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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Rechten und sie antwortete: »Ja, mein Junge. Das Böse wohnt nie ewig in einem Körper. Irgendwann verlässt es ihn wieder. Entweder, nachdem es ihn zerstört hat, in der Gestalt eines Schmetterlings oder, wenn es besiegt worden ist, als schwarze Tränen.« Sie drückte seine Hand. »Magos hat einen Fluch ausgesprochen, der Mirad ins Dunkel stürzt, wenn ich eines gewaltsamen Todes sterbe. Ich dachte, mir wäre ein schweres Schicksal beschieden gewesen, aber was du und Twikus habt erleiden müssen, war wohl weit mehr als das. Danke für deine Liebe, Ergil. Sie hat nicht nur mich gerettet, sondern wohl auch unsere Welt. Und auch dich, mein Junge.«
    »Mich?«
    Sie nickte. »Seit die Feuerraupen dich befallen haben, musst du wahrhaft Großes geleistet haben, sonst hättest du sie nicht in so kurzer Zeit besiegen können. Ich bin gespannt, alles von dir zu erfahren. Aber eines weiß ich jetzt schon, nachdem ich deine schwarzen Tränen gesehen habe: Du hast alles gegeben, was dir möglich war. So etwas nennt man die › vollkommene Liebe‹.«
    Ergil fehlten die Worte. Das alles war zu viel für ihn. Nicht nur das Abfallen der Anspannung, weil er sich nicht mehr um seine Mutter und Magos’ Fluch sorgen musste, sondern so unverhofft auch die Nachricht vom Sieg über die Zornissen. Einen Moment lang vergaß er sogar, dass außerhalb des Palastes die erbittertste Schlacht tobte, die Soodland je gesehen hatte. Aber dieses unbeschwerte Glück wurde schnell fortgeblasen.
    Von einer gewaltigen Explosion, die den ganzen Palastbau erschütterte.
    »Was war das?«, fragte Vania.
    Múria legte ihr die Hand auf den Arm. »Wir müssen dich so schnell wie möglich von hier fortbringen, Schwester.«
    Weil die Zimmermannsschoten noch nicht ganz ausgewachsen waren, musste Vania auf einer Trage liegend an Seilen in den Knochenturm gehievt werden. Ergil beschützte sie unter Einsatz der Alten Gabe. Er umhüllte seine Mutter mit einer Glocke friedvoller Vergangenheit, die kein Geschoss durchdringen konnte. Das war auch nötig, denn der Ansturm gegen die innere Mauer hielt mit unverminderter Heftigkeit an. Die Luft war gesättigt mit Pfeilen.
    Und mittendrin flog Schekira, ein brauner Blitz mit weißen Sprenkeln. Sie landete auf Ergils Schulter. Seit ihrer Ankunft auf der Sooderburg bevorzugte sie die schlichte Gestalt eines kleinen Falken, weil sie das farbige Gefieder des Eisvogels für zu fröhlich hielt, wenn ringsherum Menschen, Sirilim und andere Geschöpfe starben. Vania durchschaute die Verkleidung der Elvin jedoch mit der gleichen Sicherheit wie einst Múria und begrüßte ihre »kleine Schwester« mit einem anerkennenden Seitenblick auf ihren Sohn.
    »Mirad dankt dir deine Rückkehr mit Wärme, große Schwester«, sagte Schekira.
    Schneller als ihr Sohn verstand Vania, worauf die Elvin anspielte. »Wenn die Witterung plötzlich milder wird, dann liegt das weniger an mir als am Scheitern des Fluches unseres Widersachers.«
    »Die Witterung?«, wiederholte Ergil verwundert. Ihm war beim Verlassen des Haupthauses zwar ebenfalls ein lauer Luftzug aufgefallen, aber der Feind hatte ja auch das Dach des Hauptgebäudes mit mehreren explodierenden Geschossen in ein Flammenmeer verwandelt. Kein Wunder, wenn man da ins Schwitzen kam. Die Löschtrupps leisteten schier Übermenschliches, aber gegen die zahlreichen Feuer würden sie auf Dauer nicht ankommen.
    »Sicher«, bestätigte Schekira. »Der Wetterumschwung muss in dem Moment gekommen sein, als du deine Mutter gerettet hast. Falken haben ein sehr feines Gespür für solche Veränderungen.«
    »Heute ist der letzte Tag des elften Monats, Kira. Sogar vor Magos’ Fluch gab es hier um diese Jahreszeit oft schon Schnee.«
    »Du darfst der kleinen Schwester ruhig glauben«, mischte sich Múria ein. »Als du die Sirilim zurück ins Hier und Jetzt geführt hattest, war es ganz ähnlich gewesen. Wie viel mehr wird der Faltenwurf der Welt sich jetzt aufblähen, um die letzten Reste des eisigen Banns abzusprengen. Bis der gute alte soodländische Winter zurückkehrt, werden sicher noch ein paar Wochen vergehen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das klingt zwar tröstlich, aber im Moment wäre klirrende Kälte oder dichtes Schneetreiben wohl der bessere Schutz für uns. Lasst uns unten weiterreden. Da ist es sicherer.«
    Vania wurde hinab in die Gandarin-helel gebracht – so nannte sie die »Halle des schlafenden Glanzes«. Einst hatten Ergil und Twikus hier Wikanders Wächter besiegt, jetzt war

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