Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Verdruss in der Seele des Königs im Vorteil waren, nahm die Spannung des Bogens ab und wieder zu. Längst war sein Spiegelbild vom Kopf des Chamäleonen verschwunden, weshalb sich kaum abschätzen ließ, was Kaguan in diesem Moment dachte. Was führte er mit seinem dreisten Verhalten tatsächlich im Schilde?
Überraschend friedfertig antwortete der Zoforoth: »Du wolltest wissen, warum ich nach Bjondal gekommen bin. Der junge Bartarin war der Grund. Er sollte für mich das Kristallschwert neu schmieden.«
Dieses Geständnis schürte eher noch Ergils Zorn, als dass es ihn besänftigte. »Willst du dir etwa damit dein Leben erkaufen? Das kann sich jedes Kind an zwei Fingern abzählen. Sag mir, wo du Schmerz versteckt hältst.«
»In deinem Reich.«
»Genauer, Kaguan!«
»Es liegt unter einem Berg begraben, tief genug, um vor deinem suchenden Geist verborgen zu bleiben.«
Die Sehne spannte sich mit vernehmlichem Knarren. »Dann sollte es dort auch nach deinem Ableben sicher verwahrt sein.«
»Sofern ich der Einzige bin, der das Versteck kennt, hast du sicher Recht.«
Ergil zögerte. War diese Bemerkung nur Blendwerk, um ihn vom tödlichen Schuss abzuhalten? Er spürte, wie seine Muskeln zu brennen begannen – einen soodländischen Langbogen zu spannen erforderte nicht wenig Kraft.
Auch Kaguan hatte wohl bemerkt, dass sein Leben an einem seidenen Faden hing, denn rasch fügte er hinzu: »Magos’ Geist muss mich geleitet haben, als ich die Zornissen wählte.«
Fast wäre Ergil die Sehne von den Fingern gerutscht. Er verringerte den Zug, hielt sie jedoch gespannt. »Was soll das heißen?«
»Ich habe die Larven der Feuerraupen in dein Land mitgenommen, um mir damit den jungen Bartarin gefügig zu machen. Aber dann bist du in der Schmiede erschienen, Sohn der zwei Völker, und hast damit meine kühnsten Erwartungen übertroffen. Ich kann an dem grimmigen Funkeln in deinen Augen erkennen, dass meine kleinen Helfer in dir fleißig am Werke sind. Es ist nur eine Frage von Tagen oder wenigen Wochen, bis du dich mir im Kampf um die Rückkehr des Gebieters anschließen wirst – so wie einst dein Oheim Wikander.«
»Das werde ich niemals tun«, fauchte Ergil und spannte erneut den Bogen.
»Soodland ist dem Untergang geweiht und mit ihm das ganze Herzland«, sagte Kaguan ruhig.
»Nein. Nicht wenn ich dich töte«, knurrte Ergil.
»Damit kannst du den Bann nicht lösen, der dein Reich mit kalter Fessel langsam erstickt. Nachdem mein Gebieter die Sirilim vom Angesicht Mirads getilgt und von der Flucht deiner Mutter erfahren hatte, sprach er nämlich einen Fluch gegen sie aus. Er wusste um das verwobene Schicksal von Menschen und Sirilim. Nur Baroq-abbirims Tochter hemmte noch den Untergang der beiden Geschlechter, an denen Magos Rache üben wollte wegen der Ermordung seines Bruders.«
Der Langbogen streckte sich wieder. »Rache? Magon wurde von Tarin erschlagen und nicht von den Sirilim.«
»Du weißt gar nichts, Zweivölkersohn. Glaubst du tatsächlich, ein dummer Schmied hätte den Eispalast im größten Gebirge der Welt ganz allein gefunden? Das Alte Volk hat ihm verraten, wo er suchen musste.«
Múria sog scharf die Luft ein. Offenbar hatte Kaguan es gerade geschafft, sogar sie zu überraschen.
Der König kniff die Augen zusammen, weil allein der Anblick des selbstgefälligen Zoforoths ihn reizte. Ergils Widerstandskraft wurde rasch schwächer, musste er doch unentwegt dunkle Gefühle aus dem Weg räumen wie schwarze Schneeberge, die ihm von den Zornissen immer wieder vor den Verstand geschaufelt wurden. Auch er war von Kaguans Erklärung regelrecht überrumpelt worden, bekam das Erkalten des Herzlandes über alle Vermutungen hinaus dadurch doch eine völlig neue Bedeutung.
Aber irgendetwas stimmte nicht.
Ergil schüttelte den Kopf. »Jazzar-fajim konnte den Bann deines Herrn abschütteln und erfreut sich bester Gesundheit. Außerdem fließt auch in meinen Adern das Blut der Sirilim. Darum ist das Schicksal meiner Mutter für den Bestand der beiden Geschlechter unerheblich. Magos hat so oder so verloren.«
»Nein, du bist es, der auf verlorenem Posten steht«, versetzte der Zoforoth mit boshaftem Unterton. »Mein Gebieter hat einen Fluch gewebt, der unzerreißbar wurde, als deine Mutter dem Hier und Jetzt unserer Welt entfloh. Willst du die Worte des Bannspruchs hören?«
Ergil war zu schockiert, um zu antworten. Mit einem Mal fühlte er sich unendlich müde.
Aber Kaguan war ohnehin nicht mehr zu
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