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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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sein? Eine lebende Ankerwinde?«, grunzte Bombo, als er den in Ketten eingerollten Zoforoth zu Gesicht bekam. Dessen Verbringung zum Hafen hatte die zwölf Soldaten der Stadtwache trotz eines Handkarrens ziemlich ins Schwitzen gebracht.
    »Wohin mit ihm, Majestät?«, erkundigte sich der Hauptmann bei Ergil.
    Der König deutete zum Heck der Silberginkgo. »Schafft ihn aufs Achterdeck. Aber seht euch vor. Der Chamäleone kommt gerade wieder zu sich. Wartet, bis ich zu euch komme. Er darf keinen Moment aus den Augen gelassen werden.«
    Der Soldat bestätigte den Befehl und ließ das rasselnde Bündel von seinen Männern unter Zuhilfenahme eines Auslegers mit Flaschenzug und etlicher dicker Taue an Bord hieven. Unterdessen setzte Ergil den Kapitän über die jüngsten Ereignisse in Kenntnis.
    »Alle Achtung!«, staunte Bombo. »Nach allem, was ich über diesen Kaguan gehört habe, hielt ich ihn für so eine Art Zauberer, der Gewalt über die vier Elemente der Altvorderen hat.«
    Ergil musste unweigerlich an die entfesselten Wassermassen denken, die vor der Korallenklippe Jagd auf die Silberginkgo gemacht hatten. »So ist es auch gewesen, als ich ihm das letzte Mal begegnet bin. Vielleicht war er nur so eine Art Medium, durch das Magos seine Macht ausübte. Nachdem der Gott unsere Welt verlassen hat, blieb nur noch ein normaler Zoforoth zurück.«
    »Normal?«, japste Bombo. »Ich hab ja schon viel gesehen, aber wenn diese Kreatur normal ist, dann will ich ein Schiffskobold sein.«
    »Herzlich willkommen in der wirklichen Welt, kleiner Kobold«, frotzelte Tusan.
    Der tatsächlich nicht sehr große Kapitän plusterte sich auf. »Vorsicht, du Grünschnabel! Glaubst wohl, weil dein Vater der Herzog ist, kannst du dir alles herausnehmen? Wenn ich Qujibo erzählte, was…«
    »Wir wären dann bereit zum Auslaufen«, mischte sich von Deck her Engwin in den nicht ganz ernst gemeinten Streit der beiden einander durchaus zugetanen Stromländer ein. Auf der Meerschaumkönigin war Engwin vor einiger Zeit vom Bootsmann zur rechten Hand des Kapitäns aufgerückt, nachdem der alte Steuermann in einer Meuterei ein unerquickliches Ende gefunden hatte.
    Ergil bedankte sich beim Hafenmeister für seine Unterstützung und folgte den Gefährten an Bord. Popi empfing ihn hier mit leichenblassem Gesicht.
    »Hast du dir das gut überlegt?«
    »Du meinst Kaguan? Ja, hab ich.«
    »Er ist gefährlich.«
    »Das ist mir nicht neu. Aber was hätte ich denn deiner Meinung nach mit dem Zoforoth anfangen sollen, nachdem Tusan ihn betäubt hat?«
    »Frag doch mal Tiko. Dem fällt bestimmt etwas ein.«
    »Nein, frag du ihn. Er wird dir meine Entscheidung erklären können. Ich habe im Moment Wichtigeres zu tun.«
    Ergil ließ Popi einfach stehen. Mit langen Schritten stapfte er in Richtung Achterdeck, wo die Soldaten den Gefangenen bewachten. Auf dem Weg dorthin ärgerte er sich über sich selbst. Warum war er plötzlich nur so reizbar? Schließlich hatte es sein Freund doch nur gut mit ihm gemeint. Popi konnte kaum riechen, was gerade in seinem König vorging. Ergil wusste es ja selbst nicht.
    Als er die städtische Garde aus ihrer unangenehmen Pflicht entließ, war er wieder ganz der freundliche König, der eingedenk dessen, dass er noch jung und unerfahren war, alle seine Untertanen mit Respekt behandelte. Er bat Bombo, die Bewachung des Chamäleonen seinen Männern zu übertragen, sie müssten auch nicht zimperlich sein. Im Handumdrehen hatte der Kapitän alles hierfür Nötige parat: ein halbes Dutzend ehemaliger Piraten, die zum Fürchten aussahen, und ebenso viele Krummsäbel und Spieße.
    Kurze Zeit später glitt die Silberginkgo mit sanftem Flossenschlag aus dem Hafenbecken.
    Während der zweiten Überquerung der Meerenge in dieser Nacht wurde an Bord kaum gesprochen. Wohl ausnahmslos jeder empfand Kaguans Gegenwart als bedrückend. Sogar das Schiff verhielt sich auffällig träge, so als lähme der Zoforoth seine Freude an dem Wellenritt.
    Bei dem König kam noch eine bohrende Ungewissheit hinzu. Was hatte Kaguan ihm mit den Raupen angetan? Giftig waren sie wohl nicht, aber Ergil erschauderte schon bei dem Gedanken, dass die kleinen Biester jetzt in seinem Schädel ihr Unwesen trieben. Abgesehen von Schekira, die ja Zeugin des gemeinen Angriffs geworden war, hatte er mit niemandem über die Schmarotzer gesprochen. Nicht einmal Tusan und die beiden Schmiede, die den König unbedingt nach Sooderburg hatten begleiten wollen, wussten von ihnen.

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