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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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du?«
    »Ich rede von der Rettung meiner Mutter.«
    »Hört, hört! Sagt das derselbe junge Mann, der nicht müde wird mir vorzuwerfen, ich sei zu hart und unnachsichtig?«
    »Als Popi uns unterbrochen hat, wolltest du gerade etwas über Harkons Expedition erzählen.«
    »Darüber weiß ich nur so viel: Harkon hat sich im Frühling des Jahres 5754 mit der Ginkgoblüte nach Kimor begeben und dort die Eisschmelze abgewartet. Zu Beginn des Sommers sind er und seine Männer nach Osten in See gestochen. Den Rest kennst du: Sie kehrten nie wieder zurück.«
    »Nach Osten? Dort gibt es doch nur den Weltenbruch. Der Eisige Ozean nördlich davon ist unpassierbar!«
    »Mein Urgroßvater war offenbar anderer Ansicht.«
    »Bist du sicher, dass es sich dabei nicht nur um eine Harkoniade handelt? Wer würde denn…?« Ergil stockte. »Hast du eben gesagt, die alte Hakennase sei dein Urgroßvater?«
    Trotz der ernsten Umstände konnte sich Múria ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Ich rede nicht gerne darüber. All die Lügenmärchen, die man ihm zuschreibt – ich wollte mir nicht den Ruf einer Fabulantin einhandeln, nur weil ich seine Urenkelin bin.«
    Einen Moment konnte Ergil seine Meisterin nur sprachlos bestaunen. Schon als Junge hatte er für den Abenteurer geschwärmt und sich an den phantastischen Ausschmückungen seiner Reiseberichte ergötzt. »Jetzt wird mir einiges klar«, sagte der König schließlich. »Es ist kein Zufall, dass dir Harkons Seeigelhaus in den Seltensunder Bergen gehört.«
    »Nein. Ich bin die rechtmäßige Erbin seiner Hinterlassenschaft. Davon wissen allerdings nur wenige und ich wäre dir dankbar, wenn das auch so bliebe.«
    Ergil zupfte sich an der Unterlippe. Die überraschende Enthüllung konnte ihm ganz neue Perspektiven eröffnen. Schon immer hatte er Múrias verblüffende Kenntnisse über die Länder und Völker des Herzlandes bestaunt. Ohne Frage verdankte sie ihr Wissen wenigstens zum Teil dem schriftlichen Erbe des legendären Ahnen. »Harkons Vorhaben der Nordumsegelung des Weltenbruches – wie hast du davon erfahren?«
    »Aus einem Brief, den er meiner Urgroßmutter aus Kimor geschickt hatte. Die zwei müssen sich sehr geliebt haben, obwohl ihn sein Fernweh, kurz nachdem er zu ihr heimgekehrt war, stets aufs Neue in die Fremde lockte. In vielen der früheren Schreiben an sie hatte er seine Zuversicht bekundet, das Schicksal werde sie wieder vereinen. Aber diesmal muss er geahnt haben, seine Liebste nicht wiederzusehen. Immerhin war er mit seinen achtundsechzig Jahren nicht mehr der Jüngste und blickte unglaublichen Strapazen entgegen. Es heißt zwar, er sei so quirlig und agil gewesen wie ein Achtundreißigjähriger, aber die Expedition war auch das gewagteste Unternehmen, das er je in Angriff genommen hatte.«
    »Hat dein Urgroßvater ernsthaft geglaubt, er könne die Grenze unserer Welt einfach umschiffen?«
    »Nein, er schrieb, er wolle mit der Bark bis zum ewigen Eis vorstoßen und anschließend die Reise mit Hunden und Schlitten fortsetzen.«
    Ergil schüttelte ungläubig den Kopf. »Das klingt ja noch verrückter. Viele sagen, hinter dem Weltenbruch gähne nur ein tiefer Abgrund, der bis zu den Sternen reiche.«
    »Es gibt aber auch andere Überlieferungen.«
    »Mag sein. Aber sind die glaubhafter? Bis heute hat es doch niemand je geschafft, den Weltenbruch zu überqueren oder drum herum zu fahren.«
    »Das stimmt nicht ganz.«
    »Wie bitte? Davon müsste ich doch schon gehört haben.«
    »Denk nach. Wer hat das schwarze Schwert, das uns keine Ruhe lässt, ins Herzland gebracht?«
    »Tarin? Der Schmied aus Schilmao?«
    »So ist es. Er drang in die Feste Magons, des Bruders von Magos, ein und die lag, wie dir bekannt sein dürfte, im Weltenbruch. In einem alten Lied heißt es, Tarin habe den Eispalast des finsteren Gottes im äußersten Norden des Gebirges gefunden. Eine Strophe ist besonders aufschlussreich:
     
    So bezwang er Magon zur Abendzeit
    Und ließ seinen Blick nach Westen schweifen.
    Dort lag ein Meer wie der Himmel so weit
    Und so grün wie das Korn vor dem Reifen.
     
    Hört sich das für dich nach einem Abgrund an?«
    »Nein. Aber ein grüner Ozean…? Klingt auch nicht gerade viel versprechend, wenn du mich fragst.«
    »Man merkt, dass du in der Symbolsprache alter Überlieferungen nicht sehr bewandert bist. Hast du je ein großes Kornfeld gesehen? Wenn die unreifen Ähren im Wind schwingen, sieht es aus wie ein wogendes grünes Meer. Der Dichter könnte von einem

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