden konnte, gegen die Schläfe des Schmiedes. Dormund ließ das Brett fallen und während er noch benommen rückwärts taumelte, traf ihn ein zweiter Hieb mit dem Axtstiel am Kopf. Wie ein nasser Sack fiel er zu Boden.
    Wieder rasselten zornig Kaguans Schuppen. Der kurze Kampf hatte mehr Lärm verursacht, als ihm lieb sein konnte. Um den Vorteil der Überraschung nicht ganz zu verlieren, ließ er den Besiegten am Leben und eilte stattdessen zum Eingang der Schmiede, einem Tor mit Rundbogen.
    »Alles in Ordnung, Dormund?«, drang von innen eine Stimme heraus. Der junge Bartarin hatte das Gepolter des herabfallenden Geschirrs also gehört.
    Kaguan kontrollierte seine Tarnung, riss sodann den rechten Torflügel auf und glitt, tief geduckt, in die Schmiede. Auf seiner Schuppenhaut zeichnete sich das gleiche Muster gebrannter Ziegelsteine ab, das auf dem Boden zu sehen war.
    Der Schmied Tiko stand an einem Arbeitstisch neben einer kupfernen Esse. In den Händen hielt er einen silbrig glänzenden Gegenstand und einen Ziselierstichel. Einen Moment lang starrte er unschlüssig aus engen Augen auf die kaum wahrnehmbare Gestalt, die sich ihm rasch vom Eingang her näherte – vermutlich sah er nur ein Gebilde, das wie ein großer Wassertropfen anmutete. Dennoch schien er mit einem Mal die sich nähernde Gefahr zu wittern und wich zurück. Bevor er sich umdrehte, schleuderte er seinen Stichel auf den Angreifer. Kaguan hatte sich mittlerweile eine jener großen Rundzangen geschnappt, mit denen glühende Werkstücke festgehalten werden konnten, und wischte damit das spitze Wurfgeschoss mühelos zur Seite.
    Jetzt begann der Schmied zu laufen.

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